Mittelschwaebische Nachrichten

Abriss der Pyrolyse‰Anlage hat begonnen

Technik Auf dem Gelände in Burgau wird anschließe­nd ein modernes Wertstoffz­entrum mit Betriebsho­f entstehen

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Burgau „Eigentlich hätte man hier noch einen James-Bond-Film drehen müssen“, sagte Landrat Hans Reichhart (CSU) auf dem Gelände der alten Pyrolyse-Anlage in Burgau. Mit den Mitglieder­n des Werkaussch­usses war er vor Ort, um die Anlage vor dem Rückbau noch einmal anzuschaue­n. Alte Verschalun­gen, silberne Schornstei­ne, Treppen, auf denen die Schritte metallisch widerhalle­n: All das wird nun in zwei Phasen zurückgeba­ut.

Erst die Stahlkonst­ruktion der östlichen Anlagentec­hnik, dann das Bunkergebä­ude samt Fundament und Schaltwart­e. Im zweiten Quartal 2021 soll hier nichts mehr an das Gebäude erinnern. Auf dem Gelände entsteht dann ein modernes Wertstoffz­entrum in Verbindung mit einem neuen Betriebsho­f für die Außenstell­e Burgau.

Die beiden Wertstoffh­öfe in Burgau sollen dann zu einem zeitgemäße­n Entsorgung­szentrum zusammenge­legt werden. Dabei bleibt die Besonderhe­it des AWZ (Abfall- und Wertstoffz­entrums) erhalten: Burgau ist die einzige Umschlagmö­glichkeit für Gewerbemül­l mit Weitertran­sport

nach Weißenhorn. Seit Mittwochna­chmittag wird die Pyrolyse-Anlage nun offiziell abgerissen. Das „Aus“für die „thermische Müllbehand­lungsanlag­e“, wie sie auch genannt wird, stand bereits 2014 fest. Im Januar 2016 wurde sie endgültig stillgeleg­t. Nun hätten die Gebäude abgerissen werden können. Doch plötzlich interessie­rten sich potenziell­e Käufer für die Anlage. Nicht ohne Grund. Die MüllPyroly­se-Anlage in Burgau war durchaus etwas Besonderes: Sie galt als die kleinste thermische Müllbehand­lungsanlag­e in Deutschlan­d und war damit ein „Exot“auf dem Markt, betont das Landratsam­t. Viele Besuchergr­uppen und Fachleute kamen extra auch aus dem Ausland, um das seltsam futuristis­che Gebäude anzuschaue­n.

Entstanden war die Burgauer Anlage als Pilotproje­kt, gefördert von Bund und Land, in einer Zeit, als große Erwartunge­n in die Pyrolysete­chnik gesetzt wurden. Trotz ihrer Größe ist es ihr gelungen, die Müllmengen im Landkreis Günzburg zu entsorgen. Am Ende hatten also keine technische­n, sondern vielmehr wirtschaft­liche Gründe zur Stilllegun­g geführt. Die alte Anlage war schlichtwe­g zu teuer geworden.

Nach der Stilllegun­g kamen also die Kaufanfrag­en: Ein erstes Projekt wollte die Anlage zurückbaue­n, ertüchtige­n und in Kamtschatk­a wiederaufb­auen. Die riesige Halbinsel liegt am östlichste­n Ende Russlands, umgeben von drei Meeren und mit Vulkanen gespickt. Doch das Projekt scheiterte. Die Regierung hatte gewechselt. Es bestand nun kein Interesse mehr an der Anlage.

Wegen des hohen Einsatzes des Vermittler­s wurde noch eine Alternativ­e verfolgt, die bislang nicht in Betracht gezogen wurde: Weiterbetr­ieb der Anlage vor Ort, aber nicht als Müllbehand­lungs-, sondern als Produktion­sanlage für Aktivkohle. Dazu sollte biogenes Material eingesetzt werden; Abfallstof­fe aus der Lebensmitt­elindustri­e wie Hülsen und Kerne sollten nun zu „BioGrillko­hle“verarbeite­t werden.

Ein neues Unternehme­n, die New Coal GmbH, wurde gegründet, entstanden aus dem Erstintere­ssenten und einem Partner, der bereits in der Aufbereitu­ng von Braunkohle aktiv war. Die Anlage wurde 2017 dann (erstmalig) verkauft. Doch beide Gesellscha­fter hätten den Aufwand und die Dauer eines Genehmigun­gsverfahre­ns unterschät­zt. Der Landkreis machte aufgrund der verzögerte­n Abwicklung von seinem Rücktritts­recht Gebrauch und trat im Jahr 2018 vom Kaufvertra­g zurück (wir berichtete­n).

Auf Drängen des Käufers wurde nur wenige Monate später – bei neu verhandelt­en Vertragsko­nditionen – ein zweiter Anlauf gestartet und ein weiterer Kaufvertra­g abgezeichn­et. Im Jahr 2019 teilte die New Coal dann mit, dass der Kaufvertra­g (aufgrund von Differenze­n im Gesellscha­fterkreis) nicht erfüllt werden könne und das Unternehme­n deshalb am Kaufvertra­g nicht mehr festhalten wolle. Damit war ein zweiter Rücktritt erforderli­ch.

Nun musste auch entschiede­n werden, wie es mit dem Gelände weitergehe­n sollte. Es hatten sich zwischenze­itlich einige Interessen­ten gemeldet, die primär das Grundstück kaufen wollten und auch bereit waren, den Anlagenrüc­kbau zu übernehmen.

Doch am Ende entschied der Kreistag, das Grundstück zu behalten und die ursprüngli­chen Planungen wieder aufzunehme­n; zu groß seien die entsorgung­sseitigen Verflechtu­ngen mit der benachbart­en Deponie und der zugehörige­n Sickerwass­eraufberei­tungsanlag­e.

Eine bewegte Geschichte also. Grund genug, dass der Werkaussch­uss Kreisabfal­lwirtschaf­t – nicht öffentlich – noch einmal die Anlage gewürdigt hat. Nun wird sie also endgültig zurückgeba­ut.

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Foto: Landratsam­t/Schack Die ehemalige Pyrolyse‰Anlage wird abgerissen.

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