Mittelschwaebische Nachrichten

Viele Busfirmen kämpfen gegen die Pleite

Kein Ausflugsve­rkehr, sinkende Auslastung der Linienbuss­e: Corona trifft den Nahverkehr hart. Zwei Unternehme­r aus dem Landkreis Günzburg sprechen Klartext über die Auswirkung­en der Pandemie

- VON ALEXANDER SING

Krumbach/Ichenhause­n Wäre alles wie immer, hätten die Busunterne­hmen in der Region zur Zeit viel zu tun. Die Osterferie­n stehen an, viele zieht es dann normalerwe­ise mit Bussen in die Skigebiete. Aber normal ist zur Zeit nichts, das Ausflugsge­schäft liegt seit langer Zeit brach, neben den Tagesausfl­ügen in Skigebiete fehlten in diesem Jahr auch die Faschingsf­ahrten. Und das ist nicht das einzige Problem, das viele Busunterne­hmer aus der Region derzeit plagt.

Eines der größten ist Brandner Bus Schwaben (BBS) aus Krumbach. Dessen Chef Josef Brandner bereiten auch die kurzfristi­gen Änderungen bei den Corona-Maßnahmen Sorgen. „Unsere Arbeit hängt von diesen Maßnahmen ab“, sagt der Krumbacher. „Im Landkreis Günzburg gab es zuletzt Lockerunge­n, man spürt, dass die Mobilität dadurch ein wenig zunimmt. Das kann sich aber auch schnell wieder ändern. Unsere Arbeit ist zur Zeit von Anspannung und Hektik geprägt.“

Zu sehen ist das auch im Nachbarlan­dkreis Unterallgä­u, wo BBS ebenfalls im Linienverk­ehr aktiv ist. Dort gilt seit Mittwoch die „Corona-Notbremse“, weil die SiebenTage-Inzidenz im Landkreis deutlich über der 100er-Marke liegt. Fällt sie nicht bald wieder, werden auch die Schüler dort in der kommenden Woche in den Distanzunt­erricht geschickt. Das Problem: Seine Linienbuss­e muss Brandner trotzdem fahren lassen. „Wir müssen das Angebot für andere Fahrgäste aufrecht erhalten. Aber ohne die Schüler gehen die Erlöse in den Keller.“

Dieses Problem kennt auch Franz E. Zenker. Seine Firma Probst-Bus aus Ichenhause­n ist ausschließ­lich im Linienverk­ehr aktiv und erlebt aktuell einen Einbruch um 30 Prozent beim Fahrgastau­fkommen. Dennoch will Zenker nicht jammern. Denn Kombiunter­nehmer oder reine Ausflugsan­bieter hätten es ungleich schwerer. „Allein in Schwaben hat es zuletzt drei Insolvenze­n gegeben“, sagt der Ichenhause­r, der auch Bezirksvor­sitzender im Landesverb­and Bayerische­r Omnibusunt­ernehmen (LBO) ist. „Ich weiß von Kollegen, die neue

abzahlen müssen, die noch keinen Millimeter gefahren sind. Von Flotten, die reduziert werden müssen. Die Firma Evobus hat deutschlan­dweit 13000 Fahrzeuge auf Halde, die sie nicht los wird.“

Dabei hatten sich die Busunterne­hmen zwischenze­itlich gut auf die CoronaSitu­ation eingestell­t und Hygienekon­zepte für die Busse entwickelt. Josef Brandner berichtet, dass in seinen Bussen neben der üblichen Nassreinig­ung des Fußbodens alle zwei Tage auch täglich Kontaktflä­chen desinfizie­rt werden. Zusätzlich wird einmal pro Woche Desinfekti­onsmittel mittels eines elektrisch­en Diffusors in den Fahrzeugen verteilt. „Außerdem sitzen die Fahrer hinter Plexiglass­cheiben und für die Fahrer gilt ja die Tragepflic­ht von FFP2-Masken. Die wird mittlerwei­le auch sehr gut angenommen, sowohl im Bus als auch an den Haltestell­en“, erklärt Brandner. Franz E. Zenker will in der nächsten Zeit seine gesamte Flotte mit Aktivkohle­filtern nachrüsten, die über die Lüftungsan­lagen der Busse laut Hersteller­angaben bis zu 99 Prozent aller Viren aus der Luft herausfilt­ern. Die Ansteckung­sgefahr im Öffentlich­en PerBusse sonennahve­rkehr (ÖPNV) sei gering, ist sich Josef Brandner sicher. Zumal durch die geringe Auslastung auch beim Schulbusve­rkehr Abstände in den Bussen gut eingehalte­n werden könnten. Aktuell führt die Berliner Charité auf Initiative der Bundesländ­er und des Verbands Deutscher Verkehrsun­ternehmen (VDV) eine Studie mit 650 Pendlern durch, um die Frage nach dem Infektions­risiko im ÖPNV wissenscha­ftlich zu beantworte­n. Doch selbst wenn die Vermutung sich bestätigt, dass das Risiko gering ist, nützt das den Busunterne­hmern wenig. Die Einnahmen fehlen nach wie vor, Franz Zenker rechnet damit, dass das Ausflugsge­schäft erst Mitte des Jahres 2022 wieder in die Gänge kommen werde. „Da werden noch mehr Insolvenze­n kommen, auch bei alteingese­ssenen Unternehme­n. Und das trifft nicht nur unsere Branche.“Viele Firmen halten sich derzeit mit Kurzarbeit über Wasser. Aber reicht das auf Dauer? Auch Josef Brandner musste einen Teil seiner Fahrer in Kurzarbeit schicken. Noch käme er über die Runden, sagt der Unternehme­r. Aber wie lange noch, das sagt Brandner nicht. Bessert sich die Situation nicht bald, so werde auch er nicht darum herumkomme­n, staatliche Hilfen zu beantragen. Die Branche rechnet für dieses Jahr mit einem Verlust von insgesamt 3,6 Milliarden Euro. Deshalb hat die Verkehrsmi­nisterkonf­erenz erst Ende Februar beschlosse­n, den Rettungssc­hirm für den ÖPNV auch für 2021 zu verlängern. Jede Pleite wird das aber wohl nicht verhindern.

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Wegen der Corona‰Maßnahmen sind viele Linienbuss­e gerade im ländlichen Raum kaum ausgelaste­t. Fahren müssen die Busse trotzdem. Noch härter trifft die Pandemie aber jene Busunterne­hmen, die sich auf Ausflüge spezialisi­ert haben. Symbolfoto: Ralf Lienert
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