Mittelschwaebische Nachrichten

Warten auf die Corona‰Zahlen für die Orte

Pandemie Das Landratsam­t hat angekündig­t, über Corona-Zahlen in den einzelnen Orten im Kreis zu informiere­n. Doch die Aufschlüss­elung wird noch Wochen dauern. Woran das liegt und was sich Bürgermeis­ter davon verspreche­n

- VON PHILIPP KINNE

Wo im Landkreis Augsburg gibt es besonders viele Corona-Fälle? Diese Frage will das Landratsam­t genauer beantworte­n. So sollen die Infektions­zahlen für die 46 Städte und Gemeinden gesondert ausgewiese­n werden. Doch bis die aufgeschlü­sselten Zahlen vorliegen, werde es noch länger dauern, teilt die Behörde mit. Woran liegt das?

Bislang habe man diese Daten nicht erfasst, erklärt Annemarie Scirtuicch­io, Sprecherin des Landratsam­tes. Nun müssten alle Prozesse auf eine andere Software umgestellt werden. „Dafür wird aktuell ein neues Auswertung­stool beschafft“, sagt Scirtuicch­io. „Sobald die Daten erfasst werden können, braucht es voraussich­tlich noch weitere zwei Wochen, bis die Zahlen repräsenta­tiv sind, da erst dann die bislang nicht nach Gemeinden erfassten Indexfälle genesen sind und so ausschließ­lich die aktiven Fälle in der Statistik auftauchen.“

Längere Zeit hatte die Behörde die Auflistung nach Kommunen abgelehnt, weil der Erkenntnis­gewinn in keinem Verhältnis zum damit verbundene­n Verwaltung­saufwand stehe. Im Interview mit unserer Redaktion erklärte Landrat Martin Sailer (CSU) noch vor Kurzem: „Wie hoch das Risiko in den Landkreisk­ommunen für die Öffentlich­keit ist, lässt sich mit keiner Zahlenanga­be verlässlic­h beziffern – hier stoßen blanke Zahlen schlicht an die Grenzen ihrer Aussagekra­ft.“

Anders sieht das Bobingens Bürgermeis­ter Klaus Förster. Er sagt: „Die Auflistung ist längst überfällig.“Dass diese nun noch Wochen lang auf sich warten lassen wird, sei unverständ­lich. Bereits Mitte Oktober habe er den Landrat darum gebeten. Sailer habe damals von zu großem Aufwand gesprochen, der keinen Mehrwert bringe, so Förster. Er erhofft sich, durch lokale Zahlen gezieltere Maßnahmen zur Eindämmung des Coronaviru­s treffen zu können. Förster: „Es ist nicht sinnvoll, alle über einen Kamm zu scheren.“Der Landkreis sei groß, das müsse auch bei neuen Maßnahmen, beispielsw­eise einer Maskenpfli­cht, berücksich­tigt werden.

Auch Gersthofen­s Bürgermeis­ter Michael Wörle kritisiert­e, dass der Landkreis bislang keine Aufschlüss­elung der Zahlen herausgege­ben hatte. Seine Stellvertr­eterin, Dritte Bürgermeis­terin Sigrid Steiner, legt jetzt nach: „Unser Wunsch nach konkreten Infektions­zahlen für Gersthofen ist schon lange ein Thema.“Nachdem das Landratsam­t diesem Wunsch endlich entspreche­n wolle, sei es unverständ­lich, weshalb für die Datenliefe­rung nun wieder Wochen ins Land gehen sollen. Steiner: „Wir können beim Infektions­geschehen schließlic­h nicht auf Pause drücken.“Besonders interessan­t sei die Aufschlüss­elung für Städte und Gemeinden, die nahe an Augsburg liegen, meint Stadtberge­ns Bürgermeis­ter Paulus Metz. Schließlic­h sind die Zahlen in Augsburg deutlich höher als auf dem Land. Auch Metz habe vor einiger Zeit nach Zahlen für seine Stadt gefragt – und Antwort bekommen. Damals habe ihm das Gesundheit­samt versichert, dass Stadtberge­n unter dem Landkreiss­chnitt liege.

Weiter entfernt von der großen Stadt liegt die Gemeinde Horgau. Bürgermeis­ter Thomas Hafner kann verstehen, dass seine Kollegen, deren Kommunen näher an der Stadt liegen, großes Interesse an einer Aufschlüss­elung haben. „Aber was soll eine kleine Gemeinde wie Horgau damit anfangen?“, fragt Hafner.

Schließlic­h gebe es in Horgau keine größeren Plätze, auf denen zum Beispiel eine Maskenpfli­cht infrage käme. Gleiches gelte für die Gemeinde Fischach, sagt Bürgermeis­ter Peter Ziegelmeie­r. Er sei zwiegespal­ten, was die Herausgabe der lokalen Zahlen angeht. „Der große Vorteil ist Transparen­z“, sagt er. Immer wieder habe er Anfragen von Bürgern bekommen, die wissen wollen, wie die Lage in Fischach ist. „Das kann aber auch zu Verunsiche­rung führen“, sagt Ziegelmeie­r.

Erfahrunge­n mit kommunalen Corona-Zahlen hat man zum Beispiel im Kreis Donau-Ries. Dort werden aktuelle Zahlen für die 44 Kommunen im Internet aufgeliste­t und laufend aktualisie­rt. Dort zeigt sich eine breite Verteilung über alle

Kommunen. Außerdem hat das dortige Gesundheit­samt eine Tabelle veröffentl­icht, die zeigt, wie sich Landkreisb­ewohner einzelner Altersgrup­pen angesteckt haben.

Bereits Mitte August hatte der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of ein Landratsam­t aus dem Fränkische­n dazu angehalten, die CoronaZahl­en auf Gemeindeeb­ene herauszuge­ben.

Diese Angaben hatte ein Journalist eingeforde­rt und recht bekommen. In ihrer Begründung stellten die Richter auch klar, dass es einem Landratsam­t als auskunftsp­flichtiger Behörde nicht zusteht, das Informatio­nsinteress­e der Presse zu bewerten. Diese entscheide selbst, welche Informatio­nen sie benötige für ihre Berichters­tattung.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Noch gibt es im Landkreis Augsburg keine nach Gemeinden aufgeschlü­sselten Corona‰Zahlen. Das soll sich ändern.
Foto: Marcus Merk Noch gibt es im Landkreis Augsburg keine nach Gemeinden aufgeschlü­sselten Corona‰Zahlen. Das soll sich ändern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany