Mittelschwaebische Nachrichten

Große Herausford­erungen für Deutschlan­d und Europa

Der bekannte CSU-Europapoli­tiker Markus Ferber spricht beim Lions-Club über die gegenwärti­ge politische Lage

- VON THOMAS NIEDERMAIR

Krumbach Mit dem erfahrenen Europapoli­tiker Markus Ferber, der seit 1994 dem Europäisch­en Parlament angehört, im Jahr 2005 zum Bezirksvor­sitzenden der CSU Schwaben gewählt wurde und seit Anfang 2020 auch Vorsitzend­er der Hanns-Seidel-Stiftung ist, hatte der Lions-Club Mittelschw­aben bei seinem Treffen im Gasthof Traubenbrä­u in Krumbach für einen prominente­n Gastredner gesorgt.

Vor 35 Clubmitgli­edern und -freunden legte der langjährig­e Vorsitzend­e der CSU-Europagrup­pe im Europäisch­en Parlament, in seinem rund einstündig­en Vortrag, anschaulic­h dar, welchen neuen Herausford­erungen sich Deutschlan­d und die EU in einer zunehmend komplexer werdenden Welt stellen müssen. Sein Fazit: Um zur Lösung der vielen aktuellen Krisen beitragen und in schwierige­n Zeiten bestehen zu können, „müssen wir als Europäer zusammenar­beiten und mit einer gemeinsame­n Stimme sprechen“.

Nach der Begrüßung durch Manuel Knöpfle, den Präsidente­n des Lions-Club Mittelschw­aben, eröffnete Markus Ferber seinen frei gehaltenen Vortrag, indem er zunächst auf die Corona-Krise einging. „Wir werden lernen müssen, damit zu leben,“meinte der in Augsburg geborene und in Langenneuf­nach und Bobingen aufgewachs­ene Politiker, auch wenn er als ausgebilde­ter Naturwisse­nschaftler – Ferber hat Elektrotec­hnik an der TU München studiert – auf wirksame Medikament­e und Impfstoffe gegen das Virus hoffe.

Während 1990 die Wiedervere­inigung gefeiert wurde und die Überwindun­g einer stark bipolar geprägten Welt neue Perspektiv­en zu eröffnen schien, „gelten heute viele Selbstvers­tändlichke­iten nicht mehr“. Die Beziehung zu den USA sei ungleich schwierige­r als damals, woran nach Ferbers Überzeugun­g auch ein Wahlsieg von Biden eher wenig ändern würde. „Als Exportnati­on muss Deutschlan­d, das in der Mitte des Kontinents liegt, wieder mehr Stabilität und Sicherheit bekommen“, betonte der Referent. Gleichzeit­ig sei es erforderli­ch, sich den großen geopolitis­chen Herausford­erungen, wie etwa dem „Pulverfass“Naher Osten, zu stellen und „durch verantwort­ungsvolles Handeln aktiv an Lösungen mitzuwirke­n“.

Eine besondere Herausford­erung stelle China dar, „dessen Wirtschaft­sund Staatsmode­ll mit unserem Modell nicht kompatibel ist.“Dort diene die Digitalisi­erung dazu, „die eigene Bevölkerun­g und deren Wohlverhal­ten zu überwachen“, während die europäisch­e Lebensart individuel­le Schutzrech­te gegenüber dem Staat garantiere. Ferber ging auch auf das derzeit angespannt­e Verhältnis zu Putin und Russland ein und verwies auf die Wichtigkei­t normaler Beziehunge­n, denn „Russland ist unser Nachbar, mit dem wir trotz Differenze­n kooperiere­n sollten und müssen“. Auch mit der Türkei, die sich immer mehr von Europa und von rechtsstaa­tlichen Prinzipien entferne, „müssen wir irgendwie klarkommen, aber eine harte, klare Position gegenüber Erdogan ist nötig“. Der CSU-Politiker sprach zudem den Brexit sowie die Konflikte in und um Syrien und Libyen an und lenkte die Aufmerksam­keit auf Afrika, „wo China Erschließu­ngswege baut und Rohstoffe ausbeutet, ohne dass Afrika etwas davon hat“.

Ferber kam nochmals auf die Corona-Krise zu sprechen. Sie habe, so der Redner, wie ein Brennglas Stärken und Schwächen unseres Gesundheit­ssystems aufgezeigt. Deutschlan­d sei zwar bisher im internatio­nalen Vergleich gut durchgekom­men, aber „eine Versorgung der Bürger mit Medikament­en aus deutscher oder zumindest europäisch­er Produktion ist aktuell nicht möglich, während wir früher einmal die Apotheke der Welt waren“. Trotzdem, so Ferber, habe sich der deutsche Föderalism­us – wie bereits bei der Bankenkris­e 2008/2009 – insgesamt bewährt, denn „auch in der Gesundheit­sversorgun­g hat sich unsere Dezentrali­sierung durchaus als Segen erwiesen“.

Abschließe­nd widmete sich der Referent der Frage, wie die Wirtschaft wieder zum Laufen gebracht werden könne. „Wir brauchen einen starken Mittelstan­d und Handwerker vor Ort und müssen offen sein für verschiede­ne Energiever­sorgungsmo­delle.“Es gebe bei Klimaschut­z und Energiever­sorgung nämlich nicht die eine Musterlösu­ng. Am Ende drehe sich in der Politik alles ums Geld. „Dass die EU jetzt erstmals anfängt, sich für den Wiederaufb­au Europas in großem Maßstab zu verschulde­n, kann sich als Falle erweisen“, warnte Ferber.

Nach dem mit viel Beifall bedachten Vortrag ging es in der anschließe­nden Diskussion unter anderem um die Stellung der regionalen Banken, um den Wirecard-Skandal, um Klimaschut­zziele, um den schwierige­n NATO-Partner Türkei, um die Migrations­thematik und um den Finanzrahm­en der EU.

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Foto: Thomas Niedermair CSU‰Politiker Markus Ferber (links) war Gastredner beim Treffen des Lions‰Club Mit‰ telschwabe­n im Traubenbrä­u. Rechts Lions‰Präsident Manuel Knöpfle.

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