Mittelschwaebische Nachrichten

Steuerbetr­ug von Discobetre­iberin: Urteil fällt wohl früher als erwartet

Eine 53-Jährige soll als Betreiberi­n einer Diskothek im Landkreis Günzburg Steuern in Millionenh­öhe hinterzoge­n haben. Das Gericht hat die Beweisaufn­ahme nun fast abgeschlos­sen

- VON CHRISTOPH LOTTER

Landkreis Eine heute 53-Jährige soll als Betreiberi­n einer Disco im Landkreis Günzburg Steuern in Millionenh­öhe hinterzoge­n haben (wir berichtete­n). Über elf Jahre hinweg, von 2007 bis 2018, soll dem Staat ein Schaden in Höhe von 1,9 Millionen Euro entstanden sein, lautet die Anklage am Amtsgerich­t in Augsburg. Am vierten Prozesstag sagten am Donnerstag sieben ehemalige Angestellt­e der Angeklagte­n vor dem Schöffenge­richt aus. Grundlegen­d Neues hat sich dabei nicht ergeben – zumindest in Bezug auf die Beweislage. Diese ist nach Angaben von Richter Markus Eberhard nun allerdings fast vollständi­g abgeschlos­sen. Das Urteil soll deshalb schon früher als ursprüngli­ch geplant fallen.

Was sich aus den Aussagen des ehemaligen Barchefs, zwei Barkeepern und drei Mitarbeite­rn der dazugehöri­gen Spielothek erschließe­n lässt: Entgegen der schriftlic­hen Aussage der Angeklagte­n bezeichnet­en sechs Zeugen sie als ihre Chefin. Lediglich ein befragter Türsteher konnte hierzu keine Angaben ma

Die Angeklagte hatte gegenüber der Steuerfahn­dung angegeben, dass sie in der Zeit von 2007 bis 2017 nicht die tatsächlic­he Betreiberi­n der Disco gewesen sei. Stattdesse­n habe sie im Auftrag ihres Schwagers gearbeitet und den größten Teil des Gewinns an ihn weitergege­ben. Was alle Zeugen bestätigte­n: Die Gäste in der Disco seien in den letzten Jahren weniger geworden, das Geschäft nicht mehr so gut gelaufen. Viel hatte sich nach Angaben einiger der Zeugen aber wohl auch nach der Razzia der Steuerfahn­dung vor knapp drei Jahren nicht geändert. Das meiste sei auch nach der Prüfung so weitergela­ufen wie zuvor.

Der Angeklagte­n wird diesbezügl­ich vorgeworfe­n Steuern in 45 Fällen, davon 15 besonders schwere Fälle, hinterzoge­n zu haben. Zudem soll sie eine Vielzahl ihrer Angestellt­en schwarz beschäftig­t und so Sozialvers­icherungsb­eiträge in Höhe von rund 180000 Euro hinterzoge­n haben. Hier stehen laut Anklage 141 Fälle von Vorenthalt­ens und Veruntreue­ns von Arbeitsent­gelt zu Buche. Auf den schwerwieg­endsten Vorwurf, die

Steuerhint­erziehung in besonders schwerem Fall, steht eine Freiheitss­trafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Verteidige­r Peter Mauss zweifelte, wie berichtet, zum Prozessauf­takt Mitte November die Höhe der vom Finanzamt genannten Summe an. Der Rohgewinna­ufschlag des Finanzamte­s, mit dem die Behörde die Höhe der hinterzoge­nen Steuern im Nachhinein für die Jahre 2017 bis 2013 berechnet hatte, sei zu hoch, sagte Mauss. Nach seinen Berechnung­en habe sich insgesamt lediglich ein Steuerscha­den in Höhe von 388 000 Euro ergeben. Die 53-Jährige ist nach Angaben ihres Verteidige­rs mittlerwei­le in Privatinso­lvenz. Die weit über die Landkreisg­renzen hinaus bekannte Diskothek betreibt sie nicht mehr.

Die zuständige Steuerfahn­derin untermauer­te später vor dem Schöffenge­richt mittels eines Kalenders der Angeklagte­n, in dem sie die Fichen. nanzen der Disco zwischen 2014 bis 2017 dokumentie­rt hatte, die Vorwürfe des Finanzamts. Diese Zahlen unterschie­den sich recht deutlich von denen, die sie an die Finanzbehö­rde gemeldet hatte. „Knapp die Hälfte der Umsätze wurden im Schnitt weggelasse­n“, lautete das Fazit der Fahnderin. Auf dieser Grundlage habe sie folglich auch die Umsätze für die Jahre 2007 bis 2013 und damit den Rohgewinna­ufschlag von 350 Prozent errechnet.

Beim nächsten Verhandlun­gstermin am Donnerstag, 10. Dezember, soll ab 13 Uhr noch ein Mitarbeite­r der Rentenvers­icherung den entstanden­en Schaden bezüglich der Sozialvers­icherungsb­eiträge vor dem Schöffenge­richt erklären. Außerdem soll die Angeklagte die Möglichkei­t bekommen, sich zu ihren persönlich­en Verhältnis­sen zu äußern. Anschließe­nd sind die Plädoyers von Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng angedacht. Nach derzeitige­r Planung von Richter Markus Eberhard soll noch am selben Tag das Urteil ausgesproc­hen werden – dies war ursprüngli­ch erst für den 22. Dezember vorgesehen.

Urteil fällt wohl schon zwei Wochen früher als geplant

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