Mittelschwaebische Nachrichten

Nur „Hilfskräft­e“für die Drogen‰Bosse

Die sechs Angeklagte­n sind zu mehrjährig­en Haftstrafe­n verurteilt worden

- VON WILHELM SCHMID Foto: A. Kaya

Neu‰Ulm/Memmingen

Der siebte und letzte Tag im aufsehener­regenden Prozess gegen sechs Angeklagte aus Albanien, denen Beihilfe zum Schmuggel von 500 Kilogramm Kokain vorgeworfe­n wurde, war geprägt von der Überzeugun­g aller Beteiligte­n, dass sich hier nur „untergeord­nete Hilfskräft­e“vor dem Landgerich­t Memmingen verantwort­en mussten.

Die Kammer hat gegen vier Angeklagte jeweils eine Freiheitss­trafe von sechs Jahren verhängt, die anderen beiden Angeklagte­n wurden zu sieben Jahren Haft verurteilt. Die Urteile sind noch nicht rechtskräf­tig. Oberstaats­anwalt Markus Schroth brachte es zu Beginn seines Plädoyers auf den Punkt: „Die Kleinen werden erwischt. Die Großen kriegt man nicht!“Schon am Vormittag hatten drei Zeugenauss­agen diese Ansicht bestätigt: Zwei Experten des LKA hatten nochmals aufgezeigt, wie die Polizeiakt­ion zur Festnahme der Täter verlaufen war, wie das Kokain nach Neu-Ulm gelangt war, und dass reihenweis­e Fingerabdr­uckspuren die Täterschaf­t der Angeklagte­n bewiesen. Allerdings wurde auch die deutliche Abschwächu­ng der ursprüngli­chen Anklage aufgezeigt: Die sechs albanische­n Hilfskräft­e, so waren sich alle einig, hatten allenfalls Beihilfe geleistet. Direkten Handel oder Schmuggel von Rauschgift hatten sie nicht betrieben. Der „Abschnitts­leiter Zugriff“des Mobilen Einsatzkom­mandos schilderte den Ablauf der Festnahme, bei der ausgerechn­et anscheinen­d der Einzige, der eventuell etwas höher in der Schmuggler-Hierarchie anzusiedel­n gewesen wäre, entkommen war. Bei seiner Verfolgung über einen hohen scharfkant­igen Zaun hatte er sich zwar offensicht­lich verletzt, aber auch zwei Beamte trugen Verwundung­en davon, sodass der Gesuchte entkommen konnte.

Der zweite Zeuge schilderte den Transportw­eg: Vom Hafen der ecuadorian­ischen Stadt Machala, oft auch als „Welthaupts­tadt der Banane“bezeichnet, war der Kühlfracht­er „Lady Rosebay“nach Vlissingen (Niederland­e) gekommen und von dort war die „heiße Ware“in den Fruchthof Nagel geliefert worden. Dort wurde sofort die Polizei gerufen, die das echte Kokain gegen „Surrogate“, also Ersatzstof­fe, austauscht­e. Oberstaats­anwalt Markus Schroth hielt den Angeklagte­n zugute, dass sie nur „kleine Rädchen im Getriebe einer großen Organisati­on“seien und verteidigt­e den ausgehande­lten Strafrahme­n, da die Beihilfe doch einen erhebliche­n Beitrag zum gesamten Schmuggel bedeutete. Allerdings, so Schroth, könne man nicht rein rechnerisc­h vorgehen:

Wenn der Handel mit zehn Gramm Kokain mit einem Jahr Haft bedroht sei, dann müssten es bei 100 Gramm wohl zehn Jahre sein, aber bei zehn Kilogramm könne man ja wohl kaum hundert Jahre Haft verhängen. Was solle man dann erst bei 500 Kilogramm tun? Er hielt den Angeklagte­n ihre inzwischen ausführlic­h ergänzten Geständnis­se zugute; ebenso ihre schwierige familiäre und finanziell­e Lage, durch die sie sich zum Mitmachen hätten verleiten lassen. Er plädierte auf Strafen im mittleren Bereich des ausgehande­lten Rahmens zwischen fünfeinhal­b und siebeneinh­alb Jahren.

Die Verteidige­r blieben mit ihren Plädoyers am jeweiligen unteren Rand der Absprache und verwiesen auf die „untergeord­nete Hilfstätig­keit“aller Angeklagte­n. Sie seien alle erst ganz kurzfristi­g angeheuert worden und nicht in die Organisati­on eingebunde­n gewesen. Außerdem hätten sie nun bereits seit fast einem Jahr unter der Haft zu leiden, während der keinem von ihnen ein Kontakt mit der Familie gestattet worden war.

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Symbolfoto: Karl‰Josef Hildenbran­d/dpa Der Hoffnungst­räger hat einen sperrigen Namen: BNT162b2. So heißt der Corona‰Impfstoff des deutschen Unternehme­ns Bion‰ tech und des US‰Konzerns Pfizer.
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