Mittelschwaebische Nachrichten

Gibt es schon bald einen Corona‰Impfstoff?

Deutscher Hersteller Biontech meldet entscheide­nden Erfolg. Die Börsen jubeln

- VON MICHAEL STIFTER

Mainz Endlich Hoffnung auf einen Corona-Impfstoff: Das deutsche Pharmaunte­rnehmen Biontech will schon in der kommenden Woche gemeinsam mit dem US-Riesen Pfizer die Zulassung für sein Präparat beantragen. Zwischener­gebnisse der letzten und entscheide­nden Studienpha­se belegen offenbar, dass eine Impfung mit dem Wirkstoff zu mehr als 90 Prozent davor schützt, an Covid-19 zu erkranken. Wenn es stimmt, dass an der Börse die Zukunft gehandelt wird, haben sich die Aussichten, die Corona-Krise bald zu bewältigen, damit deutlich verbessert. Der Kurs der Biontech-Aktie stieg phasenweis­e um mehr als 25 Prozent. Auch der Deutsche Aktieninde­x mit den 30 wichtigste­n Börsenunte­rnehmen des Landes legte massiv zu.

Seit Mitte Januar arbeiten die beiden Unternehme­n an dem Impfstoff, auf den die Welt wartet. Dementspre­chend euphorisch verkündete­n sie nun ihren Durchbruch. „Heute ist ein großartige­r Tag für die Wissenscha­ft und die Menschheit“, teilte Pfizer-Chef Albert Bourla mit. „Dies ist ein Sieg der Innovation, der Wissenscha­ft und eine weltweite Gemeinscha­ftsarbeit“, fügte Biontech-Gründer Ugur Sahin hinzu. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn nannte die Neuigkeite­n „sehr ermutigend“, betonte allerdings, man müsse weitere Erfahrunge­n abwarten. „Das heißt noch nicht, dass morgen die Zulassung erfolgt“, sagte der CDU-Politiker.

An der Erprobung des Impfstoffs, der in zwei Dosen verabreich­t wird, nehmen aktuell fast 44 000 Testperson­en teil. Die meisten von ihnen haben schon die zweite Dosis erhalten. Biontech und Pfizer bauen ihre Produktion­skapazität­en massiv aus. Clemens Wendtner von der München Klinik Schwabing nannte die Nachricht vom Montag einen „Silberstre­ifen an dem sonst so düsteren Horizont“. Sollte die Zulassung erfolgen, könnte nach seiner Einschätzu­ng noch Ende des Jahres „eine Impfwelle anrollen“.

Das Mainzer Unternehme­n Biontech will den Impfstoff „fair“verteilen. Allerdings werden die zur Verfügung stehenden Mengen nicht für alle Menschen reichen, die sich impfen lassen wollen. Der Bund kümmert sich um die Beschaffun­g des Impfstoffe­s, die Länder bauen Impfzentre­n auf. Im Freistaat sollen außerdem mobile Teams zum Beispiel die Bewohner von Altenheime­n impfen. Wie viele Dosen ein Bundesland bekommt, richtet sich nach der Bevölkerun­gszahl. Bayerns Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml rechnet nicht damit, dass das erste Kontingent flächendec­kend für die gesamte Bevölkerun­g zur Verfügung stehen wird. „Deshalb

„Heute ist ein großartige­r Tag für die Wissenscha­ft und die Menschheit.“Albert Bourla, Chef des Pharmaries­en Pfizer

ist eine Priorisier­ung des Angebots in der Anfangspha­se notwendig“, sagte die CSU-Politikeri­n am Montag. Mit der Frage, wer Priorität hat, haben sich auch der Ethikrat, die Wissenscha­ftsakademi­e Leopoldina und die Ständige Impfkommis­sion des Robert-Koch-Instituts im Auftrag der Bundesregi­erung beschäftig­t. Ihre Empfehlung: Sobald ein Präparat zugelassen ist, sollen zunächst Ältere, Personen mit Vorerkrank­ungen sowie Mitarbeite­r in Krankenhäu­sern und Pflegeheim­en geimpft werden.

Im Kommentar bewertet Michael Pohl den Hoffnungss­chimmer. Auf der Dritten Seite beschreibt Stephanie Sartor den Alltag in einem Gesundheit­samt in der Region, wo man kaum noch nachkommt, die Kontaktper­sonen von Infizierte­n zu ermitteln. Um die Frage, wer den neuen Impfstoff als Erstes bekommt und wie das mit der normalen Grippe ist, geht es in der Politik.

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