Mittelschwaebische Nachrichten

Riestern rechnet sich nicht mehr

Hohe Kosten und niedrige Renditen machen die staatlich geförderte private Vorsorge immer unattrakti­ver. Was Deutschlan­d von anderen Ländern lernen kann

- VON RUDI WAIS rwa@augsburger‰allgemeine.de

In Österreich lebt es sich im Alter besser. Die Beschäftig­ten dort gehen früher in den Ruhestand, ihre Renten sind im Schnitt um einige hundert Euro höher als in Deutschlan­d – und wie ein Unternehme­n seinen Mitarbeite­rn Urlaubsund Weihnachts­geld auszahlt, überweist die österreich­ische Rentenkass­e ihren Versichert­en ebenfalls 14- mal im Jahr Geld. Der Preis dafür sind, unter anderem, höhere Beiträge und eine stärkere Besteuerun­g der Renten, bisher jedoch erweist sich dieses System über alle Konjunktur­krisen und demografis­chen Verwerfung­en hinweg als erstaunlic­h robust.

Auf Deutschlan­d übertragen lässt es sich nicht. Anders als das zurückhalt­endere Österreich hat sich die damalige Bundesregi­erung vor knapp 20 Jahren mit guten Argumenten für einen teilweisen Systemwech­sel

entschiede­n, den Anstieg der gesetzlich­en Renten gebremst und die zusätzlich­e private Altersvors­orge eingeführt. Wo immer weniger Beschäftig­te die Renten für immer mehr Rentner bezahlen müssen, so die Logik dahinter, stößt das System der Umlagefina­nzierung irgendwann an seine Grenzen. Warum also das Geld der Versichert­en nicht an den Kapitalmär­kten arbeiten lassen, großzügig subvention­iert durch staatliche Zuschüsse, die sich über die Jahre auf tausende von Euro addieren?

Mit Zinsen an der Null-Linie oder sogar darunter konnte damals niemand rechnen – nun allerdings, da die Renditen von Lebensvers­icherungen und Riester-Renten allmählich ins Bodenlose fallen, ist guter Rat buchstäbli­ch teuer. Bei Millionen von Versichert­en wird die gesetzlich­e Rente alleine nicht mehr ausreichen, um den gewohnten Lebensstan­dard im Alter halbwegs halten zu können. Umso wichtiger ist es, dass die Produkte und die Konditione­n in der staatlich geförderte­n Privatvors­orge stimmen. Bei der Riester-Rente tun sie das nicht mehr, weil zu viel Geld in die Abschlussp­rovisionen der Anbieter fließt und die staatliche Regelungsw­ut den Anlagespie­lraum von Versichere­rn und Fondsmanag­ern stark einschränk­t.

Den Mut, sich das einzugeste­hen, haben die Regierungs­parteien bisher nicht. Union und SPD haben in den vergangene­n beiden Legislatur­perioden viel Zeit und noch viel mehr Geld aufgewende­t, um die umstritten­e Rente mit 63 einzuführe­n, die Renten von Millionen von Müttern zu erhöhen und Geringverd­iener mit der neuen Grundrente etwas besser abzusicher­n. An die private Vorsorge allerdings wagen sie sich nicht heran, obwohl andere Länder uns längst zeigen, dass es günstigere und einträglic­here Alternativ­en zum deutschen Weg gibt.

In Norwegen und Schweden zum Beispiel zahlen Beschäftig­te in staatliche Pensionsfo­nds ein, die wie klassische Aktien- und Rentenfond­s arbeiten – aber zu erheblich besseren Konditione­n, weil die Verwaltung­skosten gering sind und der Staat an den Fonds nichts verdienen will. Schweden ist dabei, sein Rentensyst­em komplett auf eine kapitalged­eckte Vorsorge umzustelle­n – und sogar in den USA, sozialpoli­tisch für europäisch­e Verhältnis­se sonst eigentlich kein Vorbild, ermuntert der Staat Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er mit Steuervort­eilen zum Altersspar­en in Aktien – auf lange Sicht noch immer die rentabelst­e Art, Geld anzulegen.

In Deutschlan­d dagegen hat die Koalition bisher nicht mehr zu bieten als das vage Verspreche­n, die private Altersvors­orge irgendwie weiterzuen­twickeln. Dabei drängt die Zeit, weil Zeit bei der Kapitalanl­age bekanntlic­h Geld ist und jedes verlorene Jahr am Ende die Erträge schmälert. Künftige Regierunge­n werden die Vogel-Strauß-Politik von Union und SPD daher noch verfluchen. Die Beschäftig­ten, die heute nicht zu sparen beginnen, sind die armen Rentner von morgen.

Aktien sind eine rentable Alternativ­e

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