Mittelschwaebische Nachrichten
Gegen Ausbildungs und Fachkräftekrise durch Corona
So sollen die Folgen für die Bildung im Landkreis Günzburg möglichst abgemildert werden
Landkreis Duale Ausbildung, Besuch einer weiterführenden Schule oder Studium – wie geht es weiter? Corona hat im Bereich der schulischen, aber auch in der beruflichen Bildung das Leben gehörig durcheinandergebracht. Zum einen gilt es, den Schulablauf zu managen, zum anderen macht die Pandemie gerade den Schulabgängern die Berufsfindung aufgrund nicht vorhandener Praktikumsplätze, nicht stattfindender Berufsinformationsveranstaltungen und fehlender Kontaktmöglichkeiten äußerst schwierig. Wichtigstes Ziel sei, niemanden zu verlieren und gerade jetzt müsse man zeigen, dass es weitergehe, betonte Landrat Hans Reichhart (CSU) beim Pressegespräch im Rahmen der bayernweiten Woche der Ausbildung. Es ist ein Austausch zwischen Vertreten von Schule, Industrieund Handelskammer (IHK), Kreishandwerkerschaft, der Agentur für Arbeit und dem Deutschen Gewerkschaftsbund.
Wie wird das an den Schulen aussehen? Trotz der Anstrengungen mit verschiedenen Formen von Lernen von zu Hause und Distanzunterricht sei ein signifikanter Anteil von Schülern mit großen Lernund Leistungslücken zu spüren, sagte Schulamtsdirektor Thomas Schulze. Genau für diese Schüler würden die Brückenangebote weiter ausgebaut und verstärkt. Allein für diese Maßnahmen wird der Landkreis 70.000 Euro zur Verfügung stellen. Man werde dies über alle Jahrgangsstufen mit zusätzlichen freiwilligen Lernangeboten stemmen, mit zusätzlichem Personal, Drittkräften, aber auch mit Studenten und freiwilligen Helfern. Vor allem für die Vorabschlussklassen werde man sich Gedanken über spezifische Angebote machen, beispielsweise mit Pufferjahrgangsstufen
oder zusätzlichen Praktika. Das reine Wiederholen einer Jahrgangsstufe würde wenig bringen und man könne es sich nicht erlauben, dass sehr viele Schüler diesen Weg gingen.
Wie sieht die aktuelle Lage in den Ausbildungsberufen aus? Gerade an dieser Stelle müsse man arbeiten, betonte Werner Möritz, operativer Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Donauwörth. Der Rückgang an Bewerbern wie auch an Ausbildungsplätzen habe ein entsprechend niedrigeres Niveau zur Folge, was mittelfristig zu einem Fachkräftemangel führe. Die Problematik sei, dass Schulabgänger, anders als 2020, in diesem Jahr keine Berufsorientierung erfahren hätten. Die zentrale Aufgabe sei, die Schüler über die vorhandenen Angebote zu informieren, andererseits müsse der Wirtschaft signalisiert werden, dass es auch interessierte Bewerber gebe, für die Ausbildungsangebote bereitgestellt werden müssten.
Ulrike Ufken, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Günzburg/Neu-Ulm, verwies auf das Fachkräfteproblem, welches, wie sie sagte, bereits vor der Pandemie geherrscht habe und sich jetzt noch massiver darstelle. Deutschland sei durch das duale Ausbildungssystem groß geworden und gerade dieses wolle man stützen – mit Selbstfindungsseminaren, Online-Sprechstunden, aber auch Praktikumsund Lehrstellenbörsen.
Man arbeite sehr eng mit Schulen und Firmen zusammen. Die große Herausforderung sei, dass bisher alles nur digital habe stattfinden können oder verschiedene Branchen seit Monaten nicht hätten arbeiten können, erklärte IHK-Regionalgeschäftsführer Oliver Stipar. „Das Erfahren und das Erleben in den Unternehmen ist ein ganz wichtiger Baustein.“Ab den Pfingstferien soll verstärkt mit Hygienekonzepten und in Zusammenarbeit mit entsprechenden Stellen auf den Bereich Praktikumsmöglichkeiten gesetzt werden.
Den Herausforderungen könne man sich nur gemeinsam stellen. Es sei eine besondere Situation, die besondere Maßnahmen erfordere und denen er zu 100 Prozent zustimmen könne, so DGB-Kreisvorsitzender Werner Gloning. Bereits nach den Osterferien soll mit individuellen Förderprogrammen begonnen werden. Landrat Reichhart sprach von einem breiten Maßnahmenbündel, auch mit virtueller Berufseinführung und vor allem mit Praktika: Der Grundschulbereich sei sehr wichtig, aber der Fokus werde vor allem bei denjenigen Schülern liegen, die am Ende ihrer schulischen Laufbahn stünden.
Bei dem Gespräch wurde deutlich: Corona wird auch in den kommenden Jahren im Hinblick auf Schule und Berufsausbildung viele weitere Herausforderungen mit sich bringen.