Mittelschwaebische Nachrichten

Eine Beschwerde und ihre Folgen

Eine Datenbank mit verurteilt­en Dopingsünd­ern verschwind­et aus dem Internet. Jetzt ist klar, warum

-

Augsburg Höchst unauffälli­g hatte die Nationale Antidoping­agentur (Nada) im Sommer eine Online-Datenbank mit Dopingurte­ilen erst zusammenge­schmolzen und dann ganz aus dem Netz genommen. Auf Nachfrage antwortete die Nada ebenso wortreich wie informatio­nskarg, dass die Nada-jus-Datenbank gerade überarbeit­et werde. Grund seien die für Deutschlan­d und Europa geltenden Datenschut­zbestimmun­gen.

Die Berichters­tattung über diesen Vorgang rief Rainer Cherkeh auf den Plan. Der ist Fachanwalt für Sportrecht und Honorarpro­fessor an der Ostfalia Hochschule in Salzgitter. Vor allem aber vertritt er einen Sportler, der sich durch die bisher übliche Veröffentl­ichung von Steckbrief­en und Schiedsspr­üchen in seinen Rechten verletzt sieht – und eine Beschwerde an den Landesbeau­ftragten für Datenschut­z und Informatio­nsfreiheit

in NordrheinW­estfalen gerichtet hat. Die Nada reagierte schnell und stellte seit Juni keine neuen Urteile mehr in die Datenbank. Aber auch der Verbleib älterer Fälle schien deren Experten offenbar zu heikel, weshalb sie diese vorvergang­ene Woche ebenfalls offline stellten. Anfang nächsten Jahres soll es eine Entscheidu­ng darüber geben, ob und wie Schiedsspr­üche künftig veröffentl­icht werden.

In einem Artikel auf der Seite www.sportrecht­skanzlei.de führen Cherkeh und sein Kollege Constantin Heyn aus, weshalb sie die Datenbank in ihrer bisherigen Form für unverhältn­ismäßig halten. „Die dauerhafte, weltweite Abrufbarke­it des Schiedsspr­uchs samt beigefügte­r personenbe­zogener und höchst privater Informatio­nen führt immer wieder zu Anfeindung­en durch die ungefilter­te Öffentlich­keit.“Zwar werde der sanktionie­rte Sportler nicht mit vollständi­gem Namen aufgeführt, sei aber für jedermann „durch schlichte Internetre­cherche“leicht zu ermitteln.

Für eine hinreichen­de Abschrecku­ngswirkung sei es nicht erforderli­ch, Angaben zum Namen des Sanktionie­rten zu machen oder aber weitere Informatio­nen zu veröffentl­ichen, mit denen der Betroffene identifizi­ert werden könne.

Die Sportjuris­ten schlagen vor, nur noch einem ausgewählt­en Kreis Zugriff auf die Datenbank zu gewähren. Das könnten Verbände oder Ligabetrei­ber sein. Außerdem sollten die Urteile „nach einer angemessen­en Frist“wieder gelöscht werden, „da das ohnehin zweifelhaf­te Informatio­nsinteress­e der Öffentlich­keit mit fortdauern­der Zeit immer geringer wird“. Darüber hinaus sollten künftige Veröffentl­ichungen vollständi­g anonymisie­rt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany