Mittelschwaebische Nachrichten
Unehrliche Kunden verärgern die Landwirte
Handel Regionale Produkte liegen im Trend – deshalb kommen Verkaufsautomaten in der Region gut an. Doch so mancher Nutzer missbraucht das Vertrauen der Betreiber. Was Betroffene über solche Fälle erzählen
Untereichen/Gerlenhofen Tulpen, Narzissen und Sonnenblumen: bunte Farben, so weit das Auge reicht. Am Rande von Blumenfeldern steht häufig ein Schild mit der Aufschrift „Blumen selber schneiden“. Diesen Spruch haben vermutlich viele Menschen schon einmal gesehen. Einen Verkäufer sucht man auf solchen Feldern vergeblich. Lediglich der Preis ist angeschrieben. Bezahlt wird auf Vertrauensbasis. Dass ein solches Konzept auch ausgenutzt wird, zeigt ein Blick zu Familie Heinz aus Altenstadt.
Bauer Alois Heinz führt mit seinen Eltern in Untereichen bei Altenstadt einen landwirtschaftlichen Betrieb. Auf diesem verkauft er in einem Automaten Butter, Eier, Käse, Wurst und Nudeln. Solche Regiomaten, also Geräte über die Landwirte hofeigene Produkte rund um die Uhr anbieten, gibt es im Landkreis Neu-Ulm immer häufiger. In Sichtweite zum Betrieb bietet die Familie zudem Blumen zum Selberschneiden an. Das Problem: Immer wieder wird für die Tulpen des Landwirtes zu wenig Geld in die Kasse gelegt. Ein Vorfall blieb Alois Heinz dabei besonders im Gedächtnis. Ein außerordentlich dreister Dieb wollte 400 Tulpen stehlen. Ein Mann riss Blumen aus dem Boden und wollte sie mitnehmen – ohne zu bezahlen. „Wir konnten ihn zum Glück noch aufhalten und haben dem Mann ein erteilt“, sagt der 32-jährige Landwirt.
Früher bot die Familie Heinz auch noch Blumen an anderen Standorten an. Die Felder zu kontrollieren war aber schwierig, da sie nicht in Sichtweite zum Bauernhof lagen. „Häufig wurde zu wenig gezahlt. So ist nicht genug übrig geblieben, damit es Sinn gemacht hätHausverbot die Blumenfelder weiter zu betreiben“, sagt Alois Heinz. Jetzt baut die Familie dort wieder weniger dekorative Feldfrüchte an.
Auch der Kreisbäuerin Christiane
Ade ist das Problem bekannt. Dies sei zwar kein Thema, das jedes halbe Jahr bei ihr aufschlage, aber es sei auf jeden Fall präsent. Die Vertreterin der Landfrauen im Kreis NeuUlm betreibt mit ihrem Mann zusammen einen Milchviehbetrieb mit Direktvermarktung und Ackerbau in Gerlenhofen. Seit 2014 steht auf dem Hof der Familie Ade ein Rohmilchautomat und seit diesem Jahr ein weiterer Automat mit Eiern, Kartoffeln und Honig. Vor der Anschaffung des zweiten Regiomaten diskutierte die Familie Ade, ob ihre Produkte nicht einfach auf Vertrauensbasis verkauft werden sollten. Mit einer Summe von rund 10.000 Euro ist ein solcher Automat schließlich keine kleine finanzielle Investition. Mit der Zeit amortisiere sich ein Regiomat aber, erklärt Ade. Zudem müsse kein zusätzliches Verkaufspersonal eingestellt werden.
Auch wenn der Verkauf mit einem Automaten Diebstählen besser vorbeugt, als Produkte auf Vertrauensbasis anzubieten, gibt es dennoch keinen vollständigen Schutz. Die Kreisbäuerin berichtet in diesem Zusammenhang von einem Vorfall, der sich im vergangenen September auf ihrem Hof ereignet hatte. Eine bis heute unbekannte Person brach den Rohmilchautomaten nachts auf, obwohl im Haus der Familie sogar noch Licht brannte. „Der finanzielle Schaden war zwar überschaubar, aber ein komisches Gefühl bleibt“, sagt Christiane Ade.
Der Landwirtin zufolge haben eite, nige ihrer Kolleginnen und Kollegen Kameras, um solche Vorfälle zu verhindern. Auch Alois Heinz aus Untereichen hat bereits darüber nachgedacht, eine Kamera auf seinem Blumenfeld zu installieren. Lohnen würde sich dies aus seiner Sicht aber nicht, da zunächst für eine entsprechende Stromversorgung auf dem Feld gesorgt werden müsste. Einem anderen Landwirt aus Altenstadt hätte eine Kamera eventuell geholfen, um wiederholte, systematische Diebstähle von Lebensmitteln aus dem eigenen Hofladen zu verhindern. Erste polizeiliche Ermittlungen ergaben damals, dass ein Pärchen mehrfach auf dem Bauernhof in Altenstadt ‘eingekauft’ hat, aber viel zu wenig Geld für die Produkte in die bereitgestellte Kasse legte.
Mittlerweile konnte die Illertisser Polizei einen 55-jährigen Mann und eine 60-jährige Frau als tatverdächtige Personen ermitteln. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Paares stellten die Beamten Beweismaterial sicher und identifizierten die Frau als Mittäterin. Beide wurden wegen Betruges angezeigt.
Sowohl Kreisbäuerin Ade als auch den 32-jährigen Alois Heinz aus Untereichen stören die Vorfälle, dennoch überwiegt das positive Feedback der Kunden. „Viele Leute finden unser Angebot toll, manche zahlen sogar mehr als gefordert“, sagt Heinz. Und Ade bestätigt: „Wir misstrauen unseren Kunden nicht, die große Mehrheit ist ehrlich.“