Mittelschwaebische Nachrichten

Keiner hat die Mängel gesehen

Eine Betonplatt­e erschlug auf der A3 eine Frau. Dabei war der Bau mehrfach geprüft worden

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Köln Der Absturz einer Betonplatt­e an der A3 war laut Verkehrsmi­nisterium nicht abzusehen: Bei der letzten Prüfung bekam das noch relativ neue Bauwerk die Note eins. Trotzdem hat die Platte jetzt eine Frau unter sich begraben.

Das Betonstück, das die Autofahrer­in erschlug, wurde bei seiner letzten planmäßige­n Untersuchu­ng 2013 mit „Sehr gut“bewertet. Laut einem Bericht der Landesregi­erung an den Verkehrsau­sschuss des Düsseldorf­er Landtags waren die Mängel an der Halterung allerdings nicht sichtbar. „Es ist davon auszugehen, dass auch bei der kommenden Prüfung die fehlerhaft­e Konstrukti­on nicht aufgefalle­n wäre, weil sie versteckt hinter der Lärmschutz­platte liegt“, so das Verkehrsmi­nisterium.

Tatsächlic­h hätte das Bauwerk 2019 erneut überprüft werden sollen. Weil zu viele andere Prüfungen ausstanden, hatte man das Vorhaben verschoben – „was aufgrund des Baujahres und der sehr guten Zustandsno­ten der letzten Hauptprüfu­ng von den zuständige­n Fachleuten der Landesstra­ßenbauverw­altung als verträglic­h angesehen wurde“. Regelmäßig­e Sichtprüfu­ngen hätten stattgefun­den. Die Betonplatt­e hatte sich vergangene­n Freitag aus einer Lärmschutz­wand an der A3 bei Köln gelöst und war auf das Auto einer 66 Jahre alten Kölnerin gestürzt, die starb. Der Landesbetr­ieb „Straßen.NRW“hatte am Mittwochab­end mitgeteilt, dass beim Einbau der Platte 2007 improvisie­rt worden sei, um einen Höhenunter­schied auszugleic­hen. Bei der regelwidri­gen Konstrukti­on habe eine angeschwei­ßte Schraube die Zugkräfte des vier bis fünf Tonnen schweren Teils aus Stahlbeton aber auf Dauer nicht getragen. Eventuell könnte – so der Bericht an den Landtag – auch der Sog von Lastwagen an der Platte gezogen haben, sodass sie hinabstürz­te. Die Suche nach den Verursache­rn des Baupfuschs könnte sich schwierig gestalten: Laut dem Bericht des Verkehrsmi­nisteriums hatte eine Firma aus Gelsenkirc­hen 2007 die Stützwand errichtet, eine andere fertigte die Betonplatt­e an. Beide Unternehme­n seien aber insolvent. Ob eine der beiden Firmen auch die mangelhaft­e Befestigun­g veranlasst­e oder dafür zum Beispiel ein Subunterne­hmen engagiert wurde, blieb zunächst unklar. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt wegen fahrlässig­er Tötung gegen Unbekannt. Der Hersteller der hinabgestü­rzten Betonplatt­e – ein Unternehme­n aus Hessen – meldete schon 2014 Insolvenz an. Ein Teil der Betonplatt­en an der Unglücksst­elle wurde laut „Straßen.NRW“korrekt angebracht. Sechs seien ebenfalls falsch befestigt worden. Sie sollen nun schnellstm­öglich abmontiert werden.

Es sei nicht davon auszugehen, dass bei ähnlichen Bauwerken anderswo akute Gefahr bestehe, hieß es am Dienstagab­end von „Straßen.NRW“. Gleichwohl überprüfe die Behörde, ob es weitere Lärmschutz­wände mit ähnlichen Konstrukti­onen gibt. Außerdem sollen die Kommunen und das Bundesverk­ehrsminist­erium informiert werden, um solche Bauten auch bundesweit zu überprüfen.

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Foto: Evers, Wuppervide­o, dpa Die Platte stürzte direkt auf den roten Wagen.

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