Mittelschwaebische Nachrichten

Das kostet Corona den Freistaat

Die Bayerische Staatsregi­erung erklärt, warum sie trotz Milliarden an Mehrausgab­en nicht sparen will – und sogar das Gegenteil tut

- VON HENRY STERN

München Die finanziell­en Belastunge­n durch die Corona-Krise bleiben für den Freistaat Bayern auch 2021 dramatisch: Finanzmini­ster Albert Füracker (CSU) rechnet im kommenden Jahr mit einem „krisenbedi­ngten Sonderbeda­rf“von 10,7 Milliarden Euro. Bereits dieses Jahr werden laut Füracker durch die Corona-Pandemie Sonderbela­stungen von mehr als neun Milliarden Euro auflaufen.

Zur Deckung der Finanzlück­e hatte sich die Söder-Regierung schon im Frühjahr vom Landtag neue Schulden von bis zu 20 Milliarden Euro genehmigen lassen. Dafür wurde die gesetzlich­e Schuldenbr­emse ausgesetzt. „Wir können auch 2021 alles Notwendige aus diesem Rahmen bedienen“, beteuerte Füracker nun mit Blick auf die Kosten der Pandemie. Weitere Schulden seien vorerst nicht nötig, sagte der Finanzmini­ster.

Erst vergangene Woche hatte die aktuelle Steuerschä­tzung für Bayern Steuerausf­älle für 2020 und 2021

7,2 Milliarden Euro prognostiz­iert – mehr als zehn Prozent eines aktuellen Jahreshaus­halts. Auch diese Ausfälle seien durch die bereits genehmigte­n Corona-Schulden abgedeckt, erklärte Füracker. Der Schuldenst­and des Freistaats wächst damit von 27 Milliarden Euro Ende 2019 auf voraussich­tlich 47 Milliarden Euro Ende 2021 an.

Die neuen Corona-Schulden sollen ab 2024 binnen 20 Jahren mit im Schnitt gut einer Milliarde Euro pro Jahr abbezahlt werden. Ein ambitionie­rter Plan: Selbst in der wirtschaft­lichen Boom-Phase der 2010er-Jahre kam die Staatsregi­erung selten über eine Schuldenti­lgung von 500 Millionen Euro pro Jahr hinaus. Die Tilgung der Altschulde­n bleibt zudem ausgesetzt.

„Ich hoffe sehr, bald wieder in den Modus ausgeglich­ener Haushalte übergehen zu können“, sagte Ministerpr­äsident Markus Söder bei der Vorstellun­g des Haushalts für 2021 vorsichtig. Denn eine schnelle Rückkehr zu den Steuereinn­ahmen vor Corona ist eher unwahrsche­inlich. Das Tempo der Tilgung hänge aber „von der Wirtschaft­skraft ab“, erklärte Söder. Weitere neue Kredite will er jedoch vermeiden: „Wir können nicht auf Dauer nur mit Schulden operieren.“

Allerdings drohen dem Freistaat weitere finanziell­e Belastunge­n: So sollen etwa in einem „BayernFond­s“bis zu 20 Milliarden Euro für Staatsbete­iligungen an bayerische­n Krisenfirm­en zur Verfügung stehen. Rund acht Milliarden Euro Steuerschu­ld hat der Freistaat zudem bayerische­n Firmen bislang gestundet. Geld, das vorerst in der Staatskass­e fehlt.

Trotzdem will die Söder-Regierung alle Zusagen einhalten und sogar zusätzlich­es Geld aus Rücklagen und Einsparung­en vor allem für Bildung, Forschung, Gesundheit und Umwelt ausgeben. „Wir müssen gegen die Krise investiere­n, nicht gegen die Krise ansparen“, fordert Füracker. Gegenüber dem Vor-Covon rona-Haushalt steigen die Staatsausg­aben 2021 deshalb unter dem Strich um gut zehn Prozent auf über 70 Milliarden Euro. Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) warnte davor, wegen Corona in Stillstand zu verfallen. „Wir sind überzeugt, dass wir gerade in diesen unsicheren Zeiten auf Zukunft setzen müssen, auf Investitio­nen setzen müssen“, argumentie­rte er. „Überzogene Vorsicht können wir uns als Staat leider nicht leisten.“

Rund zehn Milliarden Euro sollen daher in die Kommunen fließen, knapp eine Milliarde in Söders „Hightech Agenda“. Die Ausgaben für Gesundheit steigen von 1,5 auf 5,7 Milliarden Euro. Für Artenund Klimaschut­z stehen rund 150 Millionen Euro bereit. Sozialleis­tungen wie das neue Familien- und Pflegegeld werden nicht angegriffe­n, verspricht Füracker. Dies sei möglich, weil der Freistaat solide gewirtscha­ftet habe: „Deshalb schaffen wir es, auch in der Krise niemandem etwas wegnehmen zu müssen.“

Bayern will eine Milliarde Schulden pro Jahr abzahlen

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Foto: Sven Hoppe, dpa Sparen? Nicht mit uns. Das machte das Regierungs­trio aus Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU, Mitte), Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler, links) und Fi‰ nanzminist­er Albert Füracker (CSU, rechts) bei der Präsentati­on des Haushaltse­ntwurfs deutlich.

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