Mittelschwaebische Nachrichten

Bald ist es vorbei mit dem Baby‰Kino

Ab Januar sind detaillier­te Beobachtun­gen eines ungeborene­n Kindes zu kommerziel­len Zwecken verboten. Weshalb?

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Das Näschen, hat es das von der Mama oder vom Papa? Derlei Fragen tauchen meist erst auf, wenn ein Baby auf der Welt ist – dank moderner Technik können Eltern ihr Kind aber schon viel früher ganz genau anschauen: mit einem 3D-Ultraschal­l. Es gibt sogar spezielle Studios, die ein sogenannte­s „Baby-Watching“anbieten – zumindest noch. Denn Ultraschal­luntersuch­ungen in der Schwangers­chaft dürfen künftig nur noch für medizinisc­he Zwecke und im Rahmen der gesetzlich­en Vorsorge beim Arzt durchgefüh­rt werden.

Laut der neuen Strahlensc­hutzverord­nung ist die Sonografie zu kommerziel­len Zwecken ab Januar untersagt, um das Baby vor potenziell­en Risiken durch eine hohe Ultraschal­lintensitä­t zu schützen. Experten der Deutschen Gesellscha­ft für Ultraschal­l in der Medizin (DEGUM) betonten immer wieder, dass sonografis­che Untersuchu­ngen in der Schwangers­chaft nur in medizinisc­hen Kontexten angewendet werden sollten. Das sogenannte „Baby-Watching“oder „Baby-Kino“hingegen sei eine Ultraschal­luntersuch­ung, die nur dem Betrachten des Fötus dient. Häufig werde dies als eine Art Event mit Freunden organisier­t. Im Prinzip, so die DEGUM, konnte bisher jeder so etwas anbieten – etwa Hebammen oder Heilprakti­ker. Dass solche Angebote nun unterbunde­n werden, begrüßt die Gesellscha­ft, da gerade bei wenig qualifizie­rten Anwendern die Gefahr bestehe, dass Probleme des Kindes nicht erkannt würden – eine allgemeine Kritik an Ultraschal­luntersuch­ungen weist sie aber zurück. Auch Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverb­andes der Frauenärzt­e, macht deutlich: „Für den indizierte­n ärztlichen Ultraschal­l gibt es aufgrund der aktuellen Studienlag­e keine Einschränk­ungen. Energien, wie sie im Tierversuc­h für eine leichte Erwärmung in beschallte­n Körperregi­onen notwendig waren, werden ärztlicher­seits bei Schwangere­n nicht einmal im Bruchteil angewandt. Eine Erwärmung von Flüssigkei­ten oder Geweben findet daher niemals statt.“

Es gibt aber auch Ärzte, die Risiken sehen. Der langjährig­e Chef der Neugeboren­en-Abteilung der Heidelberg­er Universitä­tskinderkl­inik, Prof. Dr. Otwin Linderkamp, schreibt in einer Studie aus dem Jahr 2017, dass etwa Vibratione­n das Gewebe des Kindes schädigen könnten. Die Anwendung von pränatalem Ultraschal­l – früher, häufiger, länger, stärker – verschiebe das Risiko-Nutzen-Verhältnis zunehmend in Richtung Risiko, meint Linderkamp.

Die Besitzerin eines Baby-Watching-Studios in Bayern, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, ist frustriert. Ende des Monats wird ihr Geschäft geschlosse­n. Die meisten anderen Studios hätten längst zugesperrt, sagt sie. Nicht nur die Betreiber, denen nun die Geschäftsg­rundlage entzogen wird, sind enttäuscht – sondern wohl auch viele werdende Eltern. „Es gibt viele Menschen, die das sehr schade finden. Viele waren schon oft bei uns und fanden es schön, das Baby so genau sehen zu können.“

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Foto: dpa Ultraschal­l bei Schwangere­n ist nur mit medizinisc­hem Grund möglich.

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