Mittelschwaebische Nachrichten
Viele Busfirmen kämpfen gegen die Pleite
Kein Ausflugsverkehr, sinkende Auslastung der Linienbusse: Corona trifft den Nahverkehr hart. Zwei Unternehmer aus dem Landkreis Günzburg sprechen Klartext über die Auswirkungen der Pandemie
Krumbach/Ichenhausen Wäre alles wie immer, hätten die Busunternehmen in der Region zur Zeit viel zu tun. Die Osterferien stehen an, viele zieht es dann normalerweise mit Bussen in die Skigebiete. Aber normal ist zur Zeit nichts, das Ausflugsgeschäft liegt seit langer Zeit brach, neben den Tagesausflügen in Skigebiete fehlten in diesem Jahr auch die Faschingsfahrten. Und das ist nicht das einzige Problem, das viele Busunternehmer aus der Region derzeit plagt.
Eines der größten ist Brandner Bus Schwaben (BBS) aus Krumbach. Dessen Chef Josef Brandner bereiten auch die kurzfristigen Änderungen bei den Corona-Maßnahmen Sorgen. „Unsere Arbeit hängt von diesen Maßnahmen ab“, sagt der Krumbacher. „Im Landkreis Günzburg gab es zuletzt Lockerungen, man spürt, dass die Mobilität dadurch ein wenig zunimmt. Das kann sich aber auch schnell wieder ändern. Unsere Arbeit ist zur Zeit von Anspannung und Hektik geprägt.“
Zu sehen ist das auch im Nachbarlandkreis Unterallgäu, wo BBS ebenfalls im Linienverkehr aktiv ist. Dort gilt seit Mittwoch die „Corona-Notbremse“, weil die SiebenTage-Inzidenz im Landkreis deutlich über der 100er-Marke liegt. Fällt sie nicht bald wieder, werden auch die Schüler dort in der kommenden Woche in den Distanzunterricht geschickt. Das Problem: Seine Linienbusse muss Brandner trotzdem fahren lassen. „Wir müssen das Angebot für andere Fahrgäste aufrecht erhalten. Aber ohne die Schüler gehen die Erlöse in den Keller.“
Dieses Problem kennt auch Franz E. Zenker. Seine Firma Probst-Bus aus Ichenhausen ist ausschließlich im Linienverkehr aktiv und erlebt aktuell einen Einbruch um 30 Prozent beim Fahrgastaufkommen. Dennoch will Zenker nicht jammern. Denn Kombiunternehmer oder reine Ausflugsanbieter hätten es ungleich schwerer. „Allein in Schwaben hat es zuletzt drei Insolvenzen gegeben“, sagt der Ichenhauser, der auch Bezirksvorsitzender im Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen (LBO) ist. „Ich weiß von Kollegen, die neue
abzahlen müssen, die noch keinen Millimeter gefahren sind. Von Flotten, die reduziert werden müssen. Die Firma Evobus hat deutschlandweit 13000 Fahrzeuge auf Halde, die sie nicht los wird.“
Dabei hatten sich die Busunternehmen zwischenzeitlich gut auf die CoronaSituation eingestellt und Hygienekonzepte für die Busse entwickelt. Josef Brandner berichtet, dass in seinen Bussen neben der üblichen Nassreinigung des Fußbodens alle zwei Tage auch täglich Kontaktflächen desinfiziert werden. Zusätzlich wird einmal pro Woche Desinfektionsmittel mittels eines elektrischen Diffusors in den Fahrzeugen verteilt. „Außerdem sitzen die Fahrer hinter Plexiglasscheiben und für die Fahrer gilt ja die Tragepflicht von FFP2-Masken. Die wird mittlerweile auch sehr gut angenommen, sowohl im Bus als auch an den Haltestellen“, erklärt Brandner. Franz E. Zenker will in der nächsten Zeit seine gesamte Flotte mit Aktivkohlefiltern nachrüsten, die über die Lüftungsanlagen der Busse laut Herstellerangaben bis zu 99 Prozent aller Viren aus der Luft herausfiltern. Die Ansteckungsgefahr im Öffentlichen PerBusse sonennahverkehr (ÖPNV) sei gering, ist sich Josef Brandner sicher. Zumal durch die geringe Auslastung auch beim Schulbusverkehr Abstände in den Bussen gut eingehalten werden könnten. Aktuell führt die Berliner Charité auf Initiative der Bundesländer und des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) eine Studie mit 650 Pendlern durch, um die Frage nach dem Infektionsrisiko im ÖPNV wissenschaftlich zu beantworten. Doch selbst wenn die Vermutung sich bestätigt, dass das Risiko gering ist, nützt das den Busunternehmern wenig. Die Einnahmen fehlen nach wie vor, Franz Zenker rechnet damit, dass das Ausflugsgeschäft erst Mitte des Jahres 2022 wieder in die Gänge kommen werde. „Da werden noch mehr Insolvenzen kommen, auch bei alteingesessenen Unternehmen. Und das trifft nicht nur unsere Branche.“Viele Firmen halten sich derzeit mit Kurzarbeit über Wasser. Aber reicht das auf Dauer? Auch Josef Brandner musste einen Teil seiner Fahrer in Kurzarbeit schicken. Noch käme er über die Runden, sagt der Unternehmer. Aber wie lange noch, das sagt Brandner nicht. Bessert sich die Situation nicht bald, so werde auch er nicht darum herumkommen, staatliche Hilfen zu beantragen. Die Branche rechnet für dieses Jahr mit einem Verlust von insgesamt 3,6 Milliarden Euro. Deshalb hat die Verkehrsministerkonferenz erst Ende Februar beschlossen, den Rettungsschirm für den ÖPNV auch für 2021 zu verlängern. Jede Pleite wird das aber wohl nicht verhindern.