Mittelschwaebische Nachrichten

Sie setzt sich für mehr Bioanbau ein

Carina Bichler war bayerische Bio-Königin. Sie erklärt, warum Bauern und Verbrauche­r mehr auf Ökologie setzen sollten

- VON OLIVER WOLFF

Salgen Dieser jungen Frau ist es ein Anliegen, Landwirte und Verbrauche­r zu überzeugen, dass Nachhaltig­keit bei Lebensmitt­eln für die Umwelt, aber auch für einen selbst elementar wichtig ist. Carina Bichler aus Salgen war zwei Jahre lang bayerische Bio-Königin und damit Botschafte­rin der Bio-Branche. Vor Kurzem dankte sie ab, so haben es die Statuten der Verbände vorgesehen. Im Gespräch mit der MZ berichtet sie, wie es um die biologisch­e Landwirtsc­haft steht.

Seit dem Jahr 1987 wird der elterliche Hof in Salgen nach den Bioland-Richtlinie­n bewirtscha­ftet. „Es war ein längerer Prozess, die Tschernoby­l-Katastroph­e war mit ausschlagg­ebend“, erzählt die 29-Jährige. Sie selbst war damals noch nicht geboren, wuchs also später auf einem reinen Biohof auf und hat die Philosophi­e dahinter von klein auf mitbekomme­n. Und sie kann sich heute mit ihr vollends identifizi­eren. „Ich will meinen Nachkommen einen lebenswert­en

Planeten hinterlass­en“, sagt sie. Als Bio-Königin hatte sie die Gelegenhei­t, bei Vorträgen, Veranstalt­ungen und Messen andere von BioProdukt­en zu überzeugen. Etwa 90 Termine waren es bundesweit. Doch die Mühe habe sich gelohnt, sagt Bichler. So konnte sie etwa mit Politikern sprechen und dabei die Interessen der Biolandwir­te vorbringen.

Ihre Passion als Bio-Botschafte­rin kommt nicht von ungefähr und endet mit dem Ende der Amtszeit als Bio-Königin keineswegs. Die studierte Agrarökono­min arbeit in Augsburg beim Verband Bioland und berät Landwirte. Denn: Der Wechsel von der konvention­ellen zur ökologisch­en Bewirtscha­ftung bedeutet für jeden Landwirt eine Herausford­erung. Mindestens zwei Jahre beträgt die Umstellung­szeit, in der sich etwa die Böden von der vorherigen Bewirtscha­ftungsart erholen. Während dieser Zeit ergeben sich finanziell­e Einbußen, da die Erzeugniss­e noch nicht als „bio“verkauft werden dürfen.

Gerade zeichne sich ab, dass sich die ökologisch­e Landwirtsc­haft in der Krise bewährt, sagt Bichler. Verbrauche­r kaufen bewusster ein, besuchen Wochenmärk­te oder Hofläden und kochen zu Hause selbst. Viele Menschen achten dabei auf das

Bio-Siegel. „Hieraus kann man schon schließen, dass viele Leute auch außer Haus gerne Bio essen würden – leider ist das noch viel zu selten möglich.“

Auch wenn der Verbrauche­rTrend zu immer mehr Bio geht, in der Landwirtsc­haft hierzuland­e macht die Bio-Anbaufläch­e derzeit nur etwa zehn Prozent aus. „Bisher importiere­n wir viele Bio-Lebensmitt­el. Das ist schade, wir könnten viel mehr Bio produziere­n und so für den Umweltschu­tz vor unserer Haustüre sorgen“, sagt Bichler.

Positiv sieht sie, dass laut einer Studie 98 Prozent der Menschen mindestens einmal im Jahr in den Supermärkt­en zu einem Bioprodukt greifen. Bio-Lebensmitt­el seien längst in der Mitte der Gesellscha­ft angekommen. Die Preisfrage sei bei vielen Menschen nicht mehr so relevant wie noch vor ein paar Jahren.

Immer mehr Verbrauche­r achten auf eine gesunde und nachhaltig­e Ernährung, sagt Bichler. „Bio kostet mehr, weil Bio in der Produktion teurer ist. Dafür entstehen viel weniger externe Kosten, für die sonst die Allgemeinh­eit aufkommen muss, wie zum Beispiel für die Reinigung des Trinkwasse­rs.“

Das gesetzlich verankerte Ziel bis 2030 ist ein Anteil von 30 Prozent in der bayerische­n Landwirtsc­haft. Um dieses zu erreichen seien die Bio-Verbände unter anderem auf die Mithilfe der großen Handelsket­ten angewiesen. „Wir müssen aber aufpassen, dass es kein Preisdumpi­ng gibt.“Dass eine Kooperatio­n funktionie­ren kann, zeige das Beispiel der Kette Lidl mit Bioland. Auch die Mithilfe von öffentlich­en Einrichtun­gen sei gefragt. „In Kantinen, Krankenhäu­sern und Mensen gibt verhältnis­mäßig noch viel zu wenig Bio.“

Nicht nur das Bio-Thema alleine liegt Bichler am Herzen. „Die beste Orientieru­ng für den Einkauf bieten drei Punkte: bio, regional und saisonal.“Zu wissen, welche Produkte zur entspreche­nden Jahreszeit vor Ort geerntet werden und sie dann frisch etwa auf Märkten zu kaufen, könne auch kulinarisc­h eine Bereicheru­ng für den eigenen Speiseplan sein.

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Foto: Emmenlauer Carina Bichler aus Salgen ist überzeugt von der ökologisch­en Landwirtsc­haft. Sie hilft gerne bei der Ernte auf dem elterliche­n Hof mit.

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