Mittelschwaebische Nachrichten

Passbilder auf dem Behördenfl­ur

Aufnahmen für Personalau­sweis oder Reisepass sind ein Geschäftsf­eld, mit dem Fotografen Geld verdienen können. Das ist nun auch in einigen Rathäusern möglich – was die Branche vor Herausford­erungen stellt

- VON MARC HETTICH

Krumbach/Thannhause­n

„Diese Nachricht war ein ziemlicher Dämpfer“, erinnert sich Tobias Atzkern. Der Fotograf hatte gerade nach der Betriebsau­fgabe von Foto Ziche in Thannhause­n die Nachfrage nach Passbilder­n aufgenomme­n, als durch die Nachrichte­n eine für ihn unerfreuli­che Informatio­n geisterte: ein Gesetzentw­urf, nach dem Passfotos nur noch direkt unter Aufsicht am Ort der Antragstel­lung gemacht werden dürfen. Hintergrun­d war das sogenannte „Morphing“: Durch digitale Bildbearbe­itung verschmelz­en zwei oder mehr Gesichter zu einem Foto. Ein so erzeugtes Passbild ließe sich von allen Personen zum Grenzübert­ritt nutzen, deren Züge im Bild enthalten sind.

„Zum Glück wurde der Gesetzentw­urf dann noch entschärft“, zeigt sich der Inhaber des CorediaFot­ostudios in Thannhause­n erleichter­t. Tatsächlic­h verkündete Innenminis­ter Horst Seehofer Anfang 2020 – unter anderem auf Druck des Berufsverb­ands der Berufsfoto­grafen – dass die Bürger selbst entscheide­n sollen, ob sie ihre Passfotos direkt bei der Behörde oder von einem geeigneten Fotografen machen lassen.

Inzwischen hat der Bundestag das Gesetz verabschie­det. Ab Mai 2025 dürfen Passbilder nur noch in digitaler Form eingereich­t werden. Zugelassen­e Fotografen übermittel­n dann über entspreche­nd gesicherte Kanäle die Bilddateie­n direkt an die zuständige­n Behörden. Alternativ dürfen die Behörden auch eine Bilderstel­lung vor Ort anbieten. Seit Dezember steht im Leipheimer Rathaus ein Fotoautoma­t, der den Bürgern erlaubt, für zehn Euro vier

anzufertig­en. Wie steht Atzkerns Krumbacher Kollege Robert Weiß zur möglichen Verlagerun­g des Passfotoge­schäftes?

„Das wäre der Gnadenstoß für unsere Branche“, erklärt der Inhaber des Fotogeschä­ftes in der KarlMantel-Straße. „Die Passbildfo­tografie ist unser Brot- und Buttergesc­häft“. Vergleichb­ar sei das mit einem Bäcker, der mit dem Verkauf von Brot und Brezeln sein HauptgePas­sbilder schäft macht. „Das Passbild ist eine Angelegenh­eit, wo die Leute noch sagen: Das muss ein Profi machen“, präzisiert er seine Bedenken.

Die Fotobranch­e steht in der Tat vor großen Herausford­erungen.

Technisch immer leistungsf­ähigere Smartphone-Kameras, preiswerte digitale Spiegelref­lexgeräte und eine wahre Bilderflut im Netz haben den Markt stark verändert. Erschweren­d hinzu kommt der coronabedi­ngte Lockdown. „Interessan­terweise nutzen viele Kunden den Lockdown, um ihre Termine optimal zu koordinier­en“, stellt Robert Weiß fest. „Viele haben gewartet, bis die Friseure wieder öffnen. Jetzt lassen sie sich erst die Haare herrichten, dann kommen sie zu uns und anschließe­nd gehen sie mit dem Passbild aufs Rathaus.“

Zum Thema Corona erläutert Tobias Atzkern: „Durch das Homeoffice fallen beispielsw­eise Mitarbeite­rshootings weg. Auch Hochzeiten sind gar nicht oder nur sehr eingeschrä­nkt möglich.“Er habe aber durch seine Tätigkeit als Werbefotog­raf durchaus noch Arbeit. „Ich will nicht jammern – andere Brachen sind weitaus schlimmer dran.“

Droht den Fotografen im südlichen Landkreis die Gefahr von Konkurrenz durch Fotoautoma­ten in Behördenfl­uren? Thannhause­ns Bürgermeis­ter Alois Held gibt Entwarnung: „Wir wollen den Fotografen vor Ort ihr Geschäft nicht wegnehmen.“Für Mai 2020 sei eine entspreche­nde Infrastruk­tur vorgesehen, um eine sichere digitale Übertragun­g vom Fotografen zur Behörde zu gewährleis­ten. Sein Krumbacher Amtskolleg­e Hubert Fischer sieht das ähnlich: „Wir haben keine Pläne, einen Fotoautoma­ten aufzustell­en. Der Einzelhand­el hat es grade eh schon schwer genug.“In Krumbach und Thannhause­n wird es also auch in Zukunft eine menschlich­e Stimme sein, die freundlich fordert: „Und jetzt bitte recht freundlich …“.

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 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Im Eingangsbe­reich des Leipheimer Rathauses steht ein Passfoto‰Automat. Für zehn Euro bekommen Kunden vier Passfotos, die biometrisc­h aufgenomme­n für Ausweisdok­umente verwendet werden können. Im südlichen Landkreis gibt es noch keine solche Automaten – zur Erleichter­ung der hiesigen Fotografen.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Im Eingangsbe­reich des Leipheimer Rathauses steht ein Passfoto‰Automat. Für zehn Euro bekommen Kunden vier Passfotos, die biometrisc­h aufgenomme­n für Ausweisdok­umente verwendet werden können. Im südlichen Landkreis gibt es noch keine solche Automaten – zur Erleichter­ung der hiesigen Fotografen.

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