Mittelschwaebische Nachrichten
Krumbach unter Schock
Nach dem Suizid am Krankenhaus stellt sich für viele die Frage nach dem Warum. Der Verstorbene war in vielen Vereinen aktiv. Dass gegen ihn wegen Verbindungen zur Reichsbürgerszene ermittelt wurde, überrascht viele
Nach dem Suizid eines bekannten und beliebten Krumbachers steht die Stadt unter Schock. Er stand unter dem Verdacht, ein Reichsbürger zu sein.
Krumbach Warum? Diese Frage treibt seit gestern viele Krumbacher um. Seit ein 63-Jähriger sich auf dem Gelände des Krankenhauses selbst das Leben nahm. Viele kannten ihn. Er war in Vereinen aktiv, galt als gesellig. Viele Krumbacher trafen ihn regelmäßig, saßen abends mit ihm zusammen. Jetzt sind sie fassungslos darüber, dass gegen ihn und sieben weitere Verdächtige wegen Verbindungen zur Reichsbürgerszene ermittelt wird.
Einer von denen, die den Mann schon lange kannten, ist Reiner Egner. Der Schützenmeister des Schützenbunds Krumbach beschreibt den Verstorbenen als „sehr beliebt“und „einen guten Schafkopfer“. Nie habe er bestimmte Theorien in die Welt gesetzt oder gezeigt, dass er dem Gedankengut der Reichsbürger nahestehen könnte. Auch im Umgang mit Waffen habe sich der Mann tadellos verhalten. Wie jedes andere Mitglied auch, habe er eine Waffenbesitzrechtskarte gehabt, die ihm den Umgang mit Schusswaffen am Schießstand erlaubt – geprüft durch den Bayerischen Sportschützenbund.
Der Mann galt als waffenaffin, hatte mehrere Schusswaffen zu Hause. Mittlerweile hat die Polizei bestätigt, dass eine davon die Waffe war, die er gegen sich selbst gerichtet hat.
Auch ein Abschiedsbrief wurde gefunden, zu dessen Inhalt die Ermittler aber keine Angaben machten. Weshalb der Mann sich dazu entschied, auf dem Gelände des Krankenhauses in aller Öffentlichkeit Suizid zu begehen, bleibt so vorerst ein Rätsel.
Vor der Notaufnahme am Krumbacher Krankenhaus erinnert derweil nichts mehr an das Drama, das sich dort abgespielt hat. Hermann Keller, Direktor Klinikmanagement der Kreiskliniken, war selbst im Haus, als am Mittwoch gegen zehn Uhr vormittags ein dumpfes Schussgeräusch zu hören war. Er eilte zum Tatort, sah vor der Notaufnahme einen Mann liegen. Rettungssanitäter versuchten noch, ihm das Leben zu retten, sagt Keller. Vergeblich. Was es mit dem rätselhaften Suizid womöglich auf sich hat, erfährt er erst aus den Medien. „Wir wissen nicht, was er bei uns wollte. Er war kein Patient bei uns“, sagt der Direktor.
Die Mitarbeiter im Krankenhaus seien von dem Vorfall sehr mitgenommen. „Wir sind ja vieles gewöhnt. Aber das war schon ein großer Schreck. Normalerweise bringen ja die Sanitäter solche Fälle zu uns, sie passieren nicht hier“, so Keller. Man werde nun prüfen, ob bei Mitarbeitern Bedarf nach therapeutischen Gesprächen bestehe.
Nach dem Vorfall hatte die Polizei routinemäßig Ermittlungen eingeleitet. Das sei üblich bei Todesfällen unter solch ungewöhnlichen
Umständen, um eine Fremdeinwirkung auszuschließen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gegenüber unserer Redaktion. Es hätte sich aber kein entsprechender Verdacht ergeben.
An anderer Stelle laufen die Ermittlungen dagegen auf Hochtouren. Wie berichtet, hatte der Militärische Abschirmdienst (MAD) die Verdächtigen am Dienstag und am Mittwoch befragt. Zu Details machte ein Sprecher mit Verweis auf das laufende Verfahren keine Angaben. Es verdichten sich aber die Hinweise, dass der 63-jährige Krumbacher bei den Ermittlungen zu den Hauptverdächtigen gehörte. Sollte dies sich bestätigen, führte der Mann wohl eine Art Doppelleben.
Erinnerung an einen „lebensfrohen, netten Menschen“
Das vermutet auch Uli Köhler. Er ist Präsident der Faschingsgilde Zylinderer, in der der Tote ebenfalls seit vielen Jahren aktiv war. „Ich kannte ihn als lebensfrohen, netten Menschen. Aber man kann in niemanden reinschauen.“Womöglich habe der Mann sich, auch aufgrund seines Berufs, sehr gut verstellen können.
Es sei allgemein bekannt gewesen, dass er für die Bundeswehr arbeite. Was genau er dort machte, darüber habe man nie gesprochen, sagt Köhler. „Ich wusste, dass er sehr waffenaffin war. Aber ich dachte, das gehört bei seinem Job dazu. Er hat nie irgendwelches radikales Gedankengut geäußert.“
Allerdings zeigte der 63-Jährige in den vergangenen Monaten wohl eine Nähe zur Szene der sogenannten Querdenker. Das bestätigen mehrere Krumbacher, die ihn näher kannten. Offenbar stand der Mann den Corona-Maßnahmen der Regierung äußerst kritisch gegenüber. Die Querdenker-Bewegung steht laut RBB aktuell im Fokus des Verfassungsschutzes – unter anderem wegen einer möglichen Vernetzung mit den Reichsbürgern.