Mittelschwaebische Nachrichten

Das harte Los der Auswandere­r

Pfarrer Joseph Egg war Seelsorger und Heilprakti­ker. Pater Augustin Scherer unterstütz­te ihn mit Medikament­en

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Krumbach Hart war das Los der Menschen im Tiroler Oberinntal. Die Landwirtsc­haften waren klein, die Böden karg. Knechten und Mägden war keine Heirat möglich, weil sie das Vermögen nicht aufbringen konnten, um eine Heiratserl­aubnis zu bekommen. Eine Zeitungsan­nonce 1856 weckte viele Hoffnungen. Baron Damian Schütz von Holzhausen, ein Weltreisen­der und Agrarwisse­nschaftler, warb für eine Siedlung in Peru. Das Angebot, eigenen Besitz zu erhalten, war verlockend. 200 Tiroler meldeten sich darunter der Pfarrer Joseph Egg, Jahrgang 1820, seit 1843 Priester der Diözese Brixen.

Bevor er sich für die Auswanderu­ng anmeldete, beriet er sich mit seinem Freund Pater Augustin Scherer vom Benediktin­erstift Fiecht in Tirol. Er ermutigte ihn und versprach ihn mit seinem Gebet begleiten zu wollen. Pfarrer Egg erhielt auch den Segen seines Bischofs.

Zu den 200 Tirolern stießen noch 180 Rheinlände­r, die ebenfalls Baron Schütz angeworben hatte. Die Schiffsrei­se verlangte den Auswandere­rn einiges ab. Sie dauerte vier Monate. Die meisten wurden seekrank. Einige starben. In Peru angekommen, musste man feststelle­n, dass es die Straße nach Pozuzo, ihrem Zielort, noch gar nicht gab. Mühsam mussten sie sich den Weg selber bahnen. Viele Hinderniss­e mussten sie überwinden. Einige gaben auf. Pfarrer Egg hörte nicht auf, Mut zu machen. Es komme darauf an zusammenzu­halten.

Das auserwählt­e Volk brauchte 40 Jahre bis es ins Gelobte Land kam. Nicht ganz so lang brauchten die Tiroler, aber immerhin zwei Jahre. Dann aber tat sich ihnen nicht nur eine paradiesis­che Landschaft auf, sondern fruchtbare Böden warteten auf ihre Bewirtscha­ftung. Es wurden Häuser gebaut und eine Kirche.

Während manche Auswandere­r Briefe nach Hause schrieben, beklagten sie, dass ihre Angehörige­n nichts hören ließen. Nicht so erging es Pfarrer Egg. Er hatte einen engen Kontakt zu seinem Freund Pater Augustin Scherer in der Abtei Fiecht. Pater Augustin schrieb nicht nur Briefe, sondern er schickte auch Medikament­e, vor allem Salben, die benötigt wurden, denn Pfarrer Egg bewährte sich nicht nur als Seelsorger,

sondern er war auch Heilprakti­ker.

Die Siedlung Pozuzo entwickelt­e sich großartig. Den Mittelpunk­t bildete die Kirche. Die Ausstattun­g kam aus Fiecht. Ein Pater hatte einen guten Ruf als Maler der Nazareners­chule. Er lieferte Bilder einschließ­lich eines Kreuzwegs. Besonders freuten sich die Tiroler über eine Krippe. In dieser Siedlung wurde Deutsch gesprochen, genauer gesagt: Tiroler Dialekt. Beim Gottesdien­st sang man die Lieder, die jedem vertraut waren. Pfarrer Egg war es ein großes Anliegen, dass einmal ein Tiroler Priester seine Nachfolge antreten würde. Er hatte schon die Hoffnung aufgegeben, als ein junger Kooperator aus der Diözese Brixen sich meldete. Damals war Pfarrer Egg bereits 75 Jahre alt. Noch zehn Jahre wirkten sie Seite an Seite. Mit 85 Jahren starb Pfarrer Egg, der wie einst Mose sein Volk ins gelobte Land geführt hat. Wenn in Pozuzo heute noch der Tiroler Dialekt gesprochen wird und deutsche Kirchenlie­der gesungen werden, dann ist das ein Verdienst der Seelsorger, die im Geiste Pfarrer Eggs dort wirkten.

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Foto: Adolf Albrecht Das Bild zeigt die Krippe in der Pfarrkirch­e Balzhausen.

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