Mittelschwaebische Nachrichten
Merz hat recht
Im diplomatischen Dienst hätte Friedrich Merz keine große Karriere gemacht. Provozierend direkt, ungeduldig, seine Kontrahenten nicht schonend: Einer wie er eckt an, zumal in einer Partei wie der CDU, die nicht zu Unrecht als Kanzlerwahlverein verhöhnt wird.
Mögen viele Parteifreunde seine jüngsten Angriffe auch als strategischen Fehler eines gekränkten Egos betrachten: In der Sache hat Merz recht. Natürlich hätte die Partei im Dezember einen neuen Vorsitzenden wählen können, notfalls eben mit einem digitalen Parteitag und einer anschließenden Briefwahl. Große Konzerne haben ihre Hauptversammlungen in der ersten CoronaWelle nicht anders organisiert. Mit etwas gutem Willen geht das.
Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass eine einflussreiche Funktionärsriege diesen Parteitag gar nicht mehr wollte – oder zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt und nicht in dieser Form. An dessen Ende hätte ja Merz als Vorsitzender und Kanzlerkandidat stehen können. Und es ist sicherlich kein Zufall, dass Armin Laschet als erster der drei Aspiranten eine Verschiebung gefordert hat: Er liegt in den Umfragen weit hinter Merz zurück und sieht seine Felle womöglich gerade davonschwimmen.
Auf die CDU wirft das kein gutes Licht. Aus Angst vor Corona und aus Angst vor einem Erfolg von Merz geht die Partei mit einer offenen Führungsfrage in ein Jahr mit einer Bundestagswahl und sechs Landtagswahlen. Souverän wirkt das nicht. Im Gegenteil. Friedrich Merz hat mit seinem Frontalangriff auf das Establishment der Union im Ton vielleicht etwas überzogen – die Klarheit aber, die er dabei an den Tag legt, lässt seine Partei gerade vermissen.