Mittelschwaebische Nachrichten
Warten auf die CoronaZahlen für die Orte
Pandemie Das Landratsamt hat angekündigt, über Corona-Zahlen in den einzelnen Orten im Kreis zu informieren. Doch die Aufschlüsselung wird noch Wochen dauern. Woran das liegt und was sich Bürgermeister davon versprechen
Wo im Landkreis Augsburg gibt es besonders viele Corona-Fälle? Diese Frage will das Landratsamt genauer beantworten. So sollen die Infektionszahlen für die 46 Städte und Gemeinden gesondert ausgewiesen werden. Doch bis die aufgeschlüsselten Zahlen vorliegen, werde es noch länger dauern, teilt die Behörde mit. Woran liegt das?
Bislang habe man diese Daten nicht erfasst, erklärt Annemarie Scirtuicchio, Sprecherin des Landratsamtes. Nun müssten alle Prozesse auf eine andere Software umgestellt werden. „Dafür wird aktuell ein neues Auswertungstool beschafft“, sagt Scirtuicchio. „Sobald die Daten erfasst werden können, braucht es voraussichtlich noch weitere zwei Wochen, bis die Zahlen repräsentativ sind, da erst dann die bislang nicht nach Gemeinden erfassten Indexfälle genesen sind und so ausschließlich die aktiven Fälle in der Statistik auftauchen.“
Längere Zeit hatte die Behörde die Auflistung nach Kommunen abgelehnt, weil der Erkenntnisgewinn in keinem Verhältnis zum damit verbundenen Verwaltungsaufwand stehe. Im Interview mit unserer Redaktion erklärte Landrat Martin Sailer (CSU) noch vor Kurzem: „Wie hoch das Risiko in den Landkreiskommunen für die Öffentlichkeit ist, lässt sich mit keiner Zahlenangabe verlässlich beziffern – hier stoßen blanke Zahlen schlicht an die Grenzen ihrer Aussagekraft.“
Anders sieht das Bobingens Bürgermeister Klaus Förster. Er sagt: „Die Auflistung ist längst überfällig.“Dass diese nun noch Wochen lang auf sich warten lassen wird, sei unverständlich. Bereits Mitte Oktober habe er den Landrat darum gebeten. Sailer habe damals von zu großem Aufwand gesprochen, der keinen Mehrwert bringe, so Förster. Er erhofft sich, durch lokale Zahlen gezieltere Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus treffen zu können. Förster: „Es ist nicht sinnvoll, alle über einen Kamm zu scheren.“Der Landkreis sei groß, das müsse auch bei neuen Maßnahmen, beispielsweise einer Maskenpflicht, berücksichtigt werden.
Auch Gersthofens Bürgermeister Michael Wörle kritisierte, dass der Landkreis bislang keine Aufschlüsselung der Zahlen herausgegeben hatte. Seine Stellvertreterin, Dritte Bürgermeisterin Sigrid Steiner, legt jetzt nach: „Unser Wunsch nach konkreten Infektionszahlen für Gersthofen ist schon lange ein Thema.“Nachdem das Landratsamt diesem Wunsch endlich entsprechen wolle, sei es unverständlich, weshalb für die Datenlieferung nun wieder Wochen ins Land gehen sollen. Steiner: „Wir können beim Infektionsgeschehen schließlich nicht auf Pause drücken.“Besonders interessant sei die Aufschlüsselung für Städte und Gemeinden, die nahe an Augsburg liegen, meint Stadtbergens Bürgermeister Paulus Metz. Schließlich sind die Zahlen in Augsburg deutlich höher als auf dem Land. Auch Metz habe vor einiger Zeit nach Zahlen für seine Stadt gefragt – und Antwort bekommen. Damals habe ihm das Gesundheitsamt versichert, dass Stadtbergen unter dem Landkreisschnitt liege.
Weiter entfernt von der großen Stadt liegt die Gemeinde Horgau. Bürgermeister Thomas Hafner kann verstehen, dass seine Kollegen, deren Kommunen näher an der Stadt liegen, großes Interesse an einer Aufschlüsselung haben. „Aber was soll eine kleine Gemeinde wie Horgau damit anfangen?“, fragt Hafner.
Schließlich gebe es in Horgau keine größeren Plätze, auf denen zum Beispiel eine Maskenpflicht infrage käme. Gleiches gelte für die Gemeinde Fischach, sagt Bürgermeister Peter Ziegelmeier. Er sei zwiegespalten, was die Herausgabe der lokalen Zahlen angeht. „Der große Vorteil ist Transparenz“, sagt er. Immer wieder habe er Anfragen von Bürgern bekommen, die wissen wollen, wie die Lage in Fischach ist. „Das kann aber auch zu Verunsicherung führen“, sagt Ziegelmeier.
Erfahrungen mit kommunalen Corona-Zahlen hat man zum Beispiel im Kreis Donau-Ries. Dort werden aktuelle Zahlen für die 44 Kommunen im Internet aufgelistet und laufend aktualisiert. Dort zeigt sich eine breite Verteilung über alle
Kommunen. Außerdem hat das dortige Gesundheitsamt eine Tabelle veröffentlicht, die zeigt, wie sich Landkreisbewohner einzelner Altersgruppen angesteckt haben.
Bereits Mitte August hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ein Landratsamt aus dem Fränkischen dazu angehalten, die CoronaZahlen auf Gemeindeebene herauszugeben.
Diese Angaben hatte ein Journalist eingefordert und recht bekommen. In ihrer Begründung stellten die Richter auch klar, dass es einem Landratsamt als auskunftspflichtiger Behörde nicht zusteht, das Informationsinteresse der Presse zu bewerten. Diese entscheide selbst, welche Informationen sie benötige für ihre Berichterstattung.