Mittelschwaebische Nachrichten
Dieser Kultgastronom aus Günzburg hört bald auf
Das Restaurant „Delphi“ist in wenigen Wochen geschlossen. Warum sich Chef Athanasios Daloukas zu diesem Schritt entschlossen hat und wie es nun weitergeht
Günzburg Fünf Wochen sind es noch, bis eine Ära in Günzburg endet. Dann nämlich wird Athanasios Daloukas sein Restaurant „Delphi“für immer zusperren. Über 28 Jahre lang war es, zentral am Marktplatz gelegen, nicht aus dem Stadtbild wegzudenken. Doch zum Jahreswechsel hört der Chef auf und das Restaurant in seiner jetzigen Form verschwindet. Mit unserer Redaktion spricht er über seine Anfänge in Deutschland, seine Zeit im Delphi und seine Zukunftspläne.
1987 war das Jahr, das den ersten großen Wendepunkt des damals 26-jährigen Athanasios markierte. Der junge Mann entschloss sich seinen Heimatort Trikala in Zentralgriechenland zu verlassen und sein Glück in Deutschland zu suchen. In seiner Heimat absolvierte er zuvor eine Konditor-Lehre, arbeitete dort morgens und kellnerte abends in einem Restaurant. Doch Athanasios wollte mehr. „Ich konnte in Griechenland nie Geld ansparen“, sagt der inzwischen 59-Jährige und lacht, während er in seinem coronabedingt verwaisten Restaurant sitzt. Viel lieber sei er mit seinen Freunden in Tavernen gesessen und habe es sich gut gehen lassen.
Sein erstes Ziel in Deutschland war Wangen im Allgäu. Dort arbeitete er zwei Jahre im Restaurant seines Onkels. Weitere Stationen waren Senden – dort war er Koch – , und Ulm. Das Geld, das er verdiente, sparte er an. 1992 hatte er über seinen Onkel das Angebot erhalten, in Günzburg ein Lokal zu pachten – der zweite Wendepunkt im Leben des Griechen. Nach einer umfangreichen Sanierung eröffnete er also vor mehr als 28 Jahren das Restaurant „Delphi“.
Nicht nur beruflich lief es für Athanasios gut, sondern auch privat. Er heiratete 1994 seine Frau Charikleia, die er einige Jahre zuvor in Ulm während einer griechischen Nacht das erste Mal traf und sie später in Günzburg wieder zufällig sah. Das Eheglück komplett machten die drei Mädchen Stavroula, Konstantina und Anna-Maria, die inzwischen alle erwachsen und berufstätig sind oder studieren. Die Familie lebte über dem Restaurant, kaufte das Gebäude vor etwa zehn Jahren. Ein Glücksfall, wie sich gerade in den vergangenen Monaten herausstellte.
Denn wegen der Corona-Pandemie durfte das Delphi im Frühjahr wochenlang nicht öffnen, dasselbe Schicksal ereilte alle Gastronomen dann wieder Anfang November. Die Einnahmen sanken, aber Miete musste zum Glück keine gezahlt werden. Auch als das Delphi zwischenzeitlich wieder öffnen durfte, war nichts mehr wie zuvor. Viele für die Jahreszeit sonst so typische Legoland-Besucher blieben fern. 90 Prozent der Gäste in diesem Sommer seien Stammkunden, erzählt Athanasios. „Touristen sind natürlich gut fürs Geschäft, aber die Stammgäste waren für mich schon immer das Wichtigste. Sie kommen auch außerhalb des Sommers und man kennt sich.“
Doch der Einnahmenrückgang und Corona sind nicht die Auslöser für die endgültige Schließung, sagt Athanasios. Den Entschluss habe er bereits im vergangenen Jahr gefasst. „Ich kann nicht mehr, das ist mir zu viel Stress.“Er denke an seine Gesundheit und zieht deswegen mit 59 Jahren einen Schlussstrich.
Seit er 13 Jahre alt ist, habe er gearbeitet. Die Gastronomie sei ein harter Job – bis spät abends auf den Beinen zu sein, vor allem an den Wochenende und Feiertagen, sei alles andere als leicht. Weder für ihn als Chef, der immer im Restaurant zugegen war, noch für das Personal. Denn dieses zu finden wurde im Laufe der Jahre immer schwieriger, erzählt Athanasios.
Die vielen Gespräche mit den Gästen werden ihm fehlen, gibt Athanasios zu. Viele schöne Erinnerungen hängen an dem Restaurant. Seine Tochter Konstantina sitzt neben ihm und nickt zustimmend. Auch sie wird emotional, wenn sie an den bevorstehenden Abschied denkt, sie blickt im Restaurant umher und spricht voller Freude über die vielen netten Menschen, die sie im Laufe der Jahre bedient, mit denen sie gelacht und geredet hat. Aber das Restaurant zu übernehmen, sei für die 23-Jährige und ihre beiden Schwestern keine Option gewesen.
Nicht nur seine drei Kinder, auch viele Günzburger werden das Delphi vermissen. So mancher Stammgast habe sogar geweint, als er ihnen erzählte, aufzuhören, sagt Athanasios. Seinen Ruhestand wird er in Günzburg mit seiner Frau im Haus und Garten genießen. Denn die Große Kreisstadt sei zu seiner Heimat geworden. Aber auch in Griechenland will er einige Monate des Jahres verbringen. Er und seine Familie hätten sich einen schöneren Abschied aus der Gastronomie gewünscht, zusammen mit den Gästen. Doch das wird aufgrund von Corona nur eingeschränkt möglich sein, bedauert Athanasios.
Und wie geht es vor Ort weiter? Einen Nachfolger habe er bereits gefunden, erzählt der 59-Jährige. Ein griechischer Gastronom wird ein neues Restaurant eröffnen – vermutlich irgendwann anfang nächsten Jahres. Und vielleicht wird dann auch Athanasios dort anzutreffen sein. Seine Hilfe habe er jedenfalls schon angeboten.
Corona ist nicht der Auslöser für die Schließung