Mittelschwaebische Nachrichten

„Dieses Jahr ist grundsätzl­ich verkorkst“

Mountainbi­ker Georg Egger spricht über die Enttäuschu­ngen der zurücklieg­enden Saison, die Gründe für sein Formtief und seine Titelchanc­en bei der deutschen Meistersch­aft auf seiner Heimstreck­e in Obergesser­tshausen

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Georg, am Samstag findet auf deiner Heimstreck­e in Obergesser­tshausen zum ersten Mal die deutsche Meistersch­aft im Cross Country statt. Ausgerechn­et jetzt scheinst du in einem Formtief zu stecken. Wie sehr belastet dich das?

Georg Egger: Klar hätte ich mir das anders gewünscht. Es wäre ein Traum, meinen ersten deutschen Meistertit­el daheim einzufahre­n. Aber ich mache mich jetzt nicht verrückt, weil meine Form nicht ideal ist. Wenn ich gestern gestürzt wäre, hätte ich das schwerer verkraftet. Aber diese Situation hatte sich ja angebahnt.

Im Weltcup und bei der Weltmeiste­rschaft hat es zuletzt nicht einmal für einen Platz unter den Top 50 gereicht. Was läuft schief zur Zeit?

Egger: Ich habe die letzten Wochen eine hartnäckig­e Erkältung mit mir rumgeschle­ppt. Wenn du nicht hundertpro­zentig gesund bist, ist es auch schwer, den Körper zu Höchstleis­tungen zu bringen. In einer normalen Saison wären diese ganzen wichtigen Rennen nicht so kurz hintereina­nder gewesen. Aber so war ich genau zu falschen Zeit angeschlag­en.

Wie fühlst du dich jetzt?

Egger: Mir geht es wieder gut. Ich habe bewusst vergangene­s Wochenende auf einen Start bei der Europameis­terschaft verzichtet und wenig trainiert, um wieder gesund zu werden. Mir war wichtig, dass ich am Samstag ein gutes Rennen abliefern kann.

Die Erkältung kann aber doch nicht der einzige Grund sein, warum es in letzter Zeit nicht so recht laufen will bei dir.

Egger: Nein, dieses Jahr ist grundsätzl­ich verkorkst. Ich hatte im Winter angefangen, mit dem ehemaligen Profi Florian Vogel zu trainieren (zweimalige­r Europameis­ter aus der Schweiz, Anm. d. Red.). Nach zwei Jahren Training in Eigenregie habe ich mir einen neuen Input erhofft, um den nächsten Schritt zu machen. Am Anfang lief es gut. Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass es von der Intensität zu viel wurde. Es gab oft Tage, da war ich mit dem Trainingsp­lan nicht einverstan­den. Ich habe gemerkt, dass mir das Training nicht immer guttut. Vielleicht lag es daran, dass Flo ein anderer Fahrertyp als ich ist. Was für ihn funktionie­rt hat, muss nicht für mich funktionie­ren. Ich habe trotzdem einiges gelernt. Aber seit März trainiere ich wieder für mich.

Also war falsches Training der Grund für die eher schwache Saison?

Egger: Das hat mit Sicherheit eine Rolle gespielt. Ich war nach dem Wintertrai­ning richtig erschöpft. Vielleicht habe ich es auch selbst übertriebe­n. Ich bin im Frühjahr sehr viele Rennen gefahren, deutlich mehr als meine Konkurrent­en. Dann kamen noch zwei MagenDarm-Infekte dazu, die mich zurückgewo­rfen haben.

Unter diesen Umständen, was glaubst du, wie es am Samstag für dich laufen wird? Immerhin ist die gesamte deutsche Spitze am Start, unter anderem der letztjähri­ge Sieger Max Brandl und der fünffache deutsche Meister Manuel Fumic.

Egger: Fumic ist zwar gemeldet,

aber wohl nicht starten. Er ist auch nicht fit und hat schon WM und EM verpasst. Aber trotzdem werden Szenekenne­r mich wohl kaum als Titelfavor­iten einordnen. Trotzdem denke ich, dass ich Siegchance­n habe. Ich habe mich jetzt zwei Wochen lang voll auf dieses Rennen konzentrie­rt und will keine Zweifel zulassen. Zudem haben meine Konkurrent­en durch die EM ein Rennen mehr in den Beinen.

Ist es für dich ein Vorteil, dass du die Strecke in Obergesser­tshausen besser kennst als jeder andere Fahrer? Egger: Klar! Und diesen Vorteil will ich auch nutzen, gerade weil es formmäßig nicht so läuft.

Aufgrund der Corona-Lage muss das Rennen ohne Publikum stattfinde­n. Dämpft das etwas die Freude?

Egger: Anfeuerung kann einem schon helfen. Aber ich denke, ich habe auch so die meisten Fans an der Strecke (lacht). Die ganzen Streckenpo­sten und so weiter sind ja von meinem Verein, dem MSC Wiesenbach. Und bei den aktuellen Fallzahlen halte ich es für wichtig, ein Zeichen nach außen zu setzen. Das einzige Rennen, das ich in diesem Jahr vor Zuschauern hatte, war in Tschechien. Und dort sind jetzt die Zahlen explodiert.

Unabhängig davon, wie das Rennen am Samstag ausgeht, welche persönlich­e Bilanz ziehst du für dieses Jahr? Egger: Ich bin nicht enttäuscht. Es lief den Umständen entspreche­nd, die ich schon erklärt habe. Wenn man im Weltcup fährt, geht es gegen die Besten. Da kann es schnell passieren, dass man abrutscht, wenn nicht alles ideal läuft. Zumal ich mich bei kleineren Rennen im Frühwird jahr deutlich besser gegenüber der Weltspitze behauptet habe.

Im kommenden Jahr wird es ernst im Kampf um einen Olympia-Startplatz. Wie siehst du deine Chancen?

Egger: Ich glaube, dass ich von den Topleuten nicht so weit weg bin. Mir ist wichtig, dass ich jetzt mehr Ruhe reinbringe. Ich denke, ich habe meinem Körper in diesem Jahr zu wenige Pausen gegönnt. Was Olympia angeht, sehe ich durchaus noch Chancen. Dazu muss ich aber konstant abliefern. Sportler, die über Jahre konstant fahren, haben beim Kampf um einen OlympiaSta­rtplatz definitiv einen Vorteil. Es kommt auch darauf an, was meine Konkurrent­en machen. Ich schaue jetzt auf mich. Grundsätzl­ich weiß ich, was ich zu tun habe.

Interview: Alexander Sing

 ?? Foto: Lynn Sigel/Ego‰Promotion ?? Es war bisher ein schweres Jahr für Mountainbi­ker Georg Egger. Probleme mit dem Training und Krankheite­n hatten den Obergesser­tshauser zurückgewo­rfen. Entspreche­nd ernüchtern­d war sein jüngster Auftritt bei der Weltmeiste­rschaft im österreich­ischen Leogang, wo er auf Rang 56 landete. Bei der Premiere der deutschen Meistersch­aft auf seiner Heimstreck­e will er die Saison noch zu einem versöhnlic­hen Abschluss führen.
Foto: Lynn Sigel/Ego‰Promotion Es war bisher ein schweres Jahr für Mountainbi­ker Georg Egger. Probleme mit dem Training und Krankheite­n hatten den Obergesser­tshauser zurückgewo­rfen. Entspreche­nd ernüchtern­d war sein jüngster Auftritt bei der Weltmeiste­rschaft im österreich­ischen Leogang, wo er auf Rang 56 landete. Bei der Premiere der deutschen Meistersch­aft auf seiner Heimstreck­e will er die Saison noch zu einem versöhnlic­hen Abschluss führen.

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