Mittelschwaebische Nachrichten
Immer wieder dienstags auf dem TrimmdichPfad
Seit 1975 ist eine Gruppe Krumbacher Damen auf dieser Strecke unterwegs. Warum diese besondere Gemeinsamkeit für sie so wichtig ist
Krumbach
Wer sich am Dienstagmorgen auf den Krumbacher Trimm-dich-Pfad begibt, trifft dort mit fast hundertprozentiger Sicherheit auf eine kleine Gruppe nicht mehr ganz junger Damen, die seit halb neun Uhr, winters neun Uhr – „wir sind ja keine Frühaufsteherinnen“– auf der ausgewiesenen Fitnessstrecke unterwegs sind. Die Begegnung hätte auch schon vor 45 Jahren stattfinden können. Denn die sportlichen Damen sind bereits seit 1975 auf dieser Strecke unterwegs, und stets am gleichen Tag, zur gleichen Zeit. Einige von ihnen haben inzwischen das achte Lebensjahrzehnt erreicht. Die Besetzung hat sich in den Jahrzehnten immer wieder geändert, wie auch die Gruppenstärke. Elf waren sie maximal, derzeit sind es fünf: Tod, Krankheit, Veränderung, Fluktuation formen die Gruppe immer wieder neu.
Jossy Bosch und Marianne Sternitzky halten seit 45 Jahren die Stellung. Marianne Niedermair, Heidi Schäferling und Helga Bahner sind auch schon seit Jahrzehnten dabei. Als Jossy und Marianne mit einigen anderen Mitte der 1970er Jahre ihre Laufgruppe gründeten, waren sie noch Mütter, die erst einmal ihre Kinder im Kindergarten und der Schule aufgehoben wissen mussten, bevor sie an sich selbst denken konnten. Doch um halb neun, so fanden sie, gab es ein Zeitfenster, in dem sie ungestört eine Stunde ihrer Leidenschaft nachgehen konnten: sich bewegen, Sport machen und dabei etwas Geselligkeit haben.
Aus diesen familiären Bedingungen heraus ist das Prinzip geblieben, nur in der Schulzeit, wenn die Kinder aus dem Haus waren, zu laufen. Treffen in den Ferien wären heute zwar kein Problem mehr, doch die Damen sind ihrem Stundenplan treu geblieben: Zeit und Daten liegen fest, Verwirrung ausgeschlossen. Die Gründungsmitglieder kannten sich aus dem Sportverein, als Nachbarinnen, nicht als Freundinnen. Und so ist es bis heute geblieben.
Man trifft sich dienstags zum Laufen und ansonsten beim Sport im TSV. Nur der Geburtstag ist eine Ausnahme. Dann gibt es nach dem Fitnessprogramm ein gemeinsames Frühstück. Und vor der Sommerpause gibt es ein Abschlusspicknick.
Mag sein, dass gerade die Konzentration auf das Eigentliche, auf gemeinsamen Sport, die Gruppe so lange stabil gehalten hat, denn beim Laufen bleibt kein Raum für persönliche Animositäten. Und es ist sicher auch die gegenseitige Toleranz. „Wir haben schon allerhand Sportarten hier ausgeübt. Vom Joggen übers Gehen bis zum Nordic Walking. In unserer Gruppe kann jeder das machen, was ihm am meisten liegt“, versichert Mitbegründerin Jossy Bosch. Marianne Sternitzky etwa geht an einer Wegbiegung ihren eigenen Weg. Sie liebt es, unterwegs Bäume zu umarmen, ihre Kraft und ihre Lebendigkeit zu spüren. Für den Rest der Gruppe eine Eigenheit, die alle tolerieren. An eiden ner späteren Kreuzung treffen sie wieder aufeinander und legen den Rest des Weges gemeinsam zurück. An den Trimm-dich-Stationen wurde in den frühen Jahren auch fleißig trainiert. Heute lassen es die Damen etwas ruhiger angehen, doch ein paar Dehnungen hier und da sind noch immer verlockend. Und auch hier gilt: Wer will, der macht´s, wer nicht mehr kann oder keine Lust hat, geht weiter, denn die Devise heißt: „Jeder soll nach seiner Façon selig werden.“Deshalb ist es auch ganz normal, dass man Gäste mitbringen kann. An diesem Dienstag läuft Camila Bahner mit, die elfjährige Enkelin von Helga lebt in Bonn und verbringt ihre Ferien bei der Oma in Krumbach. Sie liebt die Laufdienstage und ist mit Begeisterung dabei. Für sie sind auch die Trimm-dich-Stationen noch verlockend. Spätestens am Parkplatz beim Sportplatz aber treffen alle wieder zusammen. Was heute als neue Erkenntnis gefeiert wird, die wohltuende Wirkung des Waldes, ist für die Dienstagsdamen seit fast einem halben Jahrhundert Normalität: Waldbaden als Nebeneffekt ihrer sportlichen Aktivität. In den 45 Jahren, in denen sie nur ein oder zwei Mal witterungsbedingt nicht gestartet sind, haben sie bei ihren 45 mal 38 Gängen durch den Wald seine Entwicklung intensiv miterlebt. „Hier war mal ein Hochwald, weiter vorn hat sich ein schöner Laubwald entwickelt,“weist Jossy Bosch auf seine Veränderungen hin, auf seinen natürlichen Wuchs und auf die Eingriffe durch den Menschen. Sie läuft gerne auch abends noch eine Runde im Wald, was Helga Bahner weniger reizt. Sie liebt es, in der Gruppe zu sporteln, das gemeinsame Erleben ist ihr wichtig. Aber auch sie sieht die Schönheiten der Natur und freut sich an ihnen. „Wir freuen uns immer, wenn wir Rehe oder Hasen sehen, das passiert gar nicht so selten.“Und dann gibt es im Spätsommer und Herbst auch noch Pilze: wunderschön leuchtende Fliegenpilze und solche, die man mit nach Hause nehmen und zu einer leckeren Mahlzeit verarbeiten kann. „Aber da bin ich vorsichtig,“gesteht Helga Bahner.
Nach einer Stunde sind alle Damen wieder am Parkplatz angekommen. Eine herzliche aber kurze Verabschiedung genügt, denn alle wissen: Bis nächsten Dienstag, derselbe Ort, dieselbe Zeit.