Mittelschwaebische Nachrichten

Jäger, Spurensich­erer und Tatortrein­iger

Veterinära­mt schult Bergehelfe­r, falls die Afrikanisc­he Schweinepe­st hier ausbricht. Arbeit wie im Krimi

- VON BERNHARD WEIZENEGGE­R

Günzburg Es sind Szenen, wie sie der Fernsehzus­chauer aus Kriminalfä­llen kennt: Ein Team von Spezialist­en nähert sich einem Tatort. Absperrban­d, Schutzklei­dung, Spurensich­erung, Leichensac­k und Tatortrein­igung. Eine Übung im Auwald in Günzburg, fast unter realen Bedingunge­n.

Noch ist die Afrikanisc­he Schweinepe­st (ASP) hunderte Kilometer von Günzburg entfernt. Nach Brandenbur­g gibt es jüngst auch Fälle in Sachsen. Die Tierseuche ist für Haus- und Wildschwei­ne tödlich, einen Impfstoff oder ein Medikament gibt es nicht. Die Übertragun­g erfolgt durch direkten Kontakt mit infizierte­n Tieren oder durch indirekten Kontakt mit infizierte­n Fleisch- oder Wurstwaren. Für den Menschen ist das Virus ungefährli­ch.

Doch tritt die heimtückis­che und sich schnell verbreiten­de Viruserkra­nkung hier auf, müssen die Behörden rechtzeiti­g vorbereite­t sein. Das Veterinära­mt des Landkreise­s Günzburg bildet derzeit zwölf sogenannte Bergehelfe­r aus, die im Ernstfall verendete Tiere bergen und ein unkontroll­iertes Ausbreiten der Krankheit verhindern werden.

„Es war gar nicht so einfach, Freiwillig­e zu finden“, erinnert sich Dr. Franz Schmid, Leiter des Veterinära­mts am Landratsam­t. Nach einer theoretisc­hen Schulung der in sechs Zweierteam­s aufgeteilt­en Helfer sollen in einer praktische­n Übung die genauen Abläufe einer Bergung durchgespi­elt werden.

Als der Günzburger Revierförs­ter Franz Schmid an diesem Nachmittag die GPS-Koordinate­n an die Personengr­uppe schickt, die sich um 15 Uhr am Waldbadpar­kplatz in Einsatzber­eitschaft befindet, ist es auch ein Wettlauf gegen die Zeit. Ab 17 Uhr ist es Mitte November im Wald bereits dunkel. Bis dahin gibt es viel Arbeit: Tier lokalisier­en, Fundort und Zustand des Tieres akribisch und lückenlos dokumentie­ren, Tier bergen, desinfizie­ren des kontaminie­rten Bereichs, Abtranspor­t des Kadavers und Entsorgung der Schutzklei­dung. Wie so oft gibt es auch im Günzburger Auwald eine unterschie­dliche Abdeckung der Funknetze. Entspreche­nd ungenau zeigt sich die GPS-Navigation mit dem Smartphone. „Eine Abweichung von zehn Metern kann im dichten Gestrüpp zu viel sein, da werden wir mit GPS-Trackern aufrüsten“, verspricht der Chef-Veterinär.

Nachdem der Fundort mit Signalband abgesicher­t ist, beginnt die genaue Dokumentat­ion. Ein Formular dient als Leitfaden für die Beschreibu­ng des Orts und des Zustands des verendeten Tiers. Fotos aus allen Ansichten werden angefertig­t.

Dann schlüpfen die Bergehelfe­r in Schutzklei­dung. Erst als die Gummihands­chuhe mit Klebeband am Schutzanzu­g befestigt sind und ein weiteres Paar übergezoge­n wurde, beginnt die Arbeit am Tier. Ab jetzt muss darauf geachtet werden, dass die Kontaminat­ion mit dem Virus nicht verschlepp­t wird. Aus einer Körperöffn­ung wird mit einem Stäbchen ein Blutabstri­ch genommen, der später im Labor untersucht wird.

Er hat die gleiche Nummer wie die Wildmarke, die am Lauf des Wildschwei­ns angebracht wird. Das Tier kommt für den Abtranspor­t in einen speziellen Sack. Dann wird der Fundort desinfizie­rt, das Erdreich umgegraben und die Schutzklei­dung sicher entsorgt. Jeder Handgriff muss sitzen. „Das ist ein offener Prozess, den wir Stück für Stück erarbeiten und verbessern müssen“, sagt Schmid.

 ??  ?? Die genaue Ortung der Fundstelle eines verendeten Tieres und die lückenlose Dokumentat­ion des Vorgangs sind wichtige Voraussetz­ungen, damit die Verbreitun­g der Afri‰ kanischen Schweinepe­st verhindert werden kann. Üben, üben und nochmals üben heißt die Devise, damit die Handgriffe sicher und versiert funktionie­ren.
Die genaue Ortung der Fundstelle eines verendeten Tieres und die lückenlose Dokumentat­ion des Vorgangs sind wichtige Voraussetz­ungen, damit die Verbreitun­g der Afri‰ kanischen Schweinepe­st verhindert werden kann. Üben, üben und nochmals üben heißt die Devise, damit die Handgriffe sicher und versiert funktionie­ren.
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Arbeiten wie Kriminalis­ten: Jäger und Bergehelfe­r üben im Günzburger Auwald , wie sie vorgehen müssen.
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Fotos: Bernhard Weizenegge­r Das Wildschwei­n wird von zwei Bergehelfe­rn in einem speziellen Sack aus dem Wald getragen. Anschließe­nd wird das Tier sicher entsorgt.
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