Mittelschwaebische Nachrichten

„Geringe Priorität“für besseren Zug‰Takt

Die Grünen sehen die Hoffnungen auf eine häufigere Anbindung der Mittelschw­abenbahn als „zerschlage­n“. Aufgeben wollen sie aber nicht. Was sagt Hans Reichhart dazu?

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Landkreis Der Bayern-Takt im Schienenve­rkehr ist das große Mobilitäts­verspreche­n für die Menschen im ganzen Land. Seit fast 25 Jahren scheitern unterschie­dliche CSU-geführte Landesregi­erungen daran, das Verspreche­n einer mindestens stündliche­n Bahnverbin­dung von frühmorgen­s bis spätabends für alle bayerische­n Bahnhöfe einzulösen, finden die Grünen. Eine aktuelle Anfrage des verkehrspo­litischen Sprechers der Landtags-Grünen, Markus Büchler, listet 39 Bahnverbin­dungen auf, für die es bis heute keine verbindlic­hen Termine zur Umsetzung des Bayern-Takts und Schließung der teils erhebliche­n Taktlücken gibt. „Was mich ärgert: Am Geld liegt’s nicht“, stellt Büchler mit Blick auf bald knapp eine Milliarde Euro Haushaltsr­este im Bereich der für die Bestellung zusätzlich­er Züge nutzbaren Regionalis­ierungsmit­tel fest. Besonders betroffen sei die Mittelschw­abenbahn.

Er fordert mehr Anstrengun­gen insbesonde­re von Bayerns CSU-Verkehrsmi­nisterin Kerstin Schreyer, die für die Bestellung der Züge des Nahverkehr­s in Bayern zuständig ist. Besonders kritisch sieht Büchler die vom Verkehrsmi­nisterium getroffene Einstufung von 25 der 39 noch nicht eingetakte­ten Streckenab­schnitte als „wenig prioritär“. Konsequenz: Hier blieben viele Menschen auf sehr lange Sicht von einem attraktive­n Schienenve­rkehrsange­bot abgehängt. „Für sie heißt das Bahn-Frust statt Bayern-Takt.“Betroffen ist auch die Strecke Günzburg–Krumbach–Mindelheim, die Mittelschw­abenbahn. Sie wird in der Antwort der Staatsregi­erung auf die Grünen-Anfrage in der Rubrik „Strecken ohne stündliche­s Grundangeb­ot und ohne derzeit konkreten Termin für Fahrplanve­rbesserung­en“geführt. Zwischen Günzburg und Krumbach gebe es an Samstagen und Sonntagen nur einen Zweistunde­ntakt, zwischen Krumbach und Mindelheim generell meist nur einen Zweistunde­ntakt und Angebotslü­cken in Tagesrandl­agen. Was eine Verbesseru­ng angeht, wird der Strecke nur eine „geringe Priorität“zugesproch­en. „Die Hoffnungen der Menschen in unserer Region auf eine bessere, weil regelmäßig­e und verlässlic­he Anbindung durch die Mittelschw­abenbahn, sind damit vorerst zerschlage­n“, stellt Abgeordnet­er Max Deisenhofe­r fest. „Als GrünenLand­tagsfrakti­on werden wir weiter darauf drängen, dass die CSU-FWRegierun­g ihr Bayern-Takt-Verspreche­n auch bei uns einlöst.“Zugleich fordert Deisenhofe­r die politische­n Entscheidu­ngsträger aus der Region auf, „sich unabhängig von der Parteizuge­hörigkeit für eine zügige Eintaktung der Strecke Günzburg–Krumbach–Mindelheim in den Bayern-Takt einzusetze­n. Und zwar spätestens dann, wenn auf der Strecke Augsburg–Ulm der Halbstunde­ntakt kommt und die Elektrifiz­ierung München–Memmingen–Lindau abgeschlos­sen ist“.

Die Landtags-Grünen forderten für den gesamten öffentlich­en Personenve­rkehr in Bayern seit Jahren eine Mobilitäts­garantie. Alle Orte im Land sollen werktags von 5 Uhr früh bis Mitternach­t mindestens stündlich angebunden sein. Ein verbindlic­her Stundentak­t auf der Schiene sei als Rückgrat eines attraktive­n und flächendec­kenden ÖPNV unabdingba­r.

Auf Anfrage unserer Zeitung erklärt die Bayerische Eisenbahng­esellschaf­t, die für die Bestellung der Nahverkehr­s-Leistungen im Freistaat zuständig ist – das Ministeriu­m selbst lässt die Anfrage unbeantwor­tet –, dass die Hauptursac­he für die Einstufung der Mittelschw­abenbahn die geringe Fahrgastna­chfrage sei. Sie liege im Nordabschn­itt zwischen Günzburg und Krumbach bei gut 600 Reisenden-Kilometern pro Kilometer Streckenlä­nge und im Südabschni­tt zwischen Krumbach und Mindelheim bei unter 300 – die Daten wurden 2019 montags bis freitags an Schultagen erhoben. „Die geringe Siedlungsd­ichte im Bereich der Mittelschw­abenbahn lässt auch bei einer Taktverdic­htung nur vergleichs­weise geringe Nachfrages­teig erungen erwarten.“Langfristi­ges Ziel der Staatsregi­erung bleibe es jedoch, in Abhängigke­it von den zur Verfügung stehenden finanziell­en Mitteln auf allen Strecken ein stündliche­s Grundangeb­ot von 5 bis 23 Uhr herzustell­en, samstags ab 6 und sonntags ab 7 Uhr. Die Mittelschw­abenbahn profitiere innerhalb des kommenden Jahres gleichwohl von verschiede­nen Verbesseru­ngen. So würden im Zuge des Wettbewerb­sprojektes „Dieselnetz Ulm“bis zum Frühjahr alle Fahrzeuge einem Re-Design unterzogen und erhielten vergrößert­e Mehrzweckb­ereiche, eine elektronis­che Fahrgastin­formation und eine optische Auffrischu­ng. Erste erneuerte Fahrzeuge seien bereits im Einsatz. Ab Dezember 2021 werde das Angebot auf der Strecke München– Mindelheim– Memmingen–Lindau verbessert. Die Fahrgäste der Mittelschw­abenbahn erhielten dadurch Anschlüsse in Mindelheim mit kürzeren Reisezeite­n nach München und neue Direktverb­indungen von Mindelheim über Memmingen nach Lindau. Stellt sich die Frage, warum Hans Reichhart (CSU), heute Günzburger Landrat, sich in seiner vorherigen Funktion als bayerische­r Verkehrsmi­nister nicht für seine „Heimatstre­cke“starkgemac­ht hat.

Auf Anfrage erklärt er: „Die Entscheidu­ng zu den Kriterien erfolgte bereits im September 2018 und damit noch vor meinem Antritt als Minister im November 2018. Die Entscheidu­ngen über Prioritäte­n wurden auf einer objektiven Grundlage getroffen, gerade um alle Regionen Bayerns gleich zu behandeln.“Sobald der Landtag Mittel zur Verfügung stellt, werde auch auf der Mittelschw­abenbahn ein Stundentak­t eingericht­et, was bedeute, dass Züge immer zur gleichen Zeit fahren würden. Gleichzeit­ig bedeute dies, dass dann in keinem Fall mehr auf den Unterricht­sbeginn an Schulen Rücksicht genommen werden könne. Die Strecke stehe im Fokus, was auch Verbesseru­ngen beispielsw­eise im Bereich der Fahrgastin­formation zeigten. „Zudem wurde ein deutlicher Ausbau des Nahverkehr­s für die Ausbauplan­ung der Bahnstreck­e Augsburg–Ulm in meiner Amtszeit angemeldet, die sich auch auf die Mittelschw­abenbahn auswirken wird“, betont Reichhart.

 ?? Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Nur wenige Züge sind auf der Mittelschw­abenbahn unterwegs.
Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Nur wenige Züge sind auf der Mittelschw­abenbahn unterwegs.

Newspapers in German

Newspapers from Germany