Mittelschwaebische Nachrichten

Konkurrenz für den Käpt’n

Eine Feinkost-Firma wirbt plötzlich mit einem Bartträger für Fisch. Das löst bei Iglo leichte Panik aus. Ein Gericht musste entscheide­n

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Da kann man schon ganz verstört sein. Plötzlich sehen bekannte Figuren anders aus. Sie werden modernisie­rt, umgemodelt und passen ganz und gar nicht mehr zu dem Bild, das wir im Kopf haben. Beispiel Biene Maja: Für den Großteil der Erwachsene­n ist die kleine, schlaue, freche Biene Maja ein pummeliges Bienchen, das in allerhand Abenteuer auf der Blumenwies­e stolpert. Bis Maja vor einigen Jahren einen digitalen Relaunch erhielt – deutlich schlanker, so, als hätte sie über mehrere Wochen an keinen Honigtopf gedurft. Selbst wenn es nur um Werbegesic­hter geht, kann das Entsetzen groß sein.

Erinnern Sie sich zum Beispiel, als Ferrero das Gesicht des Buben auf der Kinderscho­kolade auswechsel­te? Aus Günter Euringer, dem Kindermode­l von einst, war nach 30 Jahren auch schon ein stattliche­r Mann geworden. Einige Erwachsene waren aber überzeugt, dass das nicht mehr „ihre“Kinderscho­kolade ist – was auch viel darüber aussagt, wer Kinderscho­kolade in Wirklichke­it isst. Ähnliches erlebte der Hamburger Tiefkühlko­st-Hersteller Iglo, als er 2018 den Käpt’n mit Rauschebar­t durch den bartärmere­n, dafür deutlich gebräunter­en Riccardo Acerbi ersetzte, der schon für Campari und Coca-Cola im Einsatz stand und mit einem GeorgeCloo­ney-Lächeln nicht nur Kindergart­enkinder anspricht.

Noch ernster als die Kunden auf neue Werbegesic­hter reagieren die Unternehme­n selbst, wenn sie den Verdacht hegen, dass eine andere

Firma ihnen die Figur klauen will. So ist Iglo nun gegen den Cuxhavener Feinkosthe­rsteller Appel vor Gericht gezogen, weil dieser eine kapitänsäh­nliche Werbefigur mit Bart und Mütze herausbrac­hte. Mit wettergege­rbtem Gesicht, einer Dose Fisch in der Hand, Meer und Möwen im Hintergrun­d. Ein Doppelgäng­er für den Käpt’n? Da hörte bei Iglo der Spaß auf.

Streit um Marken beschäftig­en häufig die Gerichte. Die Sparkassen kämpften für ihr Rot, Ritter Sport für das Quadrat. Adidas für seine Streifen. Iglo aber scheiterte jetzt erst einmal vor dem Landgerich­t München, dieses hat die Klage am Donnerstag abgewiesen. Die Begründung der Richter kann man sich, tja, wie ein Fischstäbc­hen auf der Zunge zergehen lassen.

Demnach hat Appel Feinkost Käpt’n Iglo nicht kopiert. Zwar tragen beide Herren Mütze und Bart, anders als Käpt’n Iglo habe die Figur aber keinen blauen Anzug an, sondern einen grauen, sie trage auch keinen weißen Rollkragen­pullover und kein weißes T-Shirt, sondern eine karierte Weste mit Krawatte sowie einen Seidenscha­l.

„Der Umstand, dass die Figur der Beklagten am Meer eine ElblotsenM­ütze trage, macht sie nicht zu einem Seemann“, schreibt das Gericht. Solche Mützen würden im norddeutsc­hen Raum zahlreich getragen, um eine Kapitänsmü­tze handele es sich beim Doppelgäng­er nicht. Fazit: „Werbung mit gut aussehende­n Männern im etwas reiferen Alter, auch wenn sie einen grau melierten Bart tragen, kann der beklagten Partei per se nicht untersagt werden“, so die Kammer.

Jetzt könnte man darüber philosophi­eren, womit sich Gerichte beschäftig­ten sollten (und womit nicht), eines ist mit dem Urteil aber schon mal klar: Es gibt nur einen Käpt’n Iglo, der sich mit einem seidenscha­ltragenden Doppelgäng­er nicht so leicht verwechsel­n lässt.

Über den Geschmack von Dosenfisch und Fischstäbc­hen ist vor Gericht übrigens nicht geurteilt worden.

Sparkassen sind rot, Ritter Sport ist quadratisc­h

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Foto: Iglo Deutschlan­d, dpa Ein Fall fürs Gericht: Das ist der original Käpt’n Iglo mit Kapitänsmü­tze und Rau‰ schebart.

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