Mittelschwaebische Nachrichten
Laub und Lärm
Laubbläser und -sauger sind umstritten. Anwohner sind oft von der Geräuschkulisse genervt. Trotzdem sind sie in vielen Kommunen im Landkreis im Einsatz. Warum eigentlich?
Herbstzeit – das ist Jahr für Jahr die Zeit für den Einsatz von Laubsaugern und Laubbläsern. Warum auch heimische Kommunen diese Geräte einsetzen.
Wohl kaum ein anderes Gartengerät polarisiert so wie Laubbläser und -sauger. Ihre Einsatzzeit ist in der Hauptsache der Herbst, und wer seine Wohnung oder Arbeitsstätte in der Nähe einer Grünfläche mit Laubbäumen hat, ist mitunter genervt vom dröhnenden Lärm der Geräte.
Das Problem: Es gibt für Gartengeräte keine Lärmobergrenze nach dem Bundes-Immisionsschutzgesetz (BImSchg). Dabei kann ein motorbetriebener Laubentferner im Betrieb bis zu 120 Dezibel erreichen und damit genauso laut sein wie Presslufthämmer und Kettensägen. Doch damit nicht genug. Diese Geräte lassen nicht nur die gefallenen Blätter durch die Luft in die gewünschte Richtung wirbeln, sie verteilen auch die an der Bodenoberfläche befindlichen Mikroben, Pilze, Unrat und Kot, was gesundheitlich bedenklich werden kann. Und Geräte mit Häckselfunktion zerhacken auch Klein- und Kleinstlebewesen, vom Regenwurm bis zum Frosch.
Bisher ist es nicht gelungen, den Einsatz dieser umstrittenen Geräte zu reglementieren oder gar ganz zu verbieten. Die EU-Kommission sollte eine entsprechende Verordnung bis 2020 vorlegen. Inzwischen wurde sie für 2025 prognostiziert. Die Fraktionen von Grünen und SPD wollten nicht so lange warten und haben im Juli - nicht zum ersten Mal – einen Antrag auf Verbot der Geräte gestellt, der aber von den anderen Fraktionen im Umweltausabgelehnt wurde. Deshalb ist auch weiterhin die einzige Einschränkung die Einhaltung der Ruhezeiten von 17 bis 9 Uhr und von 13 bis 15 Uhr. Daneben können Kommunen eigene Satzungen dazu erlassen.
Fragt man in den Rathäusern im Landkreis nach, gibt es Beschwerden, aber weniger wegen Lärmbelästigung als wegen Laubbelästigung. Für Christoph Böhm, der seinen ersten Herbst als Bürgermeister von Jettingen-Scheppach erlebt, war es erstaunlich, wie gering die Akzeptanz der Bürger bei Laub auf dem Friedhof oder den Straßen ist. „Wir haben zwei motorbetriebene Laubbläser im Einsatz. Die ökologische Problematik kennen wir, aber bei fünf Friedhöfen, den Grünanlagen und Laubbäumen entlang von Straßen können wir ohne die motorisierte Unterstützung nicht arbeiten. Auch mit den Laubbläsern kommen wir kaum hinterher, denn das Laub fällt ja an allen Bäumen gleichzeitig. Trotz der technischen Hilfsmittel können wir nicht ständig alles laubfrei halten, so viele Mitarbeiter haben wir nicht. Aber das Anspruchsdenken mancher Bürger ist enorm hoch. Ein Verzicht auf die Laubbläser kommt in dieser Situation also nicht infrage.“
Den Kompromiss zwischen Ökologie, Ökonomie und Bürgeranspruch muss auch die Stadt Krumbach finden, die drei Motorgeräte im Einsatz hat. Hubert Fischer zählt auf, was die Stadt insbesondere im Herbst zu leisten hat. „Da fällt Laub von 2878 Laub- und 378 Obstbäumen an, verteilt auf 850 Grünflächen. Insgesamt müssen 54,5 Hektar städtische Grünflächen gepflegt werden. Allein mit Handarbeit wäre das nicht in dem Maße zu leisten, wie der Bürger das erwartet. Das ginge nur mit erheblich mehr Personal und folglich Kosten.“Immerhin, verteidigt Fischer den Laubbläsereinsatz, seien diese Geräte weniger umweltschädlich als die Sauger. Und da sie eigentlich nur vier bis fünf Wochen in der Zeit des Laubfalls eingesetzt würden, halte sich auch die Lärmbelästigung in Grenzen.
In Günzburg hat Rainer Frey, der Leiter des Bauhofs, einen Motorbläser für Freistrecken im Einsatz und sechs leisere, akkubetriebene Geräte, die in der Stadt und auf nicht befestigten Wegen benötigt werden. Ihn würde es nicht stören, auf Handbetrieb, also Laubrechen, umzustellen. „Aber das ist natürlich eine Frage des Geldes. Wir könnten diese Arbeit nur leisten, wenn wir sehr viel mehr Arbeitsstunden dafür einsetzen könnten. Das kostet. Wir sind aber angehalten, wirtschaftlich zu arbeiten und mit dem Geld der Bürger verantwortlich umzugehen. Man könnte natürlich ganz einfach den Arbeitseinsatz reduzieren und Laub an manchen Stellen länger liegen lassen. Aber da kommt uns dann die Verkehrssicherungspflicht und der Wunsch der Bürger nach geschuss kehrten Wegen dazwischen.“Wie Oberbürgermeister Gerhard Jauernig versichert, versucht die Stadt hier einen Kompromiss zu finden. „Es ist nicht einfach, Ökologie und Ökonomie unter einen Hut zu bringen. Wir haben eine Umweltbeauftragte, die auch in engem Kontakt mit dem Bauhof steht. Alle Maßnahmen werden abgeglichen und auch nach ihren ökologischen Folgen bewertet. So werden in Günzburg zwar Akkulaubbläser eingesetzt, aber das Laub wird nicht abtransportiert, sondern zum Schutz von Kleinlebewesen und als Nährstoffquelle für die Pflanzen unter Bäume und Sträucher geblasen. Wir gehen verantwortungsvoll mit den Bläsern um, aber ein Verzicht darauf ist derzeit kaum denkbar.“
Diese Sorgen hat Harald Lenz von den Grünen nicht. Der im Frühjahr neu gewählte Ebershauser Bürgermeister steht der kleinsten Gemeinde im Landkreis vor. Dort seien die eher städtischen Probleme – noch – nicht angekommen, erklärt er. Es gibt in Ebershausen keinen Bauhof mit angestellten, sozialversicherten Mitarbeitern, die eine feste Kostenstelle im Haushalt darstellen und entsprechend ökonomisch gehandhabt werden müssen. „In Ebershausen werden die Grünflächen von den Einwohnern als sogenannte Hand- und Spanndienste gepflegt. Die Ebershauser sind sehr engagierte Bürger, die sich für ihr Dorf einsetzen. Im Herbst greifen sie zum Laubrechen, von Laubbläsereinsätzen ist mir nichts zu Ohren gekommen.“
In Krumbach sind drei Motorgeräte im Einsatz