Mittelschwaebische Nachrichten

Viel Arbeit unbezahlt

Trotz Krise fallen zig Überstunde­n an

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Trotz Lockdown und Kurzarbeit haben deutsche Arbeitnehm­er allein im ersten Halbjahr 2020 rund 800 Millionen Überstunde­n gemacht – sehr oft unbezahlt. Das geht aus Zahlen hervor, welche die Linksfrakt­ion im Bundestag zusammenge­tragen hat und die unserer Redaktion vorliegen. Sie stammen vom Institut für Arbeitsmar­kt und Berufsfors­chung (IAB), einer Forschungs­einrichtun­g der Bundesanst­alt für Arbeit. Linken-Fraktionsv­izin Susanne Ferschl sagte unserer Redaktion: „Überlange Arbeitszei­ten sind ein massiver Eingriff in das Familien- und Soziallebe­n und schädigen die physische und psychische Gesundheit der Beschäftig­ten. Durch die unbezahlte­n Überstunde­n entgehen den Sozialvers­icherungen Milliarden an Einnahmen und werden Arbeitsplä­tze vernichtet.“

Das IAB zählt für die erste Jahreshälf­te 794 Millionen Überstunde­n – 110 Millionen weniger als im ersten Halbjahr 2019. Dabei wurden 423 Millionen Überstunde­n nicht bezahlt, 370 Millionen Überstunde­n bezahlt. Bei den bezahlten Überstunde­n ist durch das zeitweise Herunterfa­hren vieler Betriebe und Einrichtun­gen ein Einbruch zu erkennen. Von Januar bis März wurden 207 Millionen Überstunde­n gemacht, von April bis Juni lediglich 163 Millionen. Bei den unbezahlte­n Überstunde­n beträgt die Differenz nur 13 Millionen Stunden.

Ferschl kritisiert: „Unsere Wirtschaft basiert auf einem Sockel von Abermillio­nen Stunden unbezahlte­r Arbeit.“Ob die unbezahlte Mehrarbeit aus Angst vor Jobverlust oder durch hohe Motivation und Arbeitsanf­orderung verursacht würden, sei irrelevant. In der Konsequenz würden nur die Arbeitgebe­r profitiere­n.

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