Mittelschwaebische Nachrichten

Nüßleins bescheiden­e Bilanz

- VON MICHAEL LINDNER

michael.lindner@guenzburge­r‰zeitung.de

Demokratie ist eine tolle Sache: Bei Kommunalwa­hlen gehen Tausende Menschen in die Wahlkabine­n und wählen ihre Vertreter vor Ort – sei es für den Gemeindera­t, den Stadtrat oder den Kreistag. Und wer die meisten Stimmen auf sich vereint, der vertritt – so die Hoffnung – in dem jeweiligen Gremium die Interessen der Bürger. Grundvorau­ssetzung dafür: Der Gewählte muss die jeweilige Sitzung auch besuchen – und daran hapert es mitunter.

So verhält es sich beispielsw­eise bei dem stark in die Kritik geratenen Bundestags­abgeordnet­en Georg Nüßlein. 7 aus 26, 9 aus 27 und 0 aus 4 – was sich nach einem Gewinnspie­l anhört, ist in Wirklichke­it die bescheiden­e Bilanz des CSU-Politikers in Sachen Kreistag. Denn so häufig beziehungs­weise selten nahm er an den Kreistagss­itzungen in den vergangene­n 13 Jahren teil, aufgeteilt nach den Wahlperiod­en.

Bereits vor sieben Jahren wurden in seiner Heimatgeme­inde Münsterhau­sen Stimmen laut, die seine häufige Abwesenhei­t in den Marktgemei­nderatssit­zungen monierten. Fürspreche­r sagten damals wie heute: Einen Bundestags­abgeordnet­en im Marktgemei­nderat oder Kreistag sitzen zu haben, sei ein nicht zu unterschät­zender Vorteil für den Landkreis Günzburg. Dadurch können Themen aus der Region direkt nach Berlin getragen werden. Das ist die eine Seite der Medaille. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass jeder heimische Bundestags­abgeordnet­e gerade deshalb gewählt wurde, um auch die Interessen des jeweiligen Wahlkreise­s zu vertreten. Müssen die gewählten Politiker deswegen zusätzlich im Kreistag sitzen? Vor allem, wenn sie dort vorrangig durch Abwesenhei­t auffallen?

Die Wähler machen mit ihrer Stimmabgab­e alle sechs Jahre deutlich, wer für sie in den Kommunalpa­rlamenten mitentsche­iden soll. Wenn der oder die Gewählte – unabhängig von der Person Nüßlein – aus berufliche­n Gründen aber nur selten diese Sitzungen besuchen kann, wäre es ehrlich, sein Ehrenamt zurückzuge­ben. Oder aber spätestens bei der nächsten Wahl nicht mehr zu kandidiere­n – sollte sich an der berufliche­n oder privaten Situation nichts ändern. Und mit diesem Verzicht einer anderen Person die Chance geben, sich für die Belange der Bürger vor Ort einzusetze­n.

Auch wenn es ein Ehrenamt ist, so hat man doch zumindest eine moralische Verpflicht­ung gegenüber den Bürgern, die einem Vertrauen – und zwar nicht nur in der Kommunalpo­litik. Wie heftig würden die Reaktionen von Kindern und vor allem deren Eltern ausfallen, wenn beispielsw­eise der ehrenamtli­che Handballju­gendtraine­r nur bei jedem vierten Training da wäre?

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