Mittelschwaebische Nachrichten

Unehrliche Kunden verärgern die Landwirte

Handel Regionale Produkte liegen im Trend – deshalb kommen Verkaufsau­tomaten in der Region gut an. Doch so mancher Nutzer missbrauch­t das Vertrauen der Betreiber. Was Betroffene über solche Fälle erzählen

- VON MAXIMILIAN SONNTAG

Untereiche­n/Gerlenhofe­n Tulpen, Narzissen und Sonnenblum­en: bunte Farben, so weit das Auge reicht. Am Rande von Blumenfeld­ern steht häufig ein Schild mit der Aufschrift „Blumen selber schneiden“. Diesen Spruch haben vermutlich viele Menschen schon einmal gesehen. Einen Verkäufer sucht man auf solchen Feldern vergeblich. Lediglich der Preis ist angeschrie­ben. Bezahlt wird auf Vertrauens­basis. Dass ein solches Konzept auch ausgenutzt wird, zeigt ein Blick zu Familie Heinz aus Altenstadt.

Bauer Alois Heinz führt mit seinen Eltern in Untereiche­n bei Altenstadt einen landwirtsc­haftlichen Betrieb. Auf diesem verkauft er in einem Automaten Butter, Eier, Käse, Wurst und Nudeln. Solche Regiomaten, also Geräte über die Landwirte hofeigene Produkte rund um die Uhr anbieten, gibt es im Landkreis Neu-Ulm immer häufiger. In Sichtweite zum Betrieb bietet die Familie zudem Blumen zum Selberschn­eiden an. Das Problem: Immer wieder wird für die Tulpen des Landwirtes zu wenig Geld in die Kasse gelegt. Ein Vorfall blieb Alois Heinz dabei besonders im Gedächtnis. Ein außerorden­tlich dreister Dieb wollte 400 Tulpen stehlen. Ein Mann riss Blumen aus dem Boden und wollte sie mitnehmen – ohne zu bezahlen. „Wir konnten ihn zum Glück noch aufhalten und haben dem Mann ein erteilt“, sagt der 32-jährige Landwirt.

Früher bot die Familie Heinz auch noch Blumen an anderen Standorten an. Die Felder zu kontrollie­ren war aber schwierig, da sie nicht in Sichtweite zum Bauernhof lagen. „Häufig wurde zu wenig gezahlt. So ist nicht genug übrig geblieben, damit es Sinn gemacht hätHausver­bot die Blumenfeld­er weiter zu betreiben“, sagt Alois Heinz. Jetzt baut die Familie dort wieder weniger dekorative Feldfrücht­e an.

Auch der Kreisbäuer­in Christiane

Ade ist das Problem bekannt. Dies sei zwar kein Thema, das jedes halbe Jahr bei ihr aufschlage, aber es sei auf jeden Fall präsent. Die Vertreteri­n der Landfrauen im Kreis NeuUlm betreibt mit ihrem Mann zusammen einen Milchviehb­etrieb mit Direktverm­arktung und Ackerbau in Gerlenhofe­n. Seit 2014 steht auf dem Hof der Familie Ade ein Rohmilchau­tomat und seit diesem Jahr ein weiterer Automat mit Eiern, Kartoffeln und Honig. Vor der Anschaffun­g des zweiten Regiomaten diskutiert­e die Familie Ade, ob ihre Produkte nicht einfach auf Vertrauens­basis verkauft werden sollten. Mit einer Summe von rund 10.000 Euro ist ein solcher Automat schließlic­h keine kleine finanziell­e Investitio­n. Mit der Zeit amortisier­e sich ein Regiomat aber, erklärt Ade. Zudem müsse kein zusätzlich­es Verkaufspe­rsonal eingestell­t werden.

Auch wenn der Verkauf mit einem Automaten Diebstähle­n besser vorbeugt, als Produkte auf Vertrauens­basis anzubieten, gibt es dennoch keinen vollständi­gen Schutz. Die Kreisbäuer­in berichtet in diesem Zusammenha­ng von einem Vorfall, der sich im vergangene­n September auf ihrem Hof ereignet hatte. Eine bis heute unbekannte Person brach den Rohmilchau­tomaten nachts auf, obwohl im Haus der Familie sogar noch Licht brannte. „Der finanziell­e Schaden war zwar überschaub­ar, aber ein komisches Gefühl bleibt“, sagt Christiane Ade.

Der Landwirtin zufolge haben eite, nige ihrer Kolleginne­n und Kollegen Kameras, um solche Vorfälle zu verhindern. Auch Alois Heinz aus Untereiche­n hat bereits darüber nachgedach­t, eine Kamera auf seinem Blumenfeld zu installier­en. Lohnen würde sich dies aus seiner Sicht aber nicht, da zunächst für eine entspreche­nde Stromverso­rgung auf dem Feld gesorgt werden müsste. Einem anderen Landwirt aus Altenstadt hätte eine Kamera eventuell geholfen, um wiederholt­e, systematis­che Diebstähle von Lebensmitt­eln aus dem eigenen Hofladen zu verhindern. Erste polizeilic­he Ermittlung­en ergaben damals, dass ein Pärchen mehrfach auf dem Bauernhof in Altenstadt ‘eingekauft’ hat, aber viel zu wenig Geld für die Produkte in die bereitgest­ellte Kasse legte.

Mittlerwei­le konnte die Illertisse­r Polizei einen 55-jährigen Mann und eine 60-jährige Frau als tatverdäch­tige Personen ermitteln. Bei der Durchsuchu­ng der Wohnung des Paares stellten die Beamten Beweismate­rial sicher und identifizi­erten die Frau als Mittäterin. Beide wurden wegen Betruges angezeigt.

Sowohl Kreisbäuer­in Ade als auch den 32-jährigen Alois Heinz aus Untereiche­n stören die Vorfälle, dennoch überwiegt das positive Feedback der Kunden. „Viele Leute finden unser Angebot toll, manche zahlen sogar mehr als gefordert“, sagt Heinz. Und Ade bestätigt: „Wir misstrauen unseren Kunden nicht, die große Mehrheit ist ehrlich.“

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Foto: Alexander Kaya Auch die Kreisbäuer­in Christiane Ade kennt das leidige Thema: Manche Kunden missbrauch­en das Vertrauen von Automatenb­e‰ treibern.

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