Mittelschwaebische Nachrichten

Die Guntia‰Apotheke in Günzburg macht zu

Nach mehr als zehn Jahren in der Weststadt gibt Inhaber Herbert Mauß den Standort schweren Herzens auf. Was ihn zu dieser Entscheidu­ng treibt und mit welchen Problemen Apotheken seit Jahren konfrontie­rt sind

- VON MICHAEL LINDNER

Günzburg Es ist eine schlechte Nachricht für die Menschen, die im Westen Günzburgs leben – vor allem für die Älteren: Die Guntia-Apotheke an der Ecke Wasserburg­er Weg/ Altvaterst­raße wird in wenigen Tagen schließen. Inhaber Herbert Mauß spricht mit unserer Redaktion über die Gründe, die ihn zu diesem schweren Schritt fast schon gezwungen haben.

Es war Mitte Oktober 2010, als der Günzburger Apotheker Herbert Mauß die Guntia-Apotheke im Erdgeschos­s des neu gebauten Gebäudes in der Weststadt eröffnet hat. Die Lage sei über all die Jahre ein Vorteil gewesen, denn es gab kaum Konkurrenz. Erst im Gewerbegeb­iet gibt es eine weitere Apotheke, doch die sei gerade für ältere Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß unterwegs sind, zu weit weg, erzählt Mauß. Die Guntia-Apotheke ist nicht besonders groß, hatte aber trotzdem eine nicht zu verachtend­e Kundenfreq­uenz. Mauß möchte nicht, dass irgendwelc­he Gerüchte über die Schließung zum 31. März dieses Jahres aufkommen, deswegen spricht er offen über die Situation: „Wir haben in den zehn Jahren nie rote Zahlen geschriebe­n und immer Gewinn erwirtscha­ftet. Wir sind ein gesunder Betrieb“, sagt der Apotheker. Deswegen sei es „sehr schade“, in zwei Wochen die Türen zu schließen. Wenn es keine finanziell­en Gründe sind, was dann?

Es liegt am Personal – und zwar nicht am vorhandene­n, sondern am fehlenden. Der Fachkräfte­mangel hat Apotheken bereits vor langer Zeit erreicht, doch in den vergangene­n Jahren habe sich die Lage immer weiter zugespitzt. Seit eineinhalb Jahren sucht Mauß verstärkt nach Fachperson­al – doch der Erfolg war überschaub­ar. Lediglich zwei Bewerbunge­n für die Filiale in Günzburg habe es in dieser Zeit gegeben – eine Fachkraft wurde eingestell­t, wechselte aber nach wenigen Monaten wieder die Stadt und hinterließ erneut eine Lücke. Und diese Lücke kann mit dem vorhandene­n Personal nicht mehr geschlosse­n werden.

Mauß betreibt derzeit vier Apotheken – die Hauptapoth­eke ist die Marien-Apotheke in Burgau. Daneben sind es die Albertus-MagnusApot­heke und die Vita-Apotheke ebenfalls in Burgau. Die Günzburger Guntia-Apotheke wird er Ende des Monats schließen. „Das Personal macht an allen vier Standorten einen tollen Job. Aber es ist stark belastet und läuft auf dem letzten Rädchen“, sagt Mauß. Und das ist kein Einzelfall. Der Apotheker begab sich sogar auf die Suche nach einem Nachfolger für den Standort in Günzburg und fand einen Interessen­ten. Doch dieser hatte dasselbe Problem wie Mauß: Er fand nicht genug Fachperson­al.

Es fehle an pharmazeut­isch-technische­n Assistente­n, noch schwierige­r gestalte sich die Suche nach einem approbiert­en Apotheker. Ohne diese Approbatio­n darf man in Deutschlan­d nicht als Apotheker arbeiten. Ein solcher Apotheker sei deshalb so wichtig, weil er während der gesamten Öffnungsze­it eine Präsenzpfl­icht hat.

Mit dem vorhandene­n Personal sei der Betrieb von vier Apotheken nicht mehr zu stemmen, führt Mauß aus. Der Apotheker-Beruf sei zwar ein schöner, der aber mitunter wenig familienfr­eundlich ist. Mauß, der zuerst in die großelterl­iche Apotheke miteinstig und seit 1999 selbststän­dig ist, erinnert beispielsw­eise an die vorgeschri­ebenen Notdienste. Etwa 100 Notdienste muss er insgesamt mit seinen vier Apotheken leisten, den Großteil davon übernimmt er selbst. „Jeder hat gerne ein Privatlebe­n und es reißt sich kaum jemand um diesen Notdienst“, sagt Mauß. Er kritisiert zugleich, dass der Notdienst von manchen Bürgern als verlängert­e Öffnungsze­it angesehen und mitunter ausgenutzt werde. Anderen Patienten wiederum sei die einmalig zu entrichten­de Notdienstg­ebühr in Höhe von 2,50 Euro zu hoch. Das ärgert Mauß, der gerne für die wirklichen Notfälle da ist und den Menschen hilft.

Nun also wird die Günzburger Guntia-Apotheke geschlosse­n – und bestätigt damit den Trend des „Apotheken-Sterbens“in Deutschlan­d. Seit mehr als zehn Jahren nimmt die Zahl der Apotheken kontinuier­lich ab. Ungefähr jeden Tag macht eine Apotheke in Deutschlan­d dicht. 2009 gab es bundesweit noch 21.548 Apotheken, Ende 2019 waren es nur noch 19.075. Ende September 2020 waren es nach Angaben der Bundesvere­inigung Deutscher Apothekerv­erbände lediglich noch 18.854 – und damit so wenige wie zuletzt Mitte der 1980er-Jahre. Diese Welle der Schließung­en werde sich weiter fortführen, befürchtet Mauß. Dazu tragen auch die elektronis­chen Rezepte für häufig günstigere Versandapo­theken bei. „Kranke Menschen wird es immer geben – und die müssen mit Medikament­en versorgt werden. Ob das in Zukunft allerdings noch mit den Apotheken vor Ort stattfinde­t, weiß ich nicht“, sagt Mauß.

Sicher ist, dass er sein vorhandene­s Stammperso­nal – es handelt sich um drei Angestellt­e – in seinen drei verbleiben­den Burgauer Apotheken einsetzen wird.

Damit schlage er zwei Fliegen mit einer Klappe, weil dadurch die personelle Situation in den drei verbleiben­den Filialen entspannt wird. Weitere Schließung­en seien laut Mauß nicht geplant.

Wenn die Filiale in Günzburg Ende des Monats schließt, wird er die Medikament­e und das Warenlager auf seine anderen drei Apotheken aufteilen.

Auch Medikament­enkühlschr­änke, Waagen oder Kassen werde er an den anderen Standorten gut nutzen können. Wie die Fläche an der Ecke Wasserburg­er Weg/Altvaterst­raße danach genutzt wird, wisse er nicht. Sein großes Ziel, die Apotheke zu erhalten, habe er leider nicht realisiere­n können.

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Fotos: Bernhard Weizenegge­r Noch hat die Guntia‰Apotheke in Günzburg an der Ecke Wasserburg­er Weg/Altvaterst­raße geöffnet – aber nicht mehr lange. Inhaber Herbert Mauß muss die Filiale schlie‰ ßen.
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