Mittelschwaebische Nachrichten
Eine Hommage an das Wirken des Historischen Vereins
Die Sonderschau zur Veranstaltungsreihe „Bürger forschen“ist jetzt im Günzburger Museum zu sehen
Günzburg
Offiziell ist die Ausstellung wegen Corona nicht eröffnet worden. Trotzdem kann die Sonderschau im Rahmen der Günzburger Veranstaltungsreihe „Bürger forschen“(wir berichteten) besichtigt werden – erstmals bereits an diesem Wochenende, 24. und 25. Oktober, im Heimatmuseum an der Rathausgasse. Geöffnet ist an beiden Tagen von 14 bis 17 Uhr, am Samstag bietet Museumsleiter Raphael Gerhardt zudem eine Führung, die um 14.30 Uhr beginnt. Da die Exponate, die dem vielfältigen Wirken des Historischen Vereins gewidmet wurden, über das ganze Museumsgebäude verteilt sind, können Besucher einem Gedränge problemlos aus dem Weg gehen.
„Gebildete Bürger“, wie es damals hieß, hatten 1902 den Historischen Verein Günzburg gegründet. Die Initiatoren folgten dem Zug der Zeit. Die Erforschung der Heimatgeschichte war im Schwange, allerorten schossen Historische Vereine wie die Pilze aus dem Boden. Angesichts der langen und bedeutenden Geschichte Günzburgs gab es für die gut 100 Gründer des Vereins eine Menge zu tun: Funde aus vorgeschichtlicher Zeit, etwa auf dem Reisensburger Schlosshügel, wollten ebenso gehoben werden wie Zeugnisse der römischen Epoche. Zudem galt es, Schätze aus habsburgischer Zeit zu sichern oder dem bisweilen geschichtsvergessenen Treiben der 1960er-Jahre Einhalt zu gebieten. Museumsleiter Raphael
Gerhardt: „Der Historische Verein war oft eine kritische Stimme gegen den Zeitgeist.“
In Form von zahlreichen Ausstellungsstücken, Fotos und informativen Texttafeln werden die Museumsbesucher durch die zurückliegenden 118 Jahre des Historischen Vereins Günzburg, der aktuell knapp 600 Mitglieder zählt, geführt. Dank des Vereins sind viele Zeugnisse vergangener Zeiten der Zerstörung entgangen. Etwa die Stuckdecke aus dem ehemaligen Postgebäude am Stadtberg, die nach aufwendiger Renovierung 1987 in einem Zimmer des Museums angebracht wurde. 1962 waren große Teile der Stadtpfarrkirche St. Martin abgerissen worden. Viele sakrale Kunstwerke wären verloren gegangen, hätte der Historische Verein sie nicht gerettet – zu sehen ebenfalls in der Sonderausstellung.
Während des Zweiten Weltkriegs wurden weite Teile der Museumsstücke ausgelagert, viele blieben verschwunden, andere tauchten Jahrzehnte später wieder auf. Auch darüber informiert die Ausstellung. Wie über einen Museumsbrand im Jahre 1963, der etliche verkohlte Reste hinterlassen hatte. Auch manch Rätselhaftes ist in der Ausstellung zu sehen.
Neben der Forschung verfolgte der Historische Verein auch einen Bildungsauftrag. In Vorträgen und Publikationen wurden Interessierte über jüngste Erkenntnisse informiert, der seinerzeitige Vereinsvorsitzende
Josef Weizenegger rief 1968 die inzwischen umfangreiche Schriftenreihe des Vereins ins Leben. In einer Leseecke im Rokokosaal des Museums können die Bücher studiert und erworben werden. Die Mitglieder des Historischen Vereins pflegten nicht nur Forschung und Lehre, wichtig waren ihnen auch soziale Kontakte und Geselligkeit, etwa bei Exkursionen und Ausflügen, die seit 1951 eine Vielzahl von Orten in Süddeutschland zum Ziel hatten. Ein Besuch der Ausstellung ist also lohnenswert.
Apropos „gebildete Bürger“: Nahezu alle Vorsitzenden des Historischen Vereins seit 1902 waren, beziehungsweise sind Lehrer, wie eine Fotogalerie im Erdgeschoss des Museums dokumentiert.
Öffnungszeiten Die Sonderausstel lung im Heimatmuseum Günzburg ist bis Sonntag, 29. November, zu sehen, je weils samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr.