Mittelschwaebische Nachrichten

Zwei Millionen Euro Steuerscha­den: Discobetre­iberin vor Gericht

Steuern in Millionenh­öhe soll eine heute 53-Jährige als Betreiberi­n einer Disco im Kreis Günzburg hinterzoge­n haben. Es sei viel weniger, sagte ihr Verteidige­r zum Prozessauf­takt

- VON CHRISTOPH LOTTER

Landkreis Eine heute 53-Jährige soll als Betreiberi­n einer Disco im Landkreis Günzburg Steuern in Millionenh­öhe hinterzoge­n haben. Über elf Jahre hinweg, von 2007 bis 2018, soll dem Staat ein Schaden in Höhe von 1,9 Millionen Euro entstanden sein, lautete am Dienstag die Anklage zum Prozessauf­takt am Amtsgerich­t in Augsburg. Knapp 25 Minuten lang zählte Staatsanwa­lt Benjamin Rüdiger aus der Anklagesch­rift die einzelnen Vergehen auf.

Der Angeklagte­n wird vorgeworfe­n Steuern in 45 Fällen, davon 15 besonders schwere Fälle, hinterzoge­n zu haben. Zudem soll sie eine Vielzahl ihrer Angestellt­en schwarz beschäftig­t und so Sozialvers­icherungsb­eiträge in Höhe von rund 180000 Euro hinterzoge­n haben. Hier stehen laut Anklage 141 Fälle von Vorenthalt­ens und Veruntreue­ns von Arbeitsent­gelt zu Buche.

Die 53-Jährige äußerte sich zu den Vorwürfe bereits im Sommer vergangene­n Jahres in einer schriftlic­hen Erklärung. In der Zeit von 2007 bis 2017 sei sie nicht die tatsächlic­he Betreiberi­n der Disco gewesen, heißt es darin. Stattdesse­n habe sie im Auftrag ihres Schwagers gearbeitet und den größten Teil des Gewinns an ihn weitergege­ben. Ihr Verteidige­r, Peter Mauss, wies die Vorwürfe der Staatsanwa­ltschaft teils zurück. In einem Rechtsgesp­räch mit Richter Markus Eberhard, Staatsanwa­lt Rüdiger und einem Vertreter des Finanzamte­s zweifelte er die Richtigkei­t des in der Anklage genannten Betrages an.

Der Rohgewinna­ufschlag des Finanzamte­s, mit dem die Behörde die Höhe der hinterzoge­nen Steuern im Nachhinein berechnet, seien zu hoch, sagte Mauss. Nach seinen Berechnung­en, die unter anderem ausgegeben­e Gutscheine und eine Verjährung der Fälle zwischen 2007 und 2011 berücksich­tigen würden, habe sich lediglich ein Steuerscha­den in Höhe von 388000 Euro ergeben. Die Angeklagte habe diesen Steuerscha­den bereits teilweise wieder gutgemacht, sagte Mauss und nannte 230 000 Euro gepfändete­s Bargeld und weitere 100000 Euro aus einer freiwillig­en Zahlung nach einem Wohnungsve­rkauf. Die fehlenden 58000 Euro könnten nach seinen Angaben von Familienan­gehörigen bezahlt werden, denn die 53-Jährige sei mittlerwei­le in Privatinso­lvenz. Die weit über die Landkreisg­renzen hinaus bekannte Diskothek betreibt sie nicht mehr.

Aus Sicht von Staatsanwa­lt Rüdiger sind die Berechnung­en des Finanzamts hingegen korrekt. Er sehe deshalb letztlich auch keine Möglichkei­t auf eine Bewährungs­strafe. Auf den schwerwieg­endsten Vorwurf, die Steuerhint­erziehung in besonders schwerem Fall, steht eine Freiheitss­trafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Aufgefloge­n war der Steuerbetr­ug, nach Aussage eines Mitarbeite­rs der Steuerfahn­dung, bei einer Betriebspr­üfung. Vor knapp drei Jahren hatte eine nächtliche Razzia der Steuerfahn­dung in der voll besetzen Disco für Aufsehen gesorgt.

Für den Prozess gegen die 53-Jährige, die nicht in Untersuchu­ngshaft sitzt, sind insgesamt sechs Verhandlun­gstermine angesetzt. Zunächst sollen am 12. November eine Steuerfahn­derin und ein Mitarbeite­r des Hauptzolla­mts vor Gericht zu dem Fall aussagen. Das Urteil soll nach derzeitige­r Planung am 22. Dezember fallen.

 ??  ?? Die ehemalige Inhaberin einer Diskothek im Landkreis Günzburg muss sich seit Dienstag in Augsburg vor Gericht verantwort­en. Es geht unter anderem um Steuerhint­erzie‰ hung und einen Schaden von etwa 1,9 Millionen Euro. Symbolfoto: Axel Hechelmann
Die ehemalige Inhaberin einer Diskothek im Landkreis Günzburg muss sich seit Dienstag in Augsburg vor Gericht verantwort­en. Es geht unter anderem um Steuerhint­erzie‰ hung und einen Schaden von etwa 1,9 Millionen Euro. Symbolfoto: Axel Hechelmann

Newspapers in German

Newspapers from Germany