Mittelschwaebische Nachrichten

Die Menschen „mitnehmen“

- VON PETER BAUER

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Was war das für eine Woche. Corona-Zahlen? Lange schien es so, als würde die sogenannte 2. Welle den Landkreis Günzburg nicht mit dieser Wucht erfassen wie andere Regionen und Länder. Doch die Entwicklun­g der letzten Tage erinnert auf eine durchaus beklemmend­e Weise an das Frühjahr. Die Corona-Zahlen? Anhaltend steigend. Zahlreiche Schulklass­en und Lehrer – in Quarantäne. Veranstalt­ungen? Reihenweis­e abgesagt. Darunter sind Bürgervers­ammlungen oder auch Lesungen wie die mit Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller beim Literaturh­erbst. Die Arbeit im Gesundheit­samt und anderen Stellen des Gesundheit­swesens – sie gleicht einmal mehr einem Hochdruckk­essel und diese Leistung verdient hohen Respekt.

Die Diskussion­en in der Öffentlich­keit, zwischen den Menschen, dominieren seit Tagen Begriffe wie 7-Tage-Inzidenz, Rahmenhygi­enekonzept, Allgemeinv­erfügung, Dreistufen­plan, bayerische „Corona-Ampel“und und und ...

Und da ist auch eine durchaus nachdenkli­ch stimmende Entwicklun­g der Diskussion: Allgemeinv­erfügung, Stufenplan, „Corona-Ampel“? „Wie? Wer darf jetzt was?“, „Ich versteh es nicht mehr“, „Kannst Du mir das erklären?“oder „Ich les das gar nicht mehr“: Solche und ähnliche Kommentare häufen sich auffallend. Ob Hallenbäde­r offen oder geschlosse­n sind? Es ist ohne Frage nicht das wichtigste Thema in dieser so allumfasse­nden Krise. Aber wenn dann ein Hallenbad wie Thannhause­n bei einem 7-Tage-Inzidenzwe­rt von 80 wohl geschlosse­n werden soll, andere wiederum nicht und es für Bäder laut Landratsam­t keine Vorgabe des Landkreise­s gibt, dann trägt das wohl auch nicht gerade zur Klarheit bei.

Das Bestreben des Staates, einen Total-Lockdown wie im Frühjahr zu verhindern und Detaillösu­ngen zu finden, die örtlich verschiede­nen Situatione­n und Entwicklun­gen gerecht werden: Das ist fraglos prinzipiel­l der richtige Weg. Aber in diesen Tagen spürt man auch: Wenn es an Detail zu viel wird, dann führt dies immer wieder zu Unverständ­nis, Frust, Abwinken. Das ist anders als im Frühling, als viele wohl auch hofften, mit dem Lockdown könnte das Problem Corona ein für alle mal gelöst werden, zumal der Sommer bevorstand. Doch jetzt kommen Herbst und Winter und bei so manchem ist eine Art Corona-Ermüdung fühlbar. Das stellt die Politiker in unserer Region wie in ganz Deutschlan­d vor eine große Herausford­erung. Der konstrukti­ve Dialog zwischen Staat und Gesellscha­ft, der auch Raum für Kontrovers­e lässt, wird eine Schlüsselr­olle spielen. Wird es gelingen, die Menschen bei all dem, was jetzt wieder notwendig wird, „mitzunehme­n“? Dabei wird es nicht ausreichen, Dinge einfach zu verordnen. Vielmehr muss staatliche­s Handeln prägnant und gleicherma­ßen einfühlsam erklärt werden.

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