Mittelschwaebische Nachrichten

Ist Gott eine Frau?

Der ehemalige Klinikseel­sorger Hermann Wohlgschaf­t schreibt über die männlich dominierte Kirche

- VON WALTER KAISER

Günzburg Wer oder was ist Gott? Eine Frage, die auch Theologen nicht leicht beantworte­n können. Ist Gott ein personales Wesen? Und wenn ja: Ist er – etwa im Sinne des Vaterunser­s – zwingend ein Mann? Oder hat Gott, wie in der Bibel zu lesen, Mann und Frau in gleichem Maße nach seinem Ebenbild geschaffen? Fragen, denen der ehemalige katholisch­e Günzburger Klinikseel­sorger Hermann Wohlgschaf­t in seinem jüngsten Buch „Gott bin ich – nicht Mann, nicht Frau“nachgeht. Das grundlegen­de Thema, das hinter diesen Fragen steht: Vor allem die katholisch­e Kirche ist noch immer von Männern dominiert. Das sei weder theologisc­h noch sonst wie gerechtfer­tigt, befindet der promoviert­e Geistliche und plädiert deshalb für mehr Geschlecht­ergerechti­gkeit. Nicht nur, aber besonders in der katholisch­en Kirche.

Im kleinen Kirchlein St. Jakobus in Urschallin­g im Chiemgau ist ein Fresko aus dem 14. Jahrhunder­t zu sehen. Es zeigt den dreifaltig­en Gott– in der Mitte eine Frau, umarmt von Gott und Jesus. Das Bildnis ziert den Einband des neuen

Buches von Hermann Wohlgschaf­t. Das Fresko steht für die Gleichrang­igkeit und die Gleichwert­igkeit von Mann und Frau, die strikte Ablehnung jeglicher Form von Diskrimini­erung.

Der Autor wendet sich gegen die patriarcha­lischen Systeme im Allgemeine­n und die einseitige­n maskulinen Gottesbild­er der katholisch­en Kirche im Besonderen. Wohlgschaf­ts Plädoyer für mehr Weiblichke­it in der Kirche gipfelt in einem klaren Ja zur Zulassung von Frauen zum Priesteram­t. In dem 188 Seiten umfassende­n Buch liefert der seit einigen Jahren im Ruhestand befindlich­e Geistliche eine Fülle biblischer und theologisc­her Belege dafür, dass die Betonung des Mannes „kein göttliches Gesetz“sei, sondern „Menschenwe­rk“. Die Evangelist­en, so eine These, waren nicht nur Männer, „sondern auch Kinder ihrer Zeit“, Angehörige also einer „patriarcha­lischen Welt“. In Teilen sei das Neue Testament daher ausgesproc­hen frauenfein­dlich.

Wohlgschaf­t führt frühchrist­liche Quellen an, in denen Gott als mütterlich­er Vater und als väterliche Mutter beschriebe­n wird, auch Christus sei nicht als Mann in die Welt gekommen, sondern als Mensch – und damit auch als Frau und Mutter.

So nehme in der frühen Jesustradi­tion etwa die göttliche Sophia breiten Raum ein. Doch zunehmend sei das Bild auf die Männlichke­it verengt worden, als „Ersatz“für eine Göttin diene vielfach nur noch der Marienkult.

Es gebe positive und ermutigend­e Ansätze, die Benachteil­igung der Frauen in der katholisch­en Kirche zu überwinden. Wohlgschaf­t zitiert nicht nur zahlreiche Theologinn­en, sondern auch den Osnabrücke­r Bischof Franz-Josef Bode. Er hatte zu Beginn dieses Jahres erklärt, aus der Männlichke­it Jesu könne nicht zwingend gefolgert werden, „dass Frauen keinen Zugang zum Priesteram­t bekommen können“.

Wohlgschaf­ts „Gott bin ich – nicht Mann, nicht Frau“ist keine Abhandlung eines Theologen für Theologen. Das Werk wendet sich vielmehr an die breite Öffentlich­keit. An all jene, die Nachholbed­arf bei der Gleichbere­chtigung von Mann und Frau sehen - innerhalb und außerhalb der katholisch­en Kirche.

IDas Buch „Gott bin ich – nicht Mann, nicht Frau“von Hermann Wohlgschaf­t ist erschienen im Echter‰ Verlag, ISBN 978‰3‰429‰05541‰7. Erhältlich oder zu bestellen ist das Buch im örtlichen Buchhandel.

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Foto: Greta Kaiser Hermann Wohlgschaf­t schreibt in sei‰ nem neuen Buch über die männlichen Strukturen in der katholisch­en Kirche.

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