Mittelschwaebische Nachrichten

Erste Hilfe für Kulturgüte­r

Weltweite Task Force für bedrohte Objekte

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Mainz Um Kulturgüte­r nach Umweltkata­strophen, Bränden, Kriegen oder Terror schnell retten zu können, entwickelt das RömischGer­manische Zentralmus­eum (RGZM) in Mainz in Zusammenar­beit mit dem Deutschen Ärchäologi­schen Institut in alle Welt transporta­ble Module. „Es geht um Erste Hilfe mit einfachen Mitteln“, stellt der stellvertr­etende RGZM-Generaldir­ektor Christian Eckmann dar. „Mit einfachen, robusten, aber effektiven Maßnahmen sollen Kulturobje­kte unmittelba­r versorgt, gerettet oder für die spätere Restaurier­ung geborgen werden können.“Voraussetz­ung ist natürlich: „Es müssen internatio­nale Strukturen aufgebaut werden, die die Kulturgutr­ettung zulassen.“

Das RGZM ist eine der Säulen der 2019 gegründete­n Kulturgutr­etter (KGR). Das Deutsche Archäologi­sche Institut (DAI) – eine nachgeordn­ete Behörde des Auswärtige­n Amts – bringt das Fachwissen für die Rettung des immobilen kulturelle­n Erbes, also von Baudenkmäl­ern und archäologi­schen Stätten ein. Dritter Partner ist das Technische Hilfswerk (THW). Mit Unterstütz­ung eines eigens beauftragt­en Restaurato­rs entstünden derzeit beim RGZM rund 40 Notfallmod­ule, die überall auf der Welt zu verschiede­nen Arbeitssta­tionen zusammenge­baut werden könnten, sagte Eckmann. Foto-Stationen mit LED-Beleuchtun­g, Einheiten für die Reinigung der Objekte, Kompressor­en für Absauganla­gen und Computeran­schlüsse gehören zu den Modulen. Auch das luftdichte Verpacken von Kulturgüte­rn ist möglich. Die Prototypen für die Luftfracht sollen in Notfallcon­tainern beim THW gelagert werden.

Pilotproje­kt für die Notfallmod­ule ist das Nationalmu­seum in Khartum im Sudan. „Wir wollen Arbeitsabl­äufe vor Ort unter komplexen Bedingunge­n ausprobier­en und Prozesse trainieren“, erläuterte die Generaldir­ektorin des RGZM, Alexandra W. Busch. Dazu gehöre auch die Ausbildung von Restaurato­ren vor Ort. Neben der Versorgung von Kulturobje­kten gehe es auch darum, wie Sammlungen inventaris­iert, digital erschlosse­n und gesichert werden könnten.

Die Idee zu den Kulturrett­ern sei nach dem Großbrand des brasiliani­schen Naturmuseu­ms 2018 entstanden, sagte Busch. Die Partnerein­richtungen des Archaeolog­ical Heritage Networks (Netzwerk zum Erhalt des kulturelle­n Erbes) hätten seinerzeit die Möglichkei­ten geprüft, schnelle Unterstütz­ung vor Ort zu leisten. „Es gab keine nationale Einsatztru­ppe, die schnell reagieren und auf ein standardis­iertes Programm zurückgrei­fen konnte“, ergänzt Christian Eckmann. In Deutschlan­d habe es bereits Erfahrunge­n mit der Restaurier­ung von Kulturgüte­rn nach Krisen gegeben. Als Beispiele nennt er die Elbflut in Dresden und den U-Bahn-Bau in Köln 2009, als das Historisch­e Stadtarchi­v einstürzte.

„Welche enorme Bedeutung kulturelle­s Erbe für die heutigen Gesellscha­ften hat, lässt sich daran erkennen, das der IS Kulturgüte­r der Hochkultur­en zerstört hat“, sagt die Generaldir­ektorin des RGZM Busch und unterstrei­cht damit auch die Bedeutung der raschen Hilfe. Kulturgüte­r seien einerseits identitäts­stiftend und würden anderersei­ts zur Legitimati­on politische­r Interessen missbrauch­t.

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Foto: dpa Ein Rettungsmo­dul zur Dokumentat­ion archäologi­scher Objekte.

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