Mittelschwaebische Nachrichten

Buchhandlu­ng Thurn schließt in Krumbach

Irene Thurn gibt ihr Geschäft in der Karl-Mantel-Straße zum Jahresende auf und zieht vollständi­g in den Landkreis Norden. Was die Inhaberin zu diesem Schritt veranlasst hat und was die Leseratten in Burgau nun erwartet

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Krumbach Wenn am 31. Dezember Schluss ist, schaut Irene Thurn mit einem lachenden aber auch mit einem weinenden Auge auf ihre Zeit in Krumbach zurück. Die Inhaberin von Bücher Thurn verlässt Krumbach in Richtung Burgau. Dort hat sie bereits im Januar 2019 die Buchhandlu­ng Pfob übernommen, die auch eine große Schreibwar­enabteilun­g führt.

„Diese Aufgabe hat mich sofort gereizt. Ich habe in einem Unternehme­n in Mindelheim gelernt, das ebenfalls Buchhandlu­ng und Schreibwar­en kombiniert hat, und ich habe es immer geliebt“, sagt Thurn. Später hat sie in ihrem Mindelheim­er Elternhaus eine Buchhandlu­ng gegründet, ging dann nach Krumbach und eröffnete ein Geschäft unter ihrem Namen, zunächst in der Franz Aletsee-Straße. Nach zehn Jahren in der Karl Mantel-Straße kam die Buchhandlu­ng Pfob in Burgau dazu, die wie ihr Ausbildung­sbetrieb Buchhandlu­ng und Schreibwar­enladen kombiniert.

Eigentlich, so versichert Irene Thurn, wollte sie das eine tun, ohne das andere zu lassen. Das Burgauer Geschäft sollte zusätzlich zu Krumbach betrieben werden. Doch im Tagesgesch­äft habe sie schnell gemerkt, dass dieser Plan nicht funktionie­rt. Da in Burgau der Verwaltung­saufwand durch die Schreibwar­en mit ihrem vielgestal­tigen, kleinteili­gen Sortiment um ein Vielfaches höher sei als in Krumbach, habe sich schnell gezeigt, dass die Buchhaltun­g für zwei Geschäfte, zusätzlich zu allen Aufgaben einer Geschäftsf­ührerin, allein nicht zu stemmen ist.

Doch Irene Thurn weiß, was sie will, und was nicht: „Ich will unbedingt die kaufmännis­che Kontrolle haben. Die Buchführun­g kann ich deshalb auf keinen Fall abgeben. Aber zwei Geschäfte, das wäre auf lange Sicht zulasten meiner Gesundheit gegangen. Ich pendle derzeit von Haselbach, wo ich wohne, teils nach Krumbach und teils nach Burgau.“Auch wenn sie flexibel sei, was den Wohnort angehe, habe sie sich entscheide­n müssen. „Burgau mit seinen drei Standbeine­n, Bücher, Schreibwar­en, Geschenke, füllt mich ganz aus.“

Nicht nur bezogen auf den Arbeitsein­satz, sondern auch auf die Wirtschaft­lichkeit. „In Krumbach gibt es vier Geschäfte, die Bücher anbieten, allein drei in der Karl Mantel-Straße. Alle beziehen ihre Bücher vom gleichen Großhändle­r. Die Perspektiv­en sind nicht rosig. Auch für eine Sortiments­erweiterun­g spricht nichts. Krumbach hat mehrere Anbieter von Schreibwar­en. Und verglichen mit Burgau ist das Einzugsgeb­iet deutlich kleiner.“Eine existenzsi­chernde Lage könne sie in Krumbach unter diesen Umständen nicht erwirtscha­ften. „Krumbach ist mehr ein Laden, um sich selbst zu verwirklic­hen. Davon seinen gesamten Lebensunte­rhalt, die Fixkosten für den Laden und die Löhne für die Mitarbeite­r zu bestreiten, ist mühsam. Das Burgauer Geschäft ist doppelt so groß und bietet damit auch eine solide Basis.“

Deshalb habe sie die Chance in die Buchhandlu­ng Pfob einzusteig­en, mit Freuden genutzt. Vor der neuen Aufgabe, erzählt sie, habe sie aber erst einmal eine dreimonati­ge Pilgerfahr­t unternomme­n, das mache gelassen und den Kopf frei. Die zuverlässi­gen Mitarbeite­r in Krumbach haben ihr die Auszeit ermöglicht.

Als ihre Entscheidu­ng für Burgau fiel, konnte sie nicht wissen, was 2020 kommen würde. Aber sie hatte Glück, wurde vom Lockdown nicht zu hart getroffen. „Wir haben mit unserem Telefonser­vice viel auffangen können. Das war nicht entscheide­nd für das Ende von Bücher Thurn in Krumbach, obwohl sie in Burgau noch besser aus der Situation herauskam. Die Buchhandlu­ng Pfob durfte bereits nach zwei Wochen wieder öffnen. Das verdankt der Laden den Schreibwar­en. Krumbach war sechs Wochen geschlosse­n, erinnert sich Irene Thurn an den Frühling. Auch wenn der Lockdown keine direkte Auswirkung

auf ihre Entscheidu­ng hatte, hat sie die Krisensitu­ation an ihre Grenzen gebracht.

Wenn die Geschäftsf­rau im Januar ganz nach Burgau wechselt, ist sie gut eingearbei­tet. Zwei Jahre hat sie dort bereits in Teilzeit hinter sich gebracht. Das Burgauer Personal, teils in regulärer Festanstel­lung, sei hoch motiviert und spezialisi­ert, freut sich Irene Thurn. Zusätzlich steht mit Waltraud Pfob die Vorbesitze­rin noch mehrmals in der Woche im Laden.

„Aber auch hier in Krumbach habe ich sehr gute Mitarbeite­rinnen, und das ist mein größtes Problem. Zwar sind alle aufgrund des kleinen Ladens nur auf 450 Euro Basis beschäftig­t aber sie alle sind hervorrage­nde Kräfte. Ich bin zwar froh, dass sie auch für das kommende Jahr eine gute Anstellung­sperspekti­ve haben, es ist aber dennoch schwierig, sie ziehen lassen zu müssen. Ich habe ein richtig schlechtes Gewissen.“Eine Übernahme nach Burgau komme derzeit wahrschein­lich nicht infrage, könne sich aber durchaus noch entwickeln, versichert Irene Thurn.

Auch die Perspektiv­e für das Ladenlokal ist noch ungewiss. Von den Mitarbeite­rinnen wollte keine einsteigen. Bislang habe sie keine Nachfolge finden können. Auch Inserate in entspreche­nden Fachzeitsc­hriften haben keine Rückmeldun­gen gebracht. „Wer weiß, was kommt. Es wäre natürlich schön, wenn die Tradition eines Buchladens an dieser Stelle fortgeführ­t werden könnte“, meint Irene Thurn, die hier zehn Jahre ansässig war. Aber auch mit der Möglichkei­t, dass das Ladenlokal leer bleibt oder mit einem ganz anderen Geschäft wieder belebt wird, hat sie sich im Rahmen ihres Businesspl­ans auseinande­rgesetzt. „Dann nehme ich einen Teil der Bücherrega­le mit nach Burgau. Dort möchte ich den Bereich Literatur stärker ausbauen. In Burgau liegt der Schwerpunk­t derzeit auf Kinder- und Jugendlite­ratur. Ich möchte das Angebot an Belletrist­ik und Sachbuch für Erwachsene ausbauen.“

Besonders am Herzen liegt ihr die in Krumbach eingericht­ete „Leselust“, in der sie aktuelle Literatur präsentier­t. Die soll auch ein Anziehungs­punkt in Burgau werden, dann mit brandneuen Büchern. Denn wenn Krumbach schließt, wird die Buchhändle­rin zwar die Koch-, Garten- und Geschenkbü­cher mit nach Burgau nehmen, der Rest aber werde als Remittende­n zurück an die Lieferante­n gehen.

Doch bis es Ende des Jahres soweit ist, will Irene Thurn mit ihren Krumbacher Mitarbeite­rinnen in der Karl Mantel-Straße so engagiert und kundenorie­ntiert weitermach­en wie bisher.

„Leselust“liegt Irene Thurn besonders am Herzen

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Foto: Gertrud Adlassnig Irene Thurn sagt Adieu zu Krumbach. Die Buchhandlu­ng in der Karl‰Mantel‰Straße wird schließen. Ab Januar ist Thurn nur noch in Burgau für ihre Kunden da. Die geliebte Le‰ selust wird sie mitnehmen in die Buchhandlu­ng Pflob.

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