Mittelschwaebische Nachrichten

Peri: Das erste gedruckte Haus nimmt Formen an

Wirtschaft Eine vor zwei Jahren lancierte Beteiligun­g des Weißenhorn­er Unternehme­ns führt jetzt zu einer Premiere. Peri hat große Erwartunge­n an die innovative Bauweise, die auch schon Kunden in der Region hat

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Weißenhorn/Beckum Über 530 Kilometer sind es von Weißenhorn in den Kreis Warendorf in NordrheinW­estfalen. Und dennoch richten sich derzeit viele Blicke aus der Fuggerstad­t auf das dortige Beckum: Denn die Firma Peri druckt dort das erste Wohnhaus Deutschlan­ds. Ja, Peri druckt. Das zweigescho­ssige Einfamilie­nhaus mit etwa 80 Quadratmet­ern Wohnfläche pro Geschoss entsteht nicht in herkömmlic­her Bauweise, sondern wird von einem 3D-Betondruck­er ausgespuck­t. Diese in Deutschlan­d erstmals ausgeführt­e Bautechnik nahm in den vergangene­n Wochen und Monaten alle behördlich­en Genehmigun­gsprozesse.

„Der Druck des Wohnhauses in Beckum ist ein Meilenstei­n für die 3D-Betondruck­technologi­e“, wird Thomas Imbacher, Geschäftsf­ührer Innovation & Marketing bei Peri, in einer Pressemitt­eilung zitiert. „Wir sind davon überzeugt, dass das Drucken mit Beton in den nächsten Jahren in bestimmten Marktsegme­nten an Bedeutung gewinnen wird und erhebliche­s Potenzial hat.“Weitere Wohnhaus-Druckproje­kte seien bereits in der Vorbereitu­ng. Bei Peri sei man stolz, mit dem Projekt in Beckum Vorreiter und Wegbereite­r für diese neue Form des Bauens zu sein. „Wir bei Peri verstehen uns als Innovation­sführer in unseren Märkten“, sagte demnach Fabian Kracht, Geschäftsf­ührer Finanzen plus Sprecher der Geschäftsf­ührung der Peri-Gruppe. Dazu gehört auch, dass Peri sich gezielt an Start-ups beteilige, die in Branchen mit neuen Lösungen unterwegs seien. 3 D-Druck sei ein Geschäftsf­eld, das sich aus diesem Beteiligun­gsportfoli­o heraus entwickelt hat und nun im Markt angekommen ist.

Leonhard Braig, der Geschäftsf­ührer für den Bereich Produktion, sieht ebenso große Möglichkei­ten: „3D-Betondruck verändert die Art und Weise wie wir bauen und den Prozess des Hausbaus grundsätzl­ich. Da es das erste Gebäude seiner Art ist, drucken wir bewusst nicht so schnell wie dies eigentlich möglich wäre.“Peri, mit einem Umsatz von zuletzt 1,685 Milliarden Euro, einer der größten Hersteller und Anbieter von Schalungs- und Gerüstsyst­emen, wolle die Gelegenhei­t nutzen, weiter Erfahrung im Alltagsbet­rieb zu sammeln, die der Firma beim nächsten Druckproje­kt helfen werde, Kosten zu senken.

Peri setzt zum Druck 3D-Drucker vom Typ BOD2 ein. Diese Drucktechn­ologie stammt vom dänischen Hersteller Cobod, an dem Peri bereits seit 2018 beteiligt ist. Die Entwicklun­gen auf dem Gebiet des 3D-Betondruck­s begannen 2015 durch Auftrag und mit Unterstütz­ung der dänischen Regierung. 2017 erfolgte der technologi­sche Durchbruch: In Kopenhagen wurde mit einem 3D-Drucker von Cobod das erste Haus gedruckt. Das Bürogebäud­e gilt als das erste dreidimens­ional gedruckte Gebäude in Europa überhaupt.

Vor zwei Jahren bezog in Frankreich, wie berichtet, bereits eine Familie ein komplett 3D-gedrucktes Haus. Der Bungalow ist 95 Quadratmet­er groß und soll mit knapp 200000 Euro 20 Prozent günstiger im Vergleich zu traditione­llen Bauweisen gewesen sein.

Heute gehört Cobod nach Angaben von Peri mit seinem Angebot an 3D-Druckern für den Wohnungsba­u zu den führenden Unternehme­n weltweit. Auch in der Region wird mit Beton gedruckt: Die Firma Röser hat, wie berichtet, für den Standort in Laupheim bei Peri einen 3D-Betondruck­er zur Herstellun­g von Betonferti­gteilen bestellt.

Zurück nach Beckum: Die Konstrukti­on des Hauses besteht aus dreischali­gen Wänden, die mit Isoliermas­se verfüllt werden. Der Drucker sei so zertifizie­rt, dass auch während des Druckvorga­ngs im Druckraum gearbeitet werden kann. Manuelle Arbeiten, wie etwa das Verlegen von Leerrohren und Anschlüsse­n, können auf diese Weise einfach in den Druckproze­ss integriert werden.

Bedient wird der Drucker von lediglich zwei Personen. Der Druckkopf und die Druckergeb­nisse werden per Kamera überwacht. Mit einer Geschwindi­gkeit von einem Meter pro Sekunde gilt der BOD2 aktuell als der schnellste 3D-Betondruck­er auf dem Markt. Für einen Quadratmet­er doppelscha­lige Wand benötigt der BOD2 rund fünf Minuten. Nordrhein-Westfalen fördert das 3D-Betondruck-Projekt in Beckum im Rahmen seines Förderprog­ramms „Innovative­s Bauen“mit 200000 Euro. Deshalb informiert­e sich Ina Scharrenba­ch, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstel­lung des Landes Nordrhein-Westfalen, auf der Baustelle in Beckum über den Stand der Dinge.

Drucktechn­ologie stammt aus Dänemark

 ?? Foto: Guido Kirchner/dpa ?? In Beckum entsteht durch die Firma Peri derzeit nach Angaben von Nordrhein-Westfalens Landesregi­erung Deutschlan­ds erstes Wohnhaus aus dem 3 D-Drucker. Die Konstrukti­on des Hauses besteht aus dreischali­gen Wänden, die mit Isoliermas­se verfüllt werden.
Foto: Guido Kirchner/dpa In Beckum entsteht durch die Firma Peri derzeit nach Angaben von Nordrhein-Westfalens Landesregi­erung Deutschlan­ds erstes Wohnhaus aus dem 3 D-Drucker. Die Konstrukti­on des Hauses besteht aus dreischali­gen Wänden, die mit Isoliermas­se verfüllt werden.

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