Mittelschwaebische Nachrichten
Große Herausforderungen für Deutschland und Europa
Der bekannte CSU-Europapolitiker Markus Ferber spricht beim Lions-Club über die gegenwärtige politische Lage
Krumbach Mit dem erfahrenen Europapolitiker Markus Ferber, der seit 1994 dem Europäischen Parlament angehört, im Jahr 2005 zum Bezirksvorsitzenden der CSU Schwaben gewählt wurde und seit Anfang 2020 auch Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung ist, hatte der Lions-Club Mittelschwaben bei seinem Treffen im Gasthof Traubenbräu in Krumbach für einen prominenten Gastredner gesorgt.
Vor 35 Clubmitgliedern und -freunden legte der langjährige Vorsitzende der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament, in seinem rund einstündigen Vortrag, anschaulich dar, welchen neuen Herausforderungen sich Deutschland und die EU in einer zunehmend komplexer werdenden Welt stellen müssen. Sein Fazit: Um zur Lösung der vielen aktuellen Krisen beitragen und in schwierigen Zeiten bestehen zu können, „müssen wir als Europäer zusammenarbeiten und mit einer gemeinsamen Stimme sprechen“.
Nach der Begrüßung durch Manuel Knöpfle, den Präsidenten des Lions-Club Mittelschwaben, eröffnete Markus Ferber seinen frei gehaltenen Vortrag, indem er zunächst auf die Corona-Krise einging. „Wir werden lernen müssen, damit zu leben,“meinte der in Augsburg geborene und in Langenneufnach und Bobingen aufgewachsene Politiker, auch wenn er als ausgebildeter Naturwissenschaftler – Ferber hat Elektrotechnik an der TU München studiert – auf wirksame Medikamente und Impfstoffe gegen das Virus hoffe.
Während 1990 die Wiedervereinigung gefeiert wurde und die Überwindung einer stark bipolar geprägten Welt neue Perspektiven zu eröffnen schien, „gelten heute viele Selbstverständlichkeiten nicht mehr“. Die Beziehung zu den USA sei ungleich schwieriger als damals, woran nach Ferbers Überzeugung auch ein Wahlsieg von Biden eher wenig ändern würde. „Als Exportnation muss Deutschland, das in der Mitte des Kontinents liegt, wieder mehr Stabilität und Sicherheit bekommen“, betonte der Referent. Gleichzeitig sei es erforderlich, sich den großen geopolitischen Herausforderungen, wie etwa dem „Pulverfass“Naher Osten, zu stellen und „durch verantwortungsvolles Handeln aktiv an Lösungen mitzuwirken“.
Eine besondere Herausforderung stelle China dar, „dessen Wirtschaftsund Staatsmodell mit unserem Modell nicht kompatibel ist.“Dort diene die Digitalisierung dazu, „die eigene Bevölkerung und deren Wohlverhalten zu überwachen“, während die europäische Lebensart individuelle Schutzrechte gegenüber dem Staat garantiere. Ferber ging auch auf das derzeit angespannte Verhältnis zu Putin und Russland ein und verwies auf die Wichtigkeit normaler Beziehungen, denn „Russland ist unser Nachbar, mit dem wir trotz Differenzen kooperieren sollten und müssen“. Auch mit der Türkei, die sich immer mehr von Europa und von rechtsstaatlichen Prinzipien entferne, „müssen wir irgendwie klarkommen, aber eine harte, klare Position gegenüber Erdogan ist nötig“. Der CSU-Politiker sprach zudem den Brexit sowie die Konflikte in und um Syrien und Libyen an und lenkte die Aufmerksamkeit auf Afrika, „wo China Erschließungswege baut und Rohstoffe ausbeutet, ohne dass Afrika etwas davon hat“.
Ferber kam nochmals auf die Corona-Krise zu sprechen. Sie habe, so der Redner, wie ein Brennglas Stärken und Schwächen unseres Gesundheitssystems aufgezeigt. Deutschland sei zwar bisher im internationalen Vergleich gut durchgekommen, aber „eine Versorgung der Bürger mit Medikamenten aus deutscher oder zumindest europäischer Produktion ist aktuell nicht möglich, während wir früher einmal die Apotheke der Welt waren“. Trotzdem, so Ferber, habe sich der deutsche Föderalismus – wie bereits bei der Bankenkrise 2008/2009 – insgesamt bewährt, denn „auch in der Gesundheitsversorgung hat sich unsere Dezentralisierung durchaus als Segen erwiesen“.
Abschließend widmete sich der Referent der Frage, wie die Wirtschaft wieder zum Laufen gebracht werden könne. „Wir brauchen einen starken Mittelstand und Handwerker vor Ort und müssen offen sein für verschiedene Energieversorgungsmodelle.“Es gebe bei Klimaschutz und Energieversorgung nämlich nicht die eine Musterlösung. Am Ende drehe sich in der Politik alles ums Geld. „Dass die EU jetzt erstmals anfängt, sich für den Wiederaufbau Europas in großem Maßstab zu verschulden, kann sich als Falle erweisen“, warnte Ferber.
Nach dem mit viel Beifall bedachten Vortrag ging es in der anschließenden Diskussion unter anderem um die Stellung der regionalen Banken, um den Wirecard-Skandal, um Klimaschutzziele, um den schwierigen NATO-Partner Türkei, um die Migrationsthematik und um den Finanzrahmen der EU.