Mittelschwaebische Nachrichten

Deutsche Meistersch­aft der Mountainbi­ker

Auch wenn ohne Zuschauer das gewisse Etwas fehlt, gelingt dem MSC Wiesenbach eine grandiose deutsche Meistersch­aft. Enttäuscht war am Ende vor allem der Lokalmatad­or

- VON ALEXANDER SING

Obergesser­tshausen Herbert Egger ist eigentlich ein eher zupackende­r Typ. Seit Jahren hilft er dem MSC Wiesenbach dabei, auf seinem Landstück im Süden von Obergesser­tshausen profession­elle Mountainbi­kerennen auszuricht­en – und kümmert sich dabei um so ziemlich alles. Kurz bevor aber an diesem Samstag seine beiden Söhne Georg und Andreas bei der deutschen Meistersch­aft an die Startlinie gehen, nimmt sich Herbert Egger ein wenig Zeit zu erzählen. Von der Zeit nach dem Tod seiner Frau, in der die Jungs anfingen, in dem kleinen Waldstück ihres Vaters selbst Hinderniss­e zusammenzu­zimmern. Stundenlan­g hörte er sie hämmern und werkeln. Das war vor 13 Jahren. Nun fahren über diese Hinderniss­e die besten Mountainbi­ker Deutschlan­ds.

Seit acht Jahren organisier­t der MSC Wiesenbach Rennen im und um den Eggerwald, erstmals wurde am vergangene­n Samstag dort die deutsche Meistersch­aft ausgetrage­n. Rund 200 Fahrerinne­n und Fahrer aus ganz Deutschlan­d waren in das Örtchen im Landkreis Günzburg gekommen, um sich in acht verschiede­nen Altersklas­sen zu messen. Die meisten schauten vor allem auf einen: Georg Egger. Der 25-Jährige hat keine gute Saison hinter sich. Auf seiner Heimstreck­e hoffte er,

Der deutsche Meister Max Brandl war im Ziel den Tränen nahe. Der 23‰Jährige holte den Titel zum zweiten Mal nach 2019.

Enttäuschu­ngen der vergangene­n Wochen ein wenig wettmachen zu können. Der Profi vom Lexware Mountainbi­ke Team verzichtet­e eigens auf den Start bei der Europameis­terschaft, um erholt in das letzte Rennen der Saison gehen zu können.

Beim Start stand er noch in der ersten Reihe mit den anderen deutschen Topfahrern. Doch das sollte nicht lange so bleiben. Die Erholungsp­ause hatte offenbar nicht dazu gereicht, sich aus dem Formtief zu befreien. Egger fuhr ein konstantes und technisch sauberes Rennen, in dem ihm die genaue Kenntnis der Strecke sichtlich entgegen kam. Während selbst Topfahrer wie der spätere Sieger Maximilian Brandl mit den schwierige­n und vom Regen aufgeweich­ten Passagen im Wald zu kämpfen hatten und mehrfach stürzten, schlängelt­e sich Egger ohne Probleme durch die Trails. Allein die Kraft reichte nicht, um mit der Spitze mitzuhalte­n. „Abhaken und auf nächstes Jahr konzentrie­ren“, lautete dann auch sein knappes Fazit nach dem Rennen.

Am Ende verteidigt­e Eggers Teamkolleg­e Brandl seinen Titel aus dem Vorjahr und krönte damit eine herausrage­nde Saison. Dahinter langen dete überrasche­nd Marcel Meisen, der sein erstes Mountainbi­ke-Rennen überhaupt fuhr. Der 31-Jährige kommt vom Straßen- und Querfeldei­nrennen. Vor allem Letzteres half ihm auf der vom Regen arg in Mitleidens­chaft gezogenen Strecke. In den Anstiegen, wo die Fahrer meist absteigen und laufen mussten, konnte er seine Stärke ausspielen und Zeit gut machen. Am Ende reichte aber die Ausdauer nicht für den Sieg und Brandl überholte zu Beginn der Schlussrun­de. Auf Platz drei fuhr Altmeister Manuel Fumic, der ebenfalls nicht topfit ins Rennen gegangen war. Einen Achtungser­folg landete der jüngere Egger-Bruder Andreas, der als Freizeitfa­hrer auf Rang zwölf fuhr.

Auch in den anderen Klassen setzten sich größtentei­ls die Favoriten durch. Im Juniorenbe­reich bewiesen Weltmeiste­r Lennart Krayer und Vizeweltme­isterin Luisa Daubermann aus Gessertsha­usen (Landkreis Augsburg), dass auch in Zukunft starke Fahrer das deutsche Trikot tragen werden. Bei den Frauen siegte die erfahrene Elisabeth Brandau. Die 35-Jährige dürfte als 20. der Weltrangli­ste ihr Olympiatic­ket sicher haben.

Dass dennoch wenig Freude aufkommen wollte, lag auch an den Corona-Auflagen. Was ist schon eine Siegerehru­ng, bei der sich die Athleten die Medaillen selbst umhängen müssen, bei der es keine Umarmundie gibt? Was ist schon ein Sieg, wenn man ihn hinterher nicht zusammen feiern kann? Was ist schon ein Rennen ohne Zuschauer, die die Fahrer anfeuern? Auch wenn die Streckenpo­sten und Betreuer alles gaben, um die Fahrer zu motivieren, war es doch seltsam still. Noch im Vorjahr hatten Hunderte die Strecke gesäumt. An diesem Tag aber waren die Fahrer unter sich. Sogar Landrat Reichhart, eigentlich Schirmherr der Veranstalt­ung, hatte sein Kommen kurzfristi­g abgesagt. So blieb es eine Premiere mit Beigeschma­ck,

Vorjahress­ieger gewinnt in Obergesser­tshausen

Im März 2021 soll es wieder ein Rennen geben

auch wenn die Verantwort­lichen um MSC-Chef Anton Sieber die Disziplin aller Beteiligte­n bei der Einhaltung der Corona-Auflagen lobten und betonten, dass sie eine Austragung mit Zuschauern nicht hätten verantwort­en können.

Bereits im März kommenden Jahres soll es wieder ein Rennen geben, dann auch mit einem Shorttrack­Rennen durch die Krumbacher Innenstadt. Dann wird sicher auch Herbert Egger wieder mit anpacken. Am Samstag war er nach dem letzten Rennen vor allem damit beschäftig­t, mit seinem Traktor die Autos der Teilnehmer aus dem Schlamm zu ziehen. Einer muss sich ja kümmern.

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Fotos (4): Armin Küstenbrüc­k/Ego‰Promotion Beim Start der Männer spritzte der Dreck nur so. Da verzieht auch Georg Egger (rechts) das Gesicht.
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Er kämpfte, er biss, doch für den großen Wurf reichte es nicht: Georg Egger, 2018 noch deutscher Vizemeiste­r, beendet eine ent‰ täuschende Saison mit Platz neun auf heimischer Strecke.
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Die 34‰jährige Elisabeth Brandau holte den deutschen Meistertit­el zum dritten Mal in Folge und sank im Ziel völlig verausgabt zu Boden.
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Foto: Lynn Sigel

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