Mittelschwaebische Nachrichten
Corona sorgt für immer mehr Spielabsagen
Obwohl der Verband eine Generalabsage bisher scheut, kommt der Spielbetrieb im Kreis Günzburg immer mehr zum Erliegen. Viele Teams haben Angst, in Quarantäne zu müssen. Zwei betroffene Vereine berichten
Landkreis Wer als Fan des Amateurfußballs am Wochenende ein Spiel im Landkreis Günzburg besuchen wollte, musste schon ein wenig länger nach einer Partie suchen, die nicht abgesagt worden war. Weit mehr als die Hälfte aller Spiele im Fußballkreis Donau fand nicht wie geplant statt. Immer mehr Vereine machen vom Corona-Paragrafen 94 in der Spielordnung des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) Gebrauch und sagen ihre Spiele ab. Denn die Angst vor einem Infektionsfall bei einem Spiel der eigenen Mannschaft ist groß. Die Auswirkungen haben zwei Kreisligisten bereits zu spüren bekommen.
Beim VfR Jettingen befindet sich die gesamte erste Mannschaft noch bis kommende Woche in Quarantäne, wie der Sportliche Leiter Josef Forstner bestätigt. Ein Spieler sei positiv getestet worden. „Wenn es einen selbst betrifft, sieht man erst mal, was das für Auswirkungen hat“, so Forstner. Noch seien nicht alle Testergebnisse aus der Mannschaft da. So oder so könne man aber erst im November wieder auf dem Platz stehen. „Wenn das nicht passiert wäre, hätten wir wohl weiter gespielt. Die Jungs wollen ja kicken. Jetzt müssen wir erst mal sehen, wie es weitergeht. Bei vielen Vereinen, mit denen ich gesprochen habe, geht die Tendenz eher zur Vorsicht.“
Erst am Montagabend hatte der BFV nach einer Präsidiumssitzung erneut bekräftigt, dass man die Entscheidung weiterhin den Vereinen überlassen wolle. Eine Generalabsage sei aktuell nicht vorgesehen, schreibt der Verband auf seiner Homepage. Der für den Spielbetrieb zuständige Schatzmeister Jürgen Faltenbacher sagt zu dieser Entscheidung: „Auch wenn die staatlichen Vorgaben den Breitensport ausdrücklich auch weiterhin zulassen und sich Mediziner ebenso wie Wissenschaftler unisono einig sind, dass das Fußballspiel an sich kein erhöhtes Infektionsrisiko darstellt, so ist die Verunsicherung allerorten spürbar. Deswegen kann jeder Verein, der Bedenken hat und in einem solchen Gebiet beheimatet ist oder eben dort antreten soll, sein Spiel auf Antrag kostenfrei verlegen.“Faltenbacher stellt klar, dass aus seiner Sicht nicht das Fußballspiel selbst eine Gefahr darstelle, sondern das Drumherum aus An- und Abreise, Aufenthalten in den Kabinen und Duschen oder in Zuschauerbereichen. „Jeder muss alles dafür tun, um Kontakte zu beschränken und Gefahren erst gar nicht entstehen zu lassen“, betont der Verbandsfunktionär.
Die Ansicht Faltenbachers teilt man im Landratsamt in Günzburg nicht. Pressesprecherin Jenny Schack stellt auf Nachfrage klar: „Sollte bei einer Partie ein infizierter Spieler auf dem Feld stehen, müssen in der Regel alle, die daran mitgewirkt haben für 14 Tage in Quarantäne.“Zwar prüfe das Gesundheitsamt jeden Einzelfall, sodass es für Ersatzspieler oder Trainer eventuell andere Maßnahmen geben könnte. Generell müsse man aber davon ausgehen, dass auf dem Feld jeder mit jedem Kontakt haben könnte. „Wir können ja keine komplette Spielauswertung machen, um zu sagen, wie wahrscheinlich eine Ansteckung ist. Ein Abwehrspieler rennt auch mal nach vorne und kann dort Kontakt mit einem gegnerischen Abwehrspieler haben. Deshalb ergibt nur Quarantäne für alle Beteiligten Sinn.“Diese sei in der Regel auch für 14 Tage aufrechtzuerhalten, so Schack.
Es ist dieser Umstand, der bei den Vereinen für Verunsicherung sorgt. Beim SV Mindelzell hat man die Prozedur bereits hinter sich, nachdem bei einer Kreisligapartie ein Spieler der gegnerischen Mannschaft im Nachhinein positiv getestet worden war. SVM-Abteilungsleiter Michael Miller erzählt: „Wir hatten danach zehn Tage Chaos. Die komplette Mannschaft wurde negativ getestet, aber sie mussten weiter in Quarantäne bleiben. Das zeigt ja: Selbst wenn wir uns an alle Vorgaben halten, setzen wir uns trotzdem einem Risiko aus.“Der ein oder andere Spieler habe in der Folge auch Probleme mit seinem Arbeitgeber bekommen, so Miller. Mindelzell hat sich als Konsequenz aus dem Ligapokal zurückgezogen. Der Fall landet nun satzungsgemäß vor dem Sportgericht, dem Verein droht eine Geldbuße. Miller sagt dazu klar: „Ich erwarte hier ein Entgegenkommen des Verbands.“
Immer mehr zeigt sich, dass der neue Wettbewerb in seiner ursprünglichen Form nicht zu halten sein wird. Was als Füller für die um ein Jahr verlängerte Saison gedacht war, sorgt mittlerweile für ein unübersichtliches Terminchaos. Kreisspielleiter Franz Bohmann rechnet daher mit weiteren Abmeldungen. Bereits am vergangenen Wochenende waren 60 Prozent aller Ligapokal-Begegnungen abgesagt worden. Dennoch ist Bohmann überzeugt, dass der Ligapokal auch zu Ende gespielt wird. „Wir können mit weniger Mannschaften dann im Frühjahr direkt ins Viertelfinale einsteigen“, erklärt der Funktionär. Je nach Wetter könne man Ende März den Ligapokal zu Ende spielen und ab Ende April dann die Meisterschaft.
Wie haltbar diese Terminpläne sind, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen. Vermutlich kommt man im Landkreis weder mit den Nachholspielen in der Liga noch mit der Ligapokal-Vorrunde sonderlich weit. Immer mehr Teams überlegen, ob sie in diesem Jahr überhaupt noch antreten. Bezirksligist SC Bubesheim etwa prüft den kompletten Ausstieg aus dem Ligapokal, der eigentlich am Wochenende mit dem Derby gegen den FC Günzburg starten würde. Abteilungsleiter Karl Dirr, ein erklärter Gegner des ,Weiter so’ stellt klar: „Wenn sich die Spieler dafür entscheiden, dann spielen wir diesen Wettbewerb auch zu Ende. Aber ich betone ganz klar, dass es hier nicht nur um die Gesundheit geht, sondern auch um Arbeitsplätze.“
Anders sieht man das bisher beim Landesligisten SC Ichenhausen. Sportchef Rudi Schiller erklärt, man wolle weiter so viele Spiele wie möglich machen – in der Liga und im Ligapokal. „Wir haben da keine Ambitionen, aber als Landesligist kannst du da nicht einfach absagen“, so Schiller. Auch das Nachholspiel gegen Olching soll stattfinden. Einzige Einschränkung: „Wenn uns das Wetter oder die Politik nicht einen Strich durch die Rechnung macht.“Darauf muss man in diesen Zeiten immer gefasst sein.