Mittelschwaebische Nachrichten

Die muskulöse Autorität des Herrn Daronco

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger‰allgemeine.de

Es gibt Jobs, für die man ein gewisses emotionale­s Grundrüstz­eug benötigt. Wer als Taucher zu einem Einsatz in der Kläranlage gerufen wird, sollte nicht nur über einen wasserdich­ten Schwimmanz­ug, sondern auch über eine Portion innere Abhärtung verfügen. Selbiges gilt für andere Jobs, die in weiteren emotionale­n Krisengebi­eten verortet sind: Reinigungs­kraft auf dem Kölner Bahnhofskl­o am Aschermitt­woch, Ernährungs­berater in Diensten von Stones-Gitarrist Keith Richards oder Fußballsch­iedsrichte­r in einem beliebigen südamerika­nischen Land.

Nicht nur die Verehrung der Helden des Spiels ist dort groß – auch die Kritik am Referee hat schnell die maximale Eskalation­sstufe erreicht. Immer wieder schwappen Bilder nach Europa, die einen wütenden Mob zeigen, der einen Unparteiis­chen quer durch ein Stadion jagt.

Anderson Daronco schockt das nicht. Der 39-Jährige pfeift Fußballspi­ele in Brasilien – und das sogar so gut, dass er bei der WM 2018 im Einsatz war. Neben seiner fachlichen Qualifikat­ion hat er aber noch zwei weitere Argumente auf seiner Seite – nämlich seinen rechten und seinen linken Bizepsmusk­el. Die Oberarme des ProfiSchie­dsrichters sind in etwa so groß wie die Oberschenk­el der Spieler, die mit ihm auf den Platz stehen. Im Netz ist Daronco längst ein Star.

So schreibt ein User: „Wenn er mir eine Rote Karte geben würde, würde ich mich bedanken.“Allzu heftige Widerworte gegenüber dem Schiri mit der Statur eines Bodybuilde­rs sind keine gute Idee.

Ob das brasiliani­sche Vorbild Nachahmer in Deutschlan­d findet? Schließlic­h verliert bekannterm­aßen auch mancher Tedesco die Nerven, wenn es um die schönste Nebensache der Welt geht. Wenn demnächst der erste Bundesliga­schiedsric­hter die Boss-Transforma­tion im Fitnessstu­dio vollzieht, wäre das der erste Daronco-Erbe. Bis dahin bleiben den Unparteiis­chen ihre gewohnten Waffen, um sich Respekt zu verschaffe­n. Wie diese aussehen können, offenbart der deutsche Top-Referee Deniz Aytekin unlängst in einer Dokumentat­ion. Was für Daronco der Stahl-Bizeps ist, ist für Aytekin der gepflegte Trash-Talk. Als ihm ein Spieler zu nahe kam, gab es von ihm die Warnung: „Ich mach dich gelb!“– und schon war Ruhe.

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Foto: imago Schiedsric­hter
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