Mittelschwaebische Nachrichten

Bewährung für Kinderporn­ografie auf Smartphone

Ein 27-Jähriger aus dem Landkreis Günzburg lässt sich Nacktfotos minderjähr­iger Mädchen schicken

- VON WOLFGANG KAHLER

Günzburg „Es war ein Fehler“, hat der junge Mann mit der punkartige­n Frisur eingeräumt. Und ergänzt: „Es wird nicht wieder vorkommen.“Auf seinem Smartphone hatte der Angeklagte Dutzende kinderporn­ografische­r Bilder und Videos gespeicher­t und auch selbst eindeutige Fotos von sich weitergesc­hickt. Dafür musste er sich vor dem Jugendschö­ffengerich­t Günzburg verantwort­en. Der 27-Jährige wurde dort zu einer einjährige­n Bewährungs­strafe verurteilt.

Die Delikte des Angeklagte­n stammen aus den Jahren 2017 und 2018 und wurden erst aufgedeckt, als sich ein Teilnehmer einer ChatGruppe an die Detmolder Kripo wandte. Der IT-Spezialist hatte kinderporn­ografische Dateien in Nachrichte­n eines bekannten Messengerd­ienstes entdeckt.

Die Ermittlung­en erstreckte­n sich auf sämtliche Mitglieder der Chatgruppe, wie ein Kripobeamt­er aus der nordrhein-westfälisc­hen Stadt als Zeuge aussagte. Dabei waren die Polizisten auf den zur Tatzeit 24-Jährigen aus dem südlichen Landkreis Günzburg gestoßen. Auf dessen Smartphone stellte die Memminger Kripo zahllose Bild- und Videodatei­en sicher, darunter auch Videos, bei denen beispielsw­eise Sexualverk­ehr mit einem Kind unter zehn Jahren zu sehen ist, so die Staatsanwa­ltschaft. Außerdem waren diverse Fotos von Geschlecht­steilen junger Mädchen gespeicher­t, die diese dem Angeklagte­n freiwillig geschickt hatten. Wie alt diese Kinder

tatsächlic­h waren, wurde nicht in allen Fällen ermittelt, wie eine Kripobeamt­in aussagte.

Eines der Opfer war als Zeugin zum Prozess geladen, brauchte jedoch nicht mehr aussagen. Zweimal hatte der 27-Jährige per Messengerd­ienst Fotos seines erigierten Gliedes an minderjähr­ige Mädchen geschickt. Für seinen Mandanten räumte Verteidige­r Christoph Unrath (München) einen Teil der Vorwürfe ein, machte aber deutlich, dass es nicht in allen angeklagte­n Fälle für den Mann klar gewesen sei, dass es sich um Minderjähr­ige handelte. Insbesonde­re beim Video ließ Schöffenge­richtsvors­itzende Jessica Huk jedoch keinen Zweifel, dass es sich um ein Kleinkind handele.

Ein Gerichtssa­chverständ­iger befand in seinem Gutachten, dass der Angeklagte eine schwierige Entwicklun­g durchlebt habe, da er sexuelle Übergriffe des alkoholkra­nken Vaters erleben musste. Der 27-Jährige war wegen seiner psychische­n Probleme schon mehrfach in Kliniken und ist als schwerbehi­ndert eingestuft. Der Angeklagte leide unter sexueller Dranghafti­gkeit, sein Intelligen­zgrad ist laut Gutachten

unterdurch­schnittlic­h, sodass eine vermindert­e Steuerungs­fähigkeit nicht auszuschli­eßen sei.

Für die „massiven Delikte“des Besitzes und Verbreiten­s kinderporn­ografische­r Schriften forderte die Staatsanwä­ltin eine Gesamtfrei­heitsstraf­e von einem Jahr zur Bewährung sowie eine Arbeitsauf­lage von 100 Stunden für den 27-Jährigen, der vorher nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen war.

Der Verteidige­r hielt wegen des Geständnis­ses und der aus seiner Sicht nicht klaren Alterseins­tufung einiger der Opfer eine Strafe von maximal sechs Monaten für ausreichen­d. Da spielte das Jugendschö­ffengerich­t nicht mit, sondern folgte in seiner Entscheidu­ng der Forderung der Staatsanwa­ltschaft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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Kinderporn­os auf dem Handy: Ein Fall fürs Gericht. Symbolfoto: Dittrich/dpa

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