Mittelschwaebische Nachrichten
Die GuntiaApotheke in Günzburg macht zu
Nach mehr als zehn Jahren in der Weststadt gibt Inhaber Herbert Mauß den Standort schweren Herzens auf. Was ihn zu dieser Entscheidung treibt und mit welchen Problemen Apotheken seit Jahren konfrontiert sind
Günzburg Es ist eine schlechte Nachricht für die Menschen, die im Westen Günzburgs leben – vor allem für die Älteren: Die Guntia-Apotheke an der Ecke Wasserburger Weg/ Altvaterstraße wird in wenigen Tagen schließen. Inhaber Herbert Mauß spricht mit unserer Redaktion über die Gründe, die ihn zu diesem schweren Schritt fast schon gezwungen haben.
Es war Mitte Oktober 2010, als der Günzburger Apotheker Herbert Mauß die Guntia-Apotheke im Erdgeschoss des neu gebauten Gebäudes in der Weststadt eröffnet hat. Die Lage sei über all die Jahre ein Vorteil gewesen, denn es gab kaum Konkurrenz. Erst im Gewerbegebiet gibt es eine weitere Apotheke, doch die sei gerade für ältere Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß unterwegs sind, zu weit weg, erzählt Mauß. Die Guntia-Apotheke ist nicht besonders groß, hatte aber trotzdem eine nicht zu verachtende Kundenfrequenz. Mauß möchte nicht, dass irgendwelche Gerüchte über die Schließung zum 31. März dieses Jahres aufkommen, deswegen spricht er offen über die Situation: „Wir haben in den zehn Jahren nie rote Zahlen geschrieben und immer Gewinn erwirtschaftet. Wir sind ein gesunder Betrieb“, sagt der Apotheker. Deswegen sei es „sehr schade“, in zwei Wochen die Türen zu schließen. Wenn es keine finanziellen Gründe sind, was dann?
Es liegt am Personal – und zwar nicht am vorhandenen, sondern am fehlenden. Der Fachkräftemangel hat Apotheken bereits vor langer Zeit erreicht, doch in den vergangenen Jahren habe sich die Lage immer weiter zugespitzt. Seit eineinhalb Jahren sucht Mauß verstärkt nach Fachpersonal – doch der Erfolg war überschaubar. Lediglich zwei Bewerbungen für die Filiale in Günzburg habe es in dieser Zeit gegeben – eine Fachkraft wurde eingestellt, wechselte aber nach wenigen Monaten wieder die Stadt und hinterließ erneut eine Lücke. Und diese Lücke kann mit dem vorhandenen Personal nicht mehr geschlossen werden.
Mauß betreibt derzeit vier Apotheken – die Hauptapotheke ist die Marien-Apotheke in Burgau. Daneben sind es die Albertus-MagnusApotheke und die Vita-Apotheke ebenfalls in Burgau. Die Günzburger Guntia-Apotheke wird er Ende des Monats schließen. „Das Personal macht an allen vier Standorten einen tollen Job. Aber es ist stark belastet und läuft auf dem letzten Rädchen“, sagt Mauß. Und das ist kein Einzelfall. Der Apotheker begab sich sogar auf die Suche nach einem Nachfolger für den Standort in Günzburg und fand einen Interessenten. Doch dieser hatte dasselbe Problem wie Mauß: Er fand nicht genug Fachpersonal.
Es fehle an pharmazeutisch-technischen Assistenten, noch schwieriger gestalte sich die Suche nach einem approbierten Apotheker. Ohne diese Approbation darf man in Deutschland nicht als Apotheker arbeiten. Ein solcher Apotheker sei deshalb so wichtig, weil er während der gesamten Öffnungszeit eine Präsenzpflicht hat.
Mit dem vorhandenen Personal sei der Betrieb von vier Apotheken nicht mehr zu stemmen, führt Mauß aus. Der Apotheker-Beruf sei zwar ein schöner, der aber mitunter wenig familienfreundlich ist. Mauß, der zuerst in die großelterliche Apotheke miteinstig und seit 1999 selbstständig ist, erinnert beispielsweise an die vorgeschriebenen Notdienste. Etwa 100 Notdienste muss er insgesamt mit seinen vier Apotheken leisten, den Großteil davon übernimmt er selbst. „Jeder hat gerne ein Privatleben und es reißt sich kaum jemand um diesen Notdienst“, sagt Mauß. Er kritisiert zugleich, dass der Notdienst von manchen Bürgern als verlängerte Öffnungszeit angesehen und mitunter ausgenutzt werde. Anderen Patienten wiederum sei die einmalig zu entrichtende Notdienstgebühr in Höhe von 2,50 Euro zu hoch. Das ärgert Mauß, der gerne für die wirklichen Notfälle da ist und den Menschen hilft.
Nun also wird die Günzburger Guntia-Apotheke geschlossen – und bestätigt damit den Trend des „Apotheken-Sterbens“in Deutschland. Seit mehr als zehn Jahren nimmt die Zahl der Apotheken kontinuierlich ab. Ungefähr jeden Tag macht eine Apotheke in Deutschland dicht. 2009 gab es bundesweit noch 21.548 Apotheken, Ende 2019 waren es nur noch 19.075. Ende September 2020 waren es nach Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände lediglich noch 18.854 – und damit so wenige wie zuletzt Mitte der 1980er-Jahre. Diese Welle der Schließungen werde sich weiter fortführen, befürchtet Mauß. Dazu tragen auch die elektronischen Rezepte für häufig günstigere Versandapotheken bei. „Kranke Menschen wird es immer geben – und die müssen mit Medikamenten versorgt werden. Ob das in Zukunft allerdings noch mit den Apotheken vor Ort stattfindet, weiß ich nicht“, sagt Mauß.
Sicher ist, dass er sein vorhandenes Stammpersonal – es handelt sich um drei Angestellte – in seinen drei verbleibenden Burgauer Apotheken einsetzen wird.
Damit schlage er zwei Fliegen mit einer Klappe, weil dadurch die personelle Situation in den drei verbleibenden Filialen entspannt wird. Weitere Schließungen seien laut Mauß nicht geplant.
Wenn die Filiale in Günzburg Ende des Monats schließt, wird er die Medikamente und das Warenlager auf seine anderen drei Apotheken aufteilen.
Auch Medikamentenkühlschränke, Waagen oder Kassen werde er an den anderen Standorten gut nutzen können. Wie die Fläche an der Ecke Wasserburger Weg/Altvaterstraße danach genutzt wird, wisse er nicht. Sein großes Ziel, die Apotheke zu erhalten, habe er leider nicht realisieren können.