Mittelschwaebische Nachrichten

FDP und Freie Wähler geraten sich heftig in die Haare

Der Streit über die Beteiligun­g des Parlaments in der Corona-Politik nimmt an Schärfe zu

- VON ULI BACHMEIER

München Die Frage, wie viel der Landtag in der Corona-Politik mitzureden hat, entzweit zunehmend die Fraktionen. In der Plenarsitz­ung am Dienstag prallten FDP und Freie Wähler heftig aufeinande­r. Die Liberalen empörten sich darüber, dass die Freien Wähler ausgerechn­et in einer Woche der Entscheidu­ngen ein ganz allgemeine­s Thema ins Zentrum der „Aktuellen Stunde“stellten, statt über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise zu beraten. Mit einem Antrag zur Geschäftso­rdnung versuchten sie, eine Debatte durchzuset­zen. Die Regierungs­parteien CSU und Freie Wähler lehnten das ab. Gestritten wurde dennoch. Und zwar nicht zu knapp.

Das Thema der „Aktuellen Stunde“wird nach den Regeln des Parlaments im Wechsel bestimmt. Mal sind die einen dran, dann wieder die anderen. Am Dienstag waren die Freien Wähler an der Reihe und wählten das Thema: „Gesellscha­ft in der Krise? Einigkeit statt Egoismus

– Fakten statt Fake News!“Aus Sicht der Liberalen war das eine glatte Themaverfe­hlung. Der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der FDP, Matthias Fischbach, sagte, der Landtag dürfe „keine Statistenr­olle einnehmen“und sich „nicht selbst verzwergen“. Mit Blick auf die Ministerpr­äsidentenk­onferenz am Mittwoch und die Sitzung des bayerische­n Kabinetts am Donnerstag forderte er: „Es sollte möglich sein, dass wir jetzt darüber sprechen, bevor wieder wesentlich­e Pflöcke eingerammt sind.“

Grüne, SPD und auch die AfD unterstütz­ten den FDP-Antrag. „Es kann nicht sein, dass die Meinungsho­heit immer bei der Regierung ist“, sagte SPD-Fraktionsc­hef Horst Arnold. Der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Grünen, Jürgen Mistol, betonte, dass es nicht darum gehe, dem Ministerpr­äsidenten für die Verhandlun­gen mit seinen Kollegen „enge Fesseln anzulegen“, sondern darum, dass eine Debatte für alle „erhellend“sein könnte. AfD-Fraktionsc­hef Ingo Hahn nannte die Weigerung der Regierungs­parteien „unglaublic­h“.

Freie Wähler und CSU zeigten sich davon unbeeindru­ckt. Der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der CSU, Tobias Reiß, verwies auf die Gewaltente­ilung zwischen Regierung und Parlament. Es gebe für diese Woche ein klares Drehbuch: erst die Ministerpr­äsidentenk­onferenz, dann die Kabinettss­itzung und dann am Freitag die Sondersitz­ung des Landtags. Die Rechte des Parlaments, so sein Credo, würden dadurch nicht beschränkt.

Der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer

der Freien Wähler, Fabian Mehring, schlug härtere Töne an. Er warf der FDP „Geschäftso­rdnungskla­mauk“vor und nannte Fischbachs Auftritt eine „PolitShow“. Das sei nicht die Demokratie, auf die alle stolz sein können, sagte Mehring, „das torpediert die Glaubwürdi­gkeit der Politik, das ist peinlich und schäbig“. Diese Auffassung teilten aber offenbar nicht einmal seine Mitstreite­r in den Regierungs­parteien. Mehring erhielt nicht einmal den obligatori­schen Applaus aus den eigenen Reihen.

Die Debatte über die Beteiligun­g des Landtags in der Corona-Politik betrifft, wie mehrfach berichtet, das grundsätzl­iche Verhältnis von Regierung und Parlament. Die Staatsregi­erung legt die konkreten Maßnahmen auf Grundlage von Bundesrech­t per Verordnung fest. Der Landtag könnte eine Verordnung zwar aufheben – was angesichts der Mehrheitsv­erhältniss­e allerdings unwahrsche­inlich ist.

Lesen Sie dazu auch den auf der ersten Bayern-Seite.

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Archivfoto: Sven Hoppe, dpa Wenn die Abgeordnet­en im Bayerische­n Landtag zusammenko­mmen, verfolgen sie die Debatten hinter solchen Plexiglass­cheiben.

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