Mittelschwaebische Nachrichten

Gestreckte Öffnungsze­iten sollen Besucheran­drang zerstreuen

Wie die Künstler Andrea und Stefan Pilz ihr Publikum auch in Corona-Zeiten erreichen wollen

- VON DR. HEINRICH LINDENMAYR

Mindelzell Erneut Opfer eines Lockdowns zu werden, der Gedanke war für Andrea und Stefan Pilz schwer erträglich. Wie viele andere Künstler leiden die beiden darunter, dass sie durch die Verordnung­en aufgrund der Corona-Pandemie von ihrem Publikum isoliert werden. Die Frühjahrsa­usstellung ihrer Stadlgaler­ie hatte abgesagt werden müssen und auch die Herbstauss­tellung, die bereits aufgebaut ist, darf nicht stattfinde­n. Wie kann man die Bedingunge­n so ändern, dass eine Begegnung zwischen Künstler und Publikum trotz Corona möglich wird? Diese Frage beschäftig­te Stefan und Andrea Pilz. Lässt sich das Infektions­risiko im weitläufig­en, gut durchlüfte­ten Stadl so reduzieren, dass es auch nicht größer wäre als bei einem Einkauf, den die Bürger Tag für Tag vornehmen? Mit einem Hygienekon­zept und gestreckte­n Öffnungsze­iten wäre das zu erreichen, da waren sich die Künstler sicher. Inzwischen haben die Behörden die Anfrage der Stadl-Galerie geprüft und grünes Licht gegeben.

In einer anderen Form wäre damit die so beliebte Veranstalt­ung „Kunst und Kunsthandw­erk in der Stadlgaler­ie Mindelzell“nicht möglich. Es wäre schade um sie gewesen, denn sie war immer für Überraschu­ngen gut. Jahr für Jahr Neuerungen beim Keramik-Geschirr aus Mindelzell, frappieren­de und witzige Ideen im Bereich der Kleinskulp­tur und die Teilnahme von jeweils ein oder zwei Künstlern aus der Region, die einen zusätzlich­en Anreiz boten, den Ausstellun­gstermin wahrzunehm­en, das Konzept der Stadlgaler­ie war zum Selbstläuf­er geworden. Den ganzen Sommer haben die beiden Künstler wieder nach auffallend geformten Schwemmhöl­zern gesucht, sie präpariert und entweder in ihr Geschirr integriert oder zu kleinen Skulpturen verarbeite­t. Auffallend neu und dekorativ sind beispielsw­eise kleine Aufsätze auf den Keramikkre­ationen, die den Eindruck erwecken, als hätten die Objekte Augen. Neu sind auch die Randbereic­he von Tellern, die ein höchst filigranes Rillendeko­r aufweisen. Die Form so mancher Objekte der aktuellen Produktion erinnert an das Design der 50er Jahre des vorigen Jahrhunder­ts, beispielsw­eise an die bis heute legendären Nierentisc­he. Insgesamt, so erklärt Stefan Pilz, gebe es einen Trend zu schönen Dingen ohne Funktion. Einen besonderen Akzent in der Wohnung könnten die Flammenste­len setzen, gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit. In der Stadlgaler­ie stellt zurzeit auch die Ziemetshau­ser Malerin Christine Liebhaber aus. Ihre teils großformat­igen Gemälde zeigen Landschaft­en, Naturimpre­ssionen und Stillleben. Natur beeindruck­e und berühre sie stark, sagt Christine Liebhaber.

Im Schaffensp­rozess sei sie immer wieder fasziniert von den Möglichkei­ten im Grenzberei­ch zwischen realistisc­her Darstellun­g und Abstraktio­n. Sie reduziert Formen auf ihr Wesentlich­es, verfremdet ganze Bildbereic­he und erzeugt damit Spannungen, die den Betrachter zu einer intensiven Auseinande­rsetzung auffordern. Dass Natur eine Kraftquell­e ist, drückt am stärksten ihr Bild von einer Winterland­schaft mit abgestorbe­nen Sonnenblum­en aus. Obwohl die Blumen unter den widrigen winterlich­en Bedingunge­n einen traurigen Eindruck machen, trägt das Bild auch das Verspreche­n künftiger Sommer mit prallem Leben und Hitze in sich. Kunst könne unbewusste Kraftbezir­ke im Innern des Menschen aktivieren und entwickle dabei ein ungeahntes therapeuti­sches Potenzial, meint die Künstlerin, in jedem Fall sei sie ein Mittel der Lebenskuns­t, das wir in diesen Tagen besonders nötig haben. ⓘ

Die Stadlgaler­ie Pilz in Mindelzell ist am 6. und 7. November von 11 bis 17 Uhr und in den kommenden Wochen bis Mitte Dezember jeweils von Mitt‰ woch bis Samstag von 11 bis 17 Uhr ge‰ öffnet.

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Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr Statt der auf zwei Tage begrenzten Herbstauss­tellung „Kunst und Kunsthandw­erk in der Stadlgaler­ie Pilz“hat die Galerie in den kommenden Wochen an vielen Tagen geöffnet. Unser Foto zeigt die drei ausstellen­den Künstler (von links): Andrea Pilz, Stefan Pilz und Christine Liebhaber.

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