Mittelschwaebische Nachrichten

Kreis‰CSU wünscht sich Sauter weiter im Landtag

Eine mitunter emotionale Begegnung mit Alfred Sauter in einer Videokonfe­renz. Wie der weitere Fahrplan für die Nüßlein-Nachfolge aussieht und welche Fragen die CSU klären muss

- VON PETER BAUER

Mitten in der Maskenaffä­re gibt es eine mitunter emotionale Begegnung mit Alfred Sauter in einer Videokonfe­renz.

Landkreis Einer der Teilnehmer habe sogar geweint, berichtet Georg Schwarz, der jetzt im CSU-Kreisverba­nd Günzburg maßgeblich die Geschäfte führt. Videokonfe­renz mit rund 130 Teilnehmer­n der Kreis-CSU am Sonntagabe­nd – und Alfred Sauter ist zugeschalt­et. Es war offensicht­lich trotz „digitaler Distanz“eine sehr emotionale Begegnung. Schwarz spricht sich klar dafür aus, dass Sauter sein Landtagsma­ndat beibehält. „Er ist unser gewählter Abgeordnet­er“, betont er im Gespräch mit unserer Redaktion.

In einem Schreiben an den CSUFraktio­nsvorsitze­nden Kreuzer hat Alfred Sauter seine Mitgliedsc­haft in der CSU-Fraktion am Montagnach­mittag gekündigt. Sauter schreibt weiter: „Ich bin überzeugt davon, dass sich die Vorwürfe als haltlos erweisen werden und halte schon jetzt fest, dass ich nach Abschluss des Verfahrens wieder in die Fraktion aufgenomme­n werden möchte.“

Der 62-jährige Georg Schwarz ist neben Stephanie Denzler (Bezirksrät­in aus Günzburg), Roland Kempfle (Burtenbach­er Bürgermeis­ter) und Christa Wenninger (Krumbach, Vorsitzend­e der KreisFraue­nunion) einer der stellvertr­etenden Vorsitzend­en der KreisCSU. Am vergangene­n Samstag hätte er, was dieses Amt angeht, „in Pension“gehen wollen. Neuwahlen des Kreisvorst­andes wären angestande­n.

Doch die Corona-Krise und die turbulente­n Ereignisse rund um den Bundestags­abgeordnet­en Georg Nüßlein und den Landtagsab­geordneten und bisherigen Kreisvorsi­tzenden Alfred Sauter haben alles verändert. Schwarz koordinier­t jetzt im CSU-Kreisverba­nd Günzburg maßgeblich die Aktivitäte­n. Und das ist eine ganze Menge. Da ist zusammen mit den Kreisverbä­nden der CSU in Neu-Ulm und im Unterallgä­u ein Nachfolger für Georg Nüßlein zu suchen. Und da ist die Frage, wie sich die Kreis-CSU positionie­ren soll, nachdem Alfred Sauter alle Parteiämte­r, auch den CSUKreisvo­rsitz, niedergele­gt hat.

Die Tatsache, dass der 70-jährige Alfred Sauter seit 25 Jahren an der Spitze der Kreis-CSU stand, lässt ahnen, welche Bedeutung die jüngsVideo-Konferenz für viele Teilnehmer hatte. Zugeschalt­et waren, wie Schwarz berichtet, die Mitglieder des Kreisvorst­andes, Ortsverban­dsvorsitze­nde, Kreisräte und Delegierte der jüngsten Kreisvertr­eterversam­mlung (wir berichtete­n). Genutzt wurde die OnlinePlat­tform Webex, die in CoronaZeit­en bekanntlic­h unter anderem auch von verschiede­nen Vereinen für digitale Konferenze­n verwendet wird. Dabei waren am Sonntagabe­nd

insgesamt rund 130 Teilnehmer. Sauter habe, so Schwarz, ein kurzes Statement abgegeben und seine Position, die auch in jüngsten Pressemitt­eilungen zum Ausdruck kam, nochmals dargelegt. Mehr könne Sauter angesichts der laufenden Ermittlung­en nicht sagen. Sauter sei gefasst gewesen. „Manchmal ist das bei Alfred Sauter wohl auch eine Art Schutzfunk­tion“, meint Schwarz. „Er ist kein kalter Typ, ich kenne ihn gut.“Rund zwei Stunden sei dann über die Lage im Kreisverba­nd debattiert worden. Dabei sei auch zum Ausdruck gekommen, wie viel Sauter in den vergangene­n Jahrzehnte­n für die Region geleistet habe. Schwarz, von 2008 bis 2020 Bürgermeis­ter in Thann

sagt, dass beispielsw­eise der Hochwasser­schutz im gesamten Mindeltal durch den Einsatz von Sauter entscheide­nd vorangekom­men sei und hier „Millionen gespart“worden seien. Welche Rolle Sauter konkret in den Masken-Geschäften gespielt habe, sei nun juristisch zu klären. Aber wie auch viele Menschen müsse man in diesem Fall eben auch die moralische Dimension sehen. Viele würden zu Recht sagen: „So etwas macht man nicht.“

In den letzten Tagen wurde klar, mit welcher Entschiede­nheit die Münchner Parteispit­ze um den Vorsitzend­en und Ministerpr­äsidenten Söder und Generalsek­retär Markus Blume auf Distanz zu Sauter geht. So mancher erinnert sich in diesem Zusammenha­ng möglicherw­eise an einen Wahlkampf-Auftritt Söders (damals noch als Finanz- und Heimatmini­ster) im Breitentha­ler Festzelt im August 2017. Sichtbar wurde an diesem Abend des Jahres 2017 das geradezu herzliche Verhältnis zwischen Söder und Sauter, die jahrzehnte­lang politische Weggefährt­en waren. Auch mit Blick darauf bedauert es Schwarz, dass Söder mit Sauter in dieser jetzt so schwierige­n Lage nicht das persönlich­e Gespräch gesucht habe. Es wäre „schön gewesen“, wenn Söder Sauter auch Gelegenhei­t zu einer persönlich­en Aussprache gegeben hätte.

Der CSU-Bezirksver­band hat sote wohl Nüßlein als auch Sauter bekanntlic­h aufgeforde­rt, ihre Mandate niederzule­gen. Selbst ein Parteiauss­chlussverf­ahren gegen Sauter (Nüßlein ist inzwischen aus der Partei ausgetrete­n) steht offensicht­lich im Raum. Welche Schritte jetzt auch immer von der CSU in München kommen – Schwarz plädiert auch mit Blick auf den Ablauf der jüngsten Kreis-Videokonfe­renz dafür, dass Sauter (der jetzt seine Fraktionsm­itgliedsch­aft gekündigt hat) sein Landtagsma­ndat (die aktuelle Periode endet im Jahr 2023) auf alle Fälle beibehält. Er sei im Kreis Günzburg gewählt, „er ist unser Abgeordnet­er“. Seine Präsenz im Landtag sei für den Kreis Günzburg wichtig. Ein Parteiauss­chlussverf­ahren? „Einfach ist das nicht“, betont Schwarz.

Aktuell steht auch die Frage im Raum, wer die Nachfolge von Georg Nüßlein antreten kann. Bekanntlic­h soll der Nachfolger am 29. April in Weißenhorn bestimmt werden. Der heimische Wahlkreis 255 umfasst die Landkreise Neu-Ulm und Günzburg sowie Teile des Landkreise­s Unterallgä­u. Bei der Nominierun­gsversamml­ung stellt der CSU-Kreisverba­nd Neu-Ulm 78 Delegierte, 61 kommen aus dem Kreis Günzburg und 21 aus dem Unterallgä­u. Die Günzburger Delegierte­n wurden vor einigen Tagen bei einer Kreisvertr­eterversam­mhausen, lung in Günzburg gewählt (wir berichtete­n). Schwarz hat sich inzwischen mit den CSU-Kreisvorsi­tzenden aus Neu-Ulm (Thorsten Freudenber­ger) und Franz Pschierer (Unterallgä­u) getroffen. Geplant war am Sonntag zunächst eine Konferenz im Unterallgä­u. Mit Blick auf die Corona-Lage fand die Zusammenku­nft dann digital statt. Schwarz sagt, dass es in allen drei Kreisverbä­nden mehrere Bewerber für die Nachfolge von Nüßlein gebe. Namen könnten derzeit aber nicht genannt werden. Nach unseren Informatio­nen tut sich die CSU bei der Suche nach einem geeigneten Kandidaten durchaus schwer. Der Leipheimer Bürgermeis­ter Christian Konrad sagte vor Kurzem, dass es für die CSU schwierig sein könnte, das Direktmand­at erneut zu erringen. „Wir müssen um jede Stimme kämpfen“, betont auch Schwarz. Wird sich die CSU bewusst für einen jungen Kandidaten entscheide­n? Oder wird es ein Übergangsk­andidat sein? Aber welchen Sinn würde das machen mit Blick darauf, dass man im Grunde zwei Wahlperiod­en (acht Jahre) braucht, um im Bundestag „richtig angekommen“zu sein? Und werden die aktuellen politische­n Turbulenze­n mögliche Kandidaten gar von einer Kandidatur abschrecke­n? Anderersei­ts: Ist die derzeitige Situation auch die Chance für jemanden, der „von außen“kommt? Und soll die CSU diesmal bewusst auf eine Bewerberin setzen?

Es sind viele Fragen für die CSU zu klären. Klar ist für Schwarz, dass die regionale Herkunft bei der Auswahl keine Rolle spielen solle. Es gelte, eine/n qualifizie­rte/n Kandidaten/Kandidatin zu wählen. Und Georg Schwarz ist zuversicht­lich, dass es bereits im Vorfeld der Wahl am 29. April eine Klärung der Lage geben wird.

Offensicht­lich in Zusammenha­ng mit der Maskenaffä­re war zuletzt bei der „Bürgerstif­tung Landkreis Günzburg“ein Betrag von 470000 Euro eingegange­n (wir berichtete­n). „Da kann die Stiftung ja nichts dafür, das ist eine andere Ebene“, sagt Schwarz. Er ist zuversicht­lich, dass die Stiftung (Vorsitzend­er ist Heinrich Lindenmayr) das Erforderli­che tun wird, um die Dinge lückenlos zu klären.

„Er ist kein kalter Typ, ich kenne ihn gut.“

 ?? Foto: lmm ?? Rückblick ins Jahr 2012: Damals hatte die Kreis‰CSU die bayerische Sozialmini­sterin Christine Haderthaue­r in den Krumbacher Stadtsaal eingeladen. Unser Bild zeigt sie mit Alfred Sauter (rechts) und Georg Schwarz. Schwarz wollte sich allmählich „aufs po‰ litische Altenteil“zurückzieh­en. Doch nach den jüngsten Ereignisse­n ist er im CSU‰Kreisverba­nd intensiv gefordert.
Foto: lmm Rückblick ins Jahr 2012: Damals hatte die Kreis‰CSU die bayerische Sozialmini­sterin Christine Haderthaue­r in den Krumbacher Stadtsaal eingeladen. Unser Bild zeigt sie mit Alfred Sauter (rechts) und Georg Schwarz. Schwarz wollte sich allmählich „aufs po‰ litische Altenteil“zurückzieh­en. Doch nach den jüngsten Ereignisse­n ist er im CSU‰Kreisverba­nd intensiv gefordert.

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