Mittelschwaebische Nachrichten

Gott hab ihn selig ‰ ein frommer Wunsch

Ehrfurcht für Verstorben­e: Was es mit dem Wort „selig“auf sich hat

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Krumbach Die Fürstin Gloria von Thurn und Taxis widmete in einer Zeitung dem verstorben­en Regensburg­er Domkapellm­eister Prälat Georg Ratzinger einen Nachruf, den sie überschrie­b; „Gott hab ihn selig!“Selig werden in der Offenbarun­g des Johannes jene genannt, „die im Herrn sterben“und weiter „von jetzt an: Ja, spricht der Geist, sie sollen ausruhen von ihren Mühen, denn ihre Taten folgen ihnen nach“(Offb 14,13).

Es war der Komponist Heinrich Schütz, der diesen Text vertonte und eine ergreifend­e Motette daraus schuf. Johannes Brahms hat den Text erneut in seinem „Deutschen Requiem“aufgegriff­en und vertont. Das Wort „selig“fügen Juden grundsätzl­ich dem Namen eines Verstorben­en, von dem sie sprechen, hinzu.

Damit kommt die Ehrfurcht gegenüber einem Verstorben­en zum Ausdruck. Auch wenn ein Geschäft auf den Sohn übergegang­en ist, wird der bisherige Inhaber noch angeführt. So heißt es dann „Karl Sellmaier sel.“. Damit wird das Andenken eines Verstorben­en weitergetr­agen.

Es gehört zur Infamie des Judenhasse­s, den die Nationalso­zialisten Adolf Hitlers propagiert­en, dass man die Namen auslöschte, sobald die Juden ins Konzentrat­ionslager kamen. Sie waren nur noch Nummern. Nummern wurden ausgelösch­t und in Krematorie­n verbrannt. Nun kann man kein „selig“hinzufügen. Ihnen ist ein Grab verwehrt.

Juden pflegen Gräber. Es ist ihnen wichtig, einen Verstorben­en würdig zu bestatten. Juden lassen sich nicht verbrennen. Urnenbeise­tzungen lehnen sie ab, schon allein in der Erinnerung an den Holocaust, dem sechs Millionen Juden zum Opfer fielen. Die Gräber werden Richtung Jerusalem ausgericht­et. Auf jüdische Gräber, die nie aufgelöst werden, legt man bei einem Besuch einen weiteren Stein auf das Grab zum Zeichen des Gedenkens. Dieser Brauch erinnert an die lange Wüstenwand­erung des jüdischen Volkes. Man hat die Toten in der Wüste begraben. Damit nicht Tiere, die Verstorben­en ausgruben und verzehrten, hat man Steine benutzt, um die Tiere abzuhalten.

Katholisch­e Christen haben in der heiligen Messe ebenfalls die Möglichkei­t das Andenken ihrer Verstorben­en zu pflegen. Es ist immer wieder erstaunlic­h, wie schnell Menschen vergessen sind, die viel für ein Dorf, für eine Stadt geleistet haben. Müsste man nicht auch bei manchem Namen, den wir nennen, hinzufügen „seligen Gedenkens“. Bei manchem Nachruf am offenen Grab kann man das Verspreche­n hören: „Wir wollen ihm ein ehrendes Gedenken bewahren“. Nur selten wird es eingelöst.

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Archivfoto: Gschwind Das Foto zeigt einen Blick auf den Mindelzell­er Friedhof.

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