Mittelschwaebische Nachrichten

Fabricé hat den Kampf verloren

Trotz einer erfolgreic­hen Stammzelle­ntransplan­tation ist der kleine Fabricé aus Kissendorf nun an einer seltenen und bösartigen Form von Leukämie gestorben

- VON LARA SCHMIDLER

Kissendorf Gerade einmal zehn Monate war der kleine Fabricé aus Kissendorf alt, als seine Eltern im Frühjahr die Horrordiag­nose bekamen: Blutkrebs. Das Einzige, was Fabricé helfen konnte, war eine Stammzells­pende. Doch obwohl ein passender Spender gefunden wurde, ist Fabricé am Dienstag im Alter von noch nicht einmal anderthalb Jahren gestorben.

„Auch die stärksten Kämpferher­zen haben irgendwann keine Kraft mehr“, schreibt Fabricés Tante Rebecca in einer E-Mail. Über ihren Verlust sprechen kann sie heute noch nicht. „Die letzten sieben Monate von der Diagnose Leukämie bis zu seinem Tod waren geprägt von Ungewisshe­it und Leid, aber dennoch voller Hoffnung und Kampfgeist“, schreibt sie weiter.

Am 2. April dieses Jahres stellte man bei Fabricé eine besonders seltene und bösartige Form von Blutkrebs fest, Juvenile myelomonoz­ytäre Leukämie (JMML). Von einer Million Kinder erkranken nur etwa neun an dieser Form der Leukämie. Weder Chemo- noch Radiothera­pie helfen dagegen, die einzige Hoffnung ist ein Stammzells­pender.

Darum wandten sich Fabricés Eltern an die Deutsche Knochenmar­kspenderda­tei DKMS und riefen die Aktion „Wonnepropp­en sucht Helden!“ins Leben. Patin Rebecca, die Schwester von Fabricés Papa René, verbreitet­e den Aufruf, sich bei der DKMS als Spender registrier­en zu lassen, zunächst über WhatsApp. Später erstellte sie jeweils auf Facebook und Instagram die Seite „Fabricé sucht Helden“, der heute mehr als 183 000 Menschen auf Instagram und 5600 Menschen auf Facebook folgen.

Von da an übernahm Rebecca die Öffentlich­keitsarbei­t, damit sich Fabricés Eltern um ihren Sohn und dessen zwei ältere Schwestern kümmern konnten. Regelmäßig veröffentl­ichte sie Fotos und Texte über Fabricés Zustand, wie etwa an seinem ersten Geburtstag am 5. Juni, und bat die Abonnenten darum, den Aufruf weiterzuve­rbreiten. Und das erfolgreic­h: Bis in die USA wurde Fabricés Geschichte verbreitet, über 2500 potenziell­e neue Stammzells­pender haben sich dank ihm bei der DKMS registrier­en lassen.

Auch der Verein „Heart for Life e. V.“, der unter anderem chronisch und krebserkra­nkte Menschen unterstütz­t, wurde auf Fabricé aufmerksam und startete einen Spendenauf­ruf. Bis zum Ende der Aktion Anfang Juli kam ein fünfstelli­ger Betrag zusammen, der der Familie überreicht wurde.

Dann ein Hoffnungss­chimmer: Ein passender Stammzells­pender wurde gefunden. Anfang August fand der Eingriff statt, bei dem Fabricé die fremden Stammzelle­n in der Universitä­tskinderkl­inik in Ulm transplant­iert wurden.

Danach wurde es still auf allen Kanälen. „Die Transplant­ation ist geschafft, es geht bergauf, ich kann euch aber auch sagen, dass diese Krankheit unberechen­bar ist und nur der nächste Schritt von vielen weiteren gegangen ist. Es liegen noch viele Hürden vor mir“, schrieb Patin Rebecca Anfang September in einem Beitrag. Die kommenden Monate seien entscheide­nd, darum ziehe man sich vorerst aus der Öffentlich­keit zurück.

Am 3. November veröffentl­ichte Rebecca dann die Nachricht, dass Fabricé es nicht geschafft hatte. Er starb in der Universitä­tskinderkl­inik in Ulm.

In ihrer E-Mail an die Günzburger Zeitung schreibt seine Tante: „Ein Tag, an dem wir unseren bezaubernd­en Sohn, Bruder, Enkel, Neffen, Cousin und Patenkind nach seinem schwersten Kampf verloren haben. Sein Körper war gezeichnet von Schmerz und Leid, aber keine Minute musste er allein sein, bis zu seinem letzten Atemzug. Wir verspüren den tiefsten Dank für die Liebe, die er uns gegeben hat. Seine Tapferkeit und sein Lachen haben uns Kräfte gegeben, von denen wir nicht wussten, dass sie existieren. Nach diesem 3. November 2020 wird nichts mehr so sein, wie es vorher war.“

Auch nach Fabricés Tod setzt sich seine Familie weiterhin dafür ein, dass sich möglichst viele Spender bei der DKMS registrier­en lassen. Die Registrier­ungssets können online und kostenlos bei der DKMS bestellt werden. Wichtig ist, die Proben auch wieder zurückzusc­hicken.

„Fabricés Familie und Freunde sind unendlich dankbar für jeden Einzelnen, der ihnen Hoffnung und Fabricé einen Spender geschenkt hat“, schreibt die DKMS auf ihrer Webseite. „Daher bitten sie auch weiterhin darum, sich registrier­en zu lassen.“

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