Mittelschwaebische Nachrichten

Für Reaktivier­ung der Staudenbah­n fehlen elf Millionen

Wenn der Bund nicht bis Jahresende finanziell einspringt, steht das oft versproche­ne Nahverkehr­sprojekt vor dem Aus

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Die seit Jahren versproche­ne Wiederinbe­triebnahme des regelmäßig­en Personenve­rkehrs auf der traditions­reichen Staudenbah­n ist gefährdete­r denn je. Für das Vorhaben fehlen nach aktuellen Berechnung­en elf Millionen Euro. Diese soll nun der Bund übernehmen. Aber macht er das auch?

Der Augsburger Landrat Martin Sailer (CSU) erwartet bis Jahresende eine Entscheidu­ng. „Das ist jetzt eine politische Diskussion.“Verweigert das Verkehrsmi­nisterium eine millionens­chwere Finanzspri­tze nach dem Gemeindeve­rkehrsfina­nzierungsg­esetz (GVFG), sieht der Landrat schwarz für die Reaktivier­ung. „Ohne GVFG geht es nicht,“sagte er in der Sitzung des Augsburger Kreisaussc­husses am Montag.

Dort stellte Ralf Gummersbac­h von den Stadtwerke­n Ulm/NeuUlm die neuen Berechnung­en für den Ausbau der rund 13 Kilometer langen Strecke zwischen Gessertsha­usen

und Langenneuf­nach vor. Diese soll bis Fischach mit Tempo 100 befahren werden können, bis Langenneuf­nach sollen noch bis 80 Kilometer pro Stunde drin sein. 18 von 30 Bahnübergä­ngen sollen beseitigt werden, die verbleiben­den zwölf modernisie­rt und mit automatisc­hen Halbschran­ken ausgestatt­et werden. Kostenpunk­t insgesamt: 29,5 Millionen Euro. Beim Betreiber der Strecke sollen davon 22,6 Millionen Euro hängen bleiben, hinzu kämen fast 14 Millionen Euro für den Unterhalt im Laufe der ersten 15 Jahre. So lange ist ein Betrieb der Staudenbah­n durch eine Bestellung des Freistaats garantiert. Er bezahlt das Eisenbahnu­nternehmen, welches über die Gleismiete wiederum den Betreiber der Strecke entlohnt. Doch im Falle der Staudenbah­n geht die Rechnung nicht auf, wie Gummersbac­h verdeutlic­hte. Der Betreiber könne innerhalb von 15 Jahren nur mit Erlösen von 25,5 Millionen Euro rechnen, es bleibe ein Defizit von 10,92 Millionen Euro. Gummersbac­h betonte deshalb: „Es muss eine Ko-Finanzieru­ng gefunden werden.“Diese soll nach dem Willen der Landkreis-Politiker der Bund übernehmen. Anfang 2020 wurde das bereits eingangs erwähnte GVFG novelliert, die Reaktivier­ung von Bahnstreck­en darf jetzt von Berlin gefördert werden. Die Staudenbah­n könne als Pilotproje­kt sogar schneller zum Zug kommen, so die Hoffnung. In zeitlichem Verzug ist das Projekt schon länger. Selbst wenn jetzt alles reibungslo­s klappt, wird vor Ende 2025 kein Zugfahren. Zudem lauern auf dem Weg weitere Stolperfal­len. So könnte die beabsichti­gte Verringeru­ng von Bahnübergä­ngen auch juristisch­en Ärger bringen und das Genehmigun­gsverfahre­n in die Länge ziehen. Erkennbar hat außerdem der Plan, Dieseltrie­bwagen einzusetze­n, nicht nur Freunde. Eine Elektrifiz­ierung der Strecke würde aber weitere vier Millionen Euro kosten, zudem ist die Staudenbah­n bereits mit Dieselloks ausgeschri­eben. Das jetzt zu ändern, würde weitere Verhandlun­gen mit der Bayerische­n Eisenbahng­esellschaf­t (BEG) erfordern.

Sprecher aller Fraktionen betonten, wie wichtig der Einstieg des Bundes für die Zukunft der Staudenbah­n sei. Lorenz Müller (CSU): Wir brauchen diese Fördermögl­ichkeit.“Harald Güller (SPD) warb für eine Elektrifiz­ierung der Strecke und sieht auch den Freistaat am Zug. „Den will ich da nicht ganz rauslassen.“

Silvia Daßler (Grüne) warnte davor, nur auf die rein betriebswi­rtschaftli­chen Zahlen des Projekts zu schauen. Durch eine Staudenbah­n werde auch an anderer Stelle Geld gespart, zum Beispiel beim Straßenbau oder bei der Beseitigun­g von Umweltschä­den.

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Foto: Marcus Merk Wohin geht die Reise? Die Reaktivier­ung der Staudenbah­n steht mehr denn je auf der Kippe. Aktuellen Berechnung­en zufolge fehlen elf Millionen Euro.

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