Mittelschwaebische Nachrichten
Der Blick durchs Schlüsselloch
Die deutsche Jugend ist süchtig nach Pornografie! Dieser Schreckensruf hallt gegenwärtig durch alle Medien. Schon mühen sich Wissenschaftler, diese Fehlentwicklung zu erklären. Sie weisen darauf hin, dass das ganze Volk von der Porno-Sucht erfasst sei. Denn der Zugriff auf entsprechende Internet-Nackedeis während der vergangenen Corona-Wochen sei um 26 Prozent angewachsen. Die Langeweile im Corona-Schutzbunker senke ganz offensichtlich die Moral.
Nicht erwähnt wird aber eine andere wichtige Ursache des PornoKonsums. Es ist der Verlust des klassischen Schlüssellochs in modernen Türen. Früher dienten Schlüssellöcher als verlockende Möglichkeiten, sich einen Einblick in das verborgene Leben von Mitmenschen zu verschaffen. Die Entwicklung von Sicherheitsschlössern hat dieses ehemalige Sex-View– ing der Volksmassen stark eingeschränkt. Unsere Urgroßväter, die in ihrer Jugend Aufklärung suchten, erhielten sie oft in Form eines Homeschoolings. Sie begaben sich an die Kammertür der Kuhmagd, spähten durch das Schlüsselloch und sahen zu, was der Pferdeknecht dort trieb. Und schon fühlten sich die Jungmänner zu eigenem Handeln befähigt. Das Schlüsselloch stillte die Neugierde und verhinderte jede Sucht nach einer PornoBilderwelt. Da war es hinzunehmen, dass ein Sprichwort aus dem „Deutschen Sprichwörter-Lexikon“manchem Schlüsselloch-Späher vorwarf: „Mancher will die Welt verstehn und hat sie nur durchs Schlüsselloch gesehn.“