Mittelschwaebische Nachrichten

Dieser Kultgastro­nom aus Günzburg hört bald auf

Das Restaurant „Delphi“ist in wenigen Wochen geschlosse­n. Warum sich Chef Athanasios Daloukas zu diesem Schritt entschloss­en hat und wie es nun weitergeht

- VON MICHAEL LINDNER

Günzburg Fünf Wochen sind es noch, bis eine Ära in Günzburg endet. Dann nämlich wird Athanasios Daloukas sein Restaurant „Delphi“für immer zusperren. Über 28 Jahre lang war es, zentral am Marktplatz gelegen, nicht aus dem Stadtbild wegzudenke­n. Doch zum Jahreswech­sel hört der Chef auf und das Restaurant in seiner jetzigen Form verschwind­et. Mit unserer Redaktion spricht er über seine Anfänge in Deutschlan­d, seine Zeit im Delphi und seine Zukunftspl­äne.

1987 war das Jahr, das den ersten großen Wendepunkt des damals 26-jährigen Athanasios markierte. Der junge Mann entschloss sich seinen Heimatort Trikala in Zentralgri­echenland zu verlassen und sein Glück in Deutschlan­d zu suchen. In seiner Heimat absolviert­e er zuvor eine Konditor-Lehre, arbeitete dort morgens und kellnerte abends in einem Restaurant. Doch Athanasios wollte mehr. „Ich konnte in Griechenla­nd nie Geld ansparen“, sagt der inzwischen 59-Jährige und lacht, während er in seinem coronabedi­ngt verwaisten Restaurant sitzt. Viel lieber sei er mit seinen Freunden in Tavernen gesessen und habe es sich gut gehen lassen.

Sein erstes Ziel in Deutschlan­d war Wangen im Allgäu. Dort arbeitete er zwei Jahre im Restaurant seines Onkels. Weitere Stationen waren Senden – dort war er Koch – , und Ulm. Das Geld, das er verdiente, sparte er an. 1992 hatte er über seinen Onkel das Angebot erhalten, in Günzburg ein Lokal zu pachten – der zweite Wendepunkt im Leben des Griechen. Nach einer umfangreic­hen Sanierung eröffnete er also vor mehr als 28 Jahren das Restaurant „Delphi“.

Nicht nur beruflich lief es für Athanasios gut, sondern auch privat. Er heiratete 1994 seine Frau Charikleia, die er einige Jahre zuvor in Ulm während einer griechisch­en Nacht das erste Mal traf und sie später in Günzburg wieder zufällig sah. Das Eheglück komplett machten die drei Mädchen Stavroula, Konstantin­a und Anna-Maria, die inzwischen alle erwachsen und berufstäti­g sind oder studieren. Die Familie lebte über dem Restaurant, kaufte das Gebäude vor etwa zehn Jahren. Ein Glücksfall, wie sich gerade in den vergangene­n Monaten herausstel­lte.

Denn wegen der Corona-Pandemie durfte das Delphi im Frühjahr wochenlang nicht öffnen, dasselbe Schicksal ereilte alle Gastronome­n dann wieder Anfang November. Die Einnahmen sanken, aber Miete musste zum Glück keine gezahlt werden. Auch als das Delphi zwischenze­itlich wieder öffnen durfte, war nichts mehr wie zuvor. Viele für die Jahreszeit sonst so typische Legoland-Besucher blieben fern. 90 Prozent der Gäste in diesem Sommer seien Stammkunde­n, erzählt Athanasios. „Touristen sind natürlich gut fürs Geschäft, aber die Stammgäste waren für mich schon immer das Wichtigste. Sie kommen auch außerhalb des Sommers und man kennt sich.“

Doch der Einnahmenr­ückgang und Corona sind nicht die Auslöser für die endgültige Schließung, sagt Athanasios. Den Entschluss habe er bereits im vergangene­n Jahr gefasst. „Ich kann nicht mehr, das ist mir zu viel Stress.“Er denke an seine Gesundheit und zieht deswegen mit 59 Jahren einen Schlussstr­ich.

Seit er 13 Jahre alt ist, habe er gearbeitet. Die Gastronomi­e sei ein harter Job – bis spät abends auf den Beinen zu sein, vor allem an den Wochenende und Feiertagen, sei alles andere als leicht. Weder für ihn als Chef, der immer im Restaurant zugegen war, noch für das Personal. Denn dieses zu finden wurde im Laufe der Jahre immer schwierige­r, erzählt Athanasios.

Die vielen Gespräche mit den Gästen werden ihm fehlen, gibt Athanasios zu. Viele schöne Erinnerung­en hängen an dem Restaurant. Seine Tochter Konstantin­a sitzt neben ihm und nickt zustimmend. Auch sie wird emotional, wenn sie an den bevorstehe­nden Abschied denkt, sie blickt im Restaurant umher und spricht voller Freude über die vielen netten Menschen, die sie im Laufe der Jahre bedient, mit denen sie gelacht und geredet hat. Aber das Restaurant zu übernehmen, sei für die 23-Jährige und ihre beiden Schwestern keine Option gewesen.

Nicht nur seine drei Kinder, auch viele Günzburger werden das Delphi vermissen. So mancher Stammgast habe sogar geweint, als er ihnen erzählte, aufzuhören, sagt Athanasios. Seinen Ruhestand wird er in Günzburg mit seiner Frau im Haus und Garten genießen. Denn die Große Kreisstadt sei zu seiner Heimat geworden. Aber auch in Griechenla­nd will er einige Monate des Jahres verbringen. Er und seine Familie hätten sich einen schöneren Abschied aus der Gastronomi­e gewünscht, zusammen mit den Gästen. Doch das wird aufgrund von Corona nur eingeschrä­nkt möglich sein, bedauert Athanasios.

Und wie geht es vor Ort weiter? Einen Nachfolger habe er bereits gefunden, erzählt der 59-Jährige. Ein griechisch­er Gastronom wird ein neues Restaurant eröffnen – vermutlich irgendwann anfang nächsten Jahres. Und vielleicht wird dann auch Athanasios dort anzutreffe­n sein. Seine Hilfe habe er jedenfalls schon angeboten.

Corona ist nicht der Auslöser für die Schließung

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Athanasios Daloukas ist seit fast 30 Jahren glücklich in Günzburg. Trotzdem wird er sein griechisch­es Restaurant „Delphi“in we‰ nigen Wochen für immer schließen.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Athanasios Daloukas ist seit fast 30 Jahren glücklich in Günzburg. Trotzdem wird er sein griechisch­es Restaurant „Delphi“in we‰ nigen Wochen für immer schließen.

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