Mittelschwaebische Nachrichten
Jäger, Spurensicherer und Tatortreiniger
Veterinäramt schult Bergehelfer, falls die Afrikanische Schweinepest hier ausbricht. Arbeit wie im Krimi
Günzburg Es sind Szenen, wie sie der Fernsehzuschauer aus Kriminalfällen kennt: Ein Team von Spezialisten nähert sich einem Tatort. Absperrband, Schutzkleidung, Spurensicherung, Leichensack und Tatortreinigung. Eine Übung im Auwald in Günzburg, fast unter realen Bedingungen.
Noch ist die Afrikanische Schweinepest (ASP) hunderte Kilometer von Günzburg entfernt. Nach Brandenburg gibt es jüngst auch Fälle in Sachsen. Die Tierseuche ist für Haus- und Wildschweine tödlich, einen Impfstoff oder ein Medikament gibt es nicht. Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder durch indirekten Kontakt mit infizierten Fleisch- oder Wurstwaren. Für den Menschen ist das Virus ungefährlich.
Doch tritt die heimtückische und sich schnell verbreitende Viruserkrankung hier auf, müssen die Behörden rechtzeitig vorbereitet sein. Das Veterinäramt des Landkreises Günzburg bildet derzeit zwölf sogenannte Bergehelfer aus, die im Ernstfall verendete Tiere bergen und ein unkontrolliertes Ausbreiten der Krankheit verhindern werden.
„Es war gar nicht so einfach, Freiwillige zu finden“, erinnert sich Dr. Franz Schmid, Leiter des Veterinäramts am Landratsamt. Nach einer theoretischen Schulung der in sechs Zweierteams aufgeteilten Helfer sollen in einer praktischen Übung die genauen Abläufe einer Bergung durchgespielt werden.
Als der Günzburger Revierförster Franz Schmid an diesem Nachmittag die GPS-Koordinaten an die Personengruppe schickt, die sich um 15 Uhr am Waldbadparkplatz in Einsatzbereitschaft befindet, ist es auch ein Wettlauf gegen die Zeit. Ab 17 Uhr ist es Mitte November im Wald bereits dunkel. Bis dahin gibt es viel Arbeit: Tier lokalisieren, Fundort und Zustand des Tieres akribisch und lückenlos dokumentieren, Tier bergen, desinfizieren des kontaminierten Bereichs, Abtransport des Kadavers und Entsorgung der Schutzkleidung. Wie so oft gibt es auch im Günzburger Auwald eine unterschiedliche Abdeckung der Funknetze. Entsprechend ungenau zeigt sich die GPS-Navigation mit dem Smartphone. „Eine Abweichung von zehn Metern kann im dichten Gestrüpp zu viel sein, da werden wir mit GPS-Trackern aufrüsten“, verspricht der Chef-Veterinär.
Nachdem der Fundort mit Signalband abgesichert ist, beginnt die genaue Dokumentation. Ein Formular dient als Leitfaden für die Beschreibung des Orts und des Zustands des verendeten Tiers. Fotos aus allen Ansichten werden angefertigt.
Dann schlüpfen die Bergehelfer in Schutzkleidung. Erst als die Gummihandschuhe mit Klebeband am Schutzanzug befestigt sind und ein weiteres Paar übergezogen wurde, beginnt die Arbeit am Tier. Ab jetzt muss darauf geachtet werden, dass die Kontamination mit dem Virus nicht verschleppt wird. Aus einer Körperöffnung wird mit einem Stäbchen ein Blutabstrich genommen, der später im Labor untersucht wird.
Er hat die gleiche Nummer wie die Wildmarke, die am Lauf des Wildschweins angebracht wird. Das Tier kommt für den Abtransport in einen speziellen Sack. Dann wird der Fundort desinfiziert, das Erdreich umgegraben und die Schutzkleidung sicher entsorgt. Jeder Handgriff muss sitzen. „Das ist ein offener Prozess, den wir Stück für Stück erarbeiten und verbessern müssen“, sagt Schmid.