Mittelschwaebische Nachrichten
Im Allgäu droht ein Besucheransturm
Tourismus Trotz geschlossener Skigebiete rechnet man mit vielen Tagesausflüglern
Kempten
Im Allgäu ist es weiß geworden, auch in den tieferen Lagen hat es geschneit. Einem Wochenende mit Vergnügungen im Schnee scheint jetzt nichts mehr im Wege zu stehen. Wird es im Winter im Allgäu genauso voll, wie es schon im Sommer der Fall war?
„Die Menschen haben das Bedürfnis, rauszugehen“, sagt Alfred Bauer, Dekan der Fakultät Tourismus-Management der Hochschule Kempten. Wenn Skifahren wegen geschlossener Lifte nicht möglich ist, werden sich die Menschen diesen Winter wohl auf Alternativen wie Tourengehen und Schneeschuhwandern verlegen, mutmaßt Bauer. Doch er warnt: „Wenn sich die Leute damit nicht auskennen, könnte das zu Unfällen führen.“Das belegt auch eine Studie, an der der Deutsche Alpenverein, Tourismusforscher der Ludwig-MaximiliansUniversität München und Lawinenexperten beteiligt waren: Viele Tourengeher seien nicht optimal auf die Lawinengefahr vorbereitet – und würden auch Schutzgebiete für Wildtiere zu wenig beachten.
Schon seit Jahren würden auch Winterwanderungen und Schneespaziergänge immer beliebter, sagt Dekan Bauer. Doch die Wander-Infrastruktur sei im Winter nicht so ausgeprägt wie im Sommer. „Der Druck auf die bestehenden Möglichkeiten wird zunehmen“, sagt er.
Das sieht auch Frank Jost, Geschäftsführer von Oberstdorf Tourismus, so: „Im Sommer wollten die Leute raus und damit rechnen wir auch im Winter“, sagt Jost. Auch er glaubt, dass sich die Gäste auf Winterspaziergänge und -wanderungen, Skilanglauf, Tourengehen und Schneeschuhwandern fokussieren werden. Denn Individualsportarten sind laut des bayerischen Gesundheitsministeriums allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands erlaubt – darunter falle auch das Langlaufen, selbst wenn die Loipe in der freien Natur vorgespurt wurde.
Aus Sportgeschäften komme schon jetzt die Rückmeldung, dass es kaum mehr Tourenskier gebe. „Wir wollen verhindern, dass die Besucher in geschützte und gefährliche Naturräume gehen“, sagt Jost. Um das zu vermeiden, sollen dort, wo es sicher ist, Spuren angelegt werden. Auch das Wegenetz wird täglich präpariert, im Schneesportbericht und auf Hinweisschildern werden Gefahrenquellen ausgewiesen. „Den Leuten muss klar sein, dass heuer die Schutzfunktion der Gastronomie wegfällt. Es ist nicht möglich, sich dort unterzustellen oder aufzuwärmen.“Umso wichtiger sei eine gute Ausrüstung.
„Insgesamt rechnen wir mit einer Zunahme der Tagesausflüge, allerdings nicht in dem Maße, wie wir es im Sommer erleben mussten“, sagt der Füssener Tourismusdirektor Stefan Fredlmeier. Das hänge auch damit zusammen, dass Füssen kein alpiner Wintersport-Hotspot sei. Die Stadt geht von einem „beherrschbaren“Besucherandrang aus, wird aber genau beobachten, wie es sich entwickelt. „Falls nötig werden wir im bewährten Verbund von Polizei und Verkehrsüberwachung reagieren.“