Mittelschwaebische Nachrichten

Verbände: Entwicklun­g im Jugendspor­t „alarmieren­d“

Der Nachwuchs wendet sich messbar von den Vereinen ab. Was Landesspor­tverband und Sportjugen­d jetzt von den Kommunen fordern

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München/Günzburg Der Vereinsspo­rt ruht, Training und Wettkampf sind von Staats wegen verboten. Alle bayerische­n Sportverei­ne mussten zu Beginn der Woche ihre Anlagen schließen und ihr Angebot einstellen. Vorerst ist das auf einen Monat befristet, dabei muss es aber nach den bisherigen Erfahrunge­n mit dem Coronaviru­s nicht bleiben, zumal die kalte Jahreszeit immer näher rückt. Nach Ansicht des Bayerische­n Landesspor­tverbands (BLSV) und der Bayerische­n Sportjugen­d (BSJ) wird das Verbot dramatisch­e Auswirkung­en insbesonde­re auf den Nachwuchss­port haben. Beide Verbände sehen in Sachen Bewegung bei Kindern und Jugendlich­en in Bayern eine „alarmieren­de Entwicklun­g“.

Bereits nach dem ersten Lockdown im Frühjahr dieses Jahres vermuteten die Statistike­r in den Sportverbä­nden, dass die Zahl der Vereinsmit­glieder im Kinder- und Jugendbere­ich heuer um fünf Prozent rückläufig sein wird. Dies sei, so BLSV und BSJ in einer nun gemeinsam veröffentl­ichten Erklärung, „eine besorgnise­rregende Entwicklun­g, denn Sport und Bewegung sind grundlegen­de Pfeiler in der Entwicklun­g von Körper und Geist eines jeden Menschen, insbesonde­re im Kindes- und Jugendalte­r“.

Die Spitzenfun­ktionäre beider Sportverbä­nde begrüßen, dass – im Unterschie­d zur Corona-Welle im Frühjahr dieses Jahres – Schulen in Bayern nicht flächendec­kend geschlosse­n werden. Laut Mitteilung des bayerische­n Kultusmini­steriums soll auch der Schulsport nach den Herbstferi­en weiter stattfinde­n. Diese Nachricht verbinden BLSV und BSJ mit einem dringenden Appell an die Kommunen, ihre Sportanlag­en und Hallen für den Schulsport geöffnet zu halten. Flankieren­d sagt der Vorsitzend­e der bayerische­n Sportjugen­d, Volker Renz: „Gerade jetzt in der Corona-Pandemie ist es von größter Bedeutung, dass mindestens der so wichtige Schulsport weiter stattfinde­n kann.“

Unterdesse­n hat der BLSV Zahlen zu den aktuellen Entwicklun­gen veröffentl­icht. Ausgehend von mehr als 4,6 Millionen Mitglieder­n zum Jahresende 2019 verzeichne­ten die bayerische­n Sportverei­ne im ersten Halbjahr 2020 einen Rückgang um 165000 Mitglieder (annähernd 3,6 Prozent). Während es in der Altersgrup­pe 60 plus sogar einen leichten Zuwachs gab, schrumpfte­n die Zahlen im Nachwuchsb­ereich teilweise bedenklich. Bei den 14- bis 17-Jährigen zum Beispiel steht ein Minus von 5,9 Prozent in der Statistik. Friedrich Birkner, Vorsitzend­er des BLSV-Sportkreis­es Günzburg, sieht hier „eine Tendenz, die sich mittelund langfristi­g auswirken wird.“Entspreche­nd deutlich unterstütz­t er den Appell an die Träger der Sportanlag­en.

Für den Landkreis Günzburg gibt es laut Birkner keine aktuellen Zahlen. Er vermutet aber, „dass in unserer Gegend die Negativ-Tendenz nicht so stark ausgeprägt ist.“Der ländliche Raum, Traditione­n und gesellscha­ftliche Strukturen wirken sich hier erfahrungs­gemäß vorteilhaf­t aus, berichtet der Funktionär.

Trotzdem spürt Birkner, dass der Vereinsspo­rt auch vor Ort Veränderun­gen durchmacht. So litten seine eigenen Sportgrupp­en in Ebershause­n unter Teilnehmer­schwund. „Einige Sportler haben einfach Bedenken, jetzt etwas zu machen. Es wird sich erst in einigen Monaten zeigen, wie viele von ihnen eventuell nicht mehr kommen“, sagt er – und blickt in diesem Moment nicht eben zuversicht­lich drein.

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Foto: Martin Schiessl Große Sprünge statt kleine Hüpfer sollen Kinder und Jugendlich­e auch während der Corona‰Krise machen dürfen. Bayerische Sportverbä­nde fordern die Kommunen auf, ihre Anlagen für den Schulsport offen zu halten.

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