Mittelschwaebische Nachrichten
Die einstige „Schwimmanstalt“wird 50
Die Einrichtung in Leipheim besteht seit fünf Jahrzehnten. Was in dieser Zeit alles passiert ist, was in der Zukunft geplant ist und warum eine große Feier diesmal ins Wasser fällt
Leipheim Eine Badekappe ist ja schön und recht. Aber was bringt sie, wenn die Haarpracht nicht hineinpasst und die Locken im Wasser treiben? Weil das vielen Badegästen kurz nach der Eröffnung des Leipheimer Gartenhallenbads sauer aufstieß, musste eine Verordnung her, die auf höchster Ebene beschlossen wurde. Im Kreisausschuss wurde festgesetzt: „Damen und Herren mit ’besonders langen Haaren’ müssen beim Schwimmen eine Badekappe tragen, die ’das Kopfhaar bedeckt’.“Eine Geschichte, die 50 Jahre zurückliegt, damals für große Zustimmung sorgte und heute ein breites Schmunzeln hervorruft. Damals war das Bad kurz zuvor am 23. Oktober eingeweiht worden, am Freitag steht das Jubiläum an – pandemiebedingt fällt eine große Feier allerdings aus.
Bis das Gartenhallenbad damals eingeweiht werden konnte, war es ein weiter Weg. Der Eröffnung gingen sechs Jahre voraus, in denen das Projekt teils unter Altlandrat Bruno Merk, teils unter seinem Nachfolger Georg Simnacher, geplant und diskutiert und verhandelt werden musste – und vor allem um Zuschüsse gerungen werden musste.
Wo das Bad einmal stehen könnte, war schon 1965 klar, damals wurde das Grundstück beim Fliegerhorst Leipheim gekauft. Das Bundesverteidigungsministerium sicherte zwar seine finanzielle Beteiligung zu – das künftige Hallenbad sollte nicht nur von der Zivilbevölkerung genutzt werden, sondern auch den damaligen Soldaten im Fliegerhorst Leipheim zur „Körperertüchtigung und Erholung“dienen –, wie hoch die Unterstützung ausfallen würde, entschied sich aber erst wenige Monate vor dem Startschuss der Bauarbeiten im August 1968.
Landrat Simnacher handelte einen Zuschuss von über 700000 Mark heraus. Weitere Zuschüsse kamen von der Stadt Leipheim und dem Freistaat Bayern. 1,3 Millionen Mark steuerte der Landkreis Günzburg aus seinem Haushalt und aus Rücklagen bei. Gut 3,6 Millionen Mark kostete der Neubau am Ende, eine „günstige“Investition, wie Simnacher im Oktober 1980 in seiner Festansprache betonte – angesichts der Kosten von fast 19 Millionen Euro für die jetzt anstehende Generalsanierung ein wahres Schnäppchen. Kaum hatte das Bad dann seine Tore für das Publikum geöffnet, gab es den ersten Ärger. Besucher beschwerten sich, dass andere Gäste zu kleine „Käppis“aufsetzten und ihre Haare im Wasser schwammen. In der Badeordnung mussten also schnellstens klare Verhältnisse geschaffen werden. Und dazu brauchte es einen Beschluss des Kreisausschusses.
Weil Karl Kling Formulierungsschwierigkeiten der Verwaltung ausmachte und niemand so recht wusste, „was besonders lange Haare sind“, ernannte er kurzerhand seinen rechten Nebenmann, den damaligen JU-Kreischef Alfred Sauter zum „Kronzeugen für lange Haare“. Die Gäste gewöhnten sich offensichtlich schnell an die neue Baderegel und das Bad. In den ersten zehn Jahren besuchten die Freizeiteinrichtung knapp 1,1 Millionen Gäste – darunter auch Soldaten der damals noch in Günzburg und Leipheim stationierten Bundeswehreinheiten.
Erst nach 25 Jahren stand eine erste größere Veränderung an, der Landkreis entschied sich, die einstige „Schwimmanstalt“zu sanieren und steckte 6,7 Millionen Mark in ein technisch-modernes Bad. 1998 war die Einrichtung über ein halbes Jahr lang geschlossen, im Dezember erfolgte die Wiedereröffnung mit
„Anschwimmen“durch die Prominenz. Neu hinzugekommen waren jetzt eine Großwasserrutsche, ein Kleinkinderbereich, eine Saunalandschaft und ein Außenbecken. 2008 wurde dann die Cafeteria neu gestaltet. Und seit dem 40-jährigen Bestehen reißt die Diskussion nicht ab, wie das Bad künftig aufgestellt werden soll. Im Juli 2017 wurde ein eigener Zweckverband gegründet, zum 1. Januar 2018 gab es einen Eigentümerwechsel des Gartenhallenbades.
Schließlich wurde einstimmig beschlossen, das Bad einer Generalsanierung zu unterziehen. Die Alternative, einen Neubau an anderer
Stelle hochzuziehen, wurde ad acta gelegt. Am 1. Oktober, kurz vor dem 50. Geburtstag, fiel die nächste klare Entscheidung, die Planung des Architekten Hagen Pohl, dessen Büro in Ötztal (Österreich) ist, umzusetzen.
Mit den Bauarbeiten soll im März 2022 begonnen werden, bis dahin sind Bad und Sauna wie gewohnt geöffnet. Voraussichtlich im November 2023 soll das „neue“Bad seinen Betrieb wieder aufnehmen. Es wird mit Kosten von etwa 18,6 Millionen Euro kalkuliert, wie Matthias Kiermasz, seit Juli neuer Geschäftsführer des Zweckverbands, erklärte. Laut Kiermasz sollen Sanierung und
Ausbau des Badebereichs etwa 12,6 Millionen Euro kosten. Der Saunaund Wellnessbereich mit neuem und großem „Saunahof“im Freien wird wohl nicht unter 5,5 Millionen Euro zu schaffen sein.
Vielleicht gibt es dann im November 2023 die nächste große Feier, das 50-Jährige muss pandemiebedingt ohne Feierstunde auskommen. Stattdessen erhalten Kinder am Freitag, 23. Oktober, freien Eintritt, und einige langjährige Wegbegleiter des Bades sind eingeladen. Für die Gäste ist noch eine kleine Überraschung geplant, damit sie diesen Tag in besonderer Erinnerung behalten.